§ 754a ZPO ermöglicht es, Vollstreckungsaufträge auf elektronischem Weg zu übermitteln. Das amtliche Formular nach der ZVFV ist auch bei dem vereinfachten Verfahren zu nutzen. Bei dem elektronischen Auftrag nach § 754a ZPO bedarf es nicht der Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides in Papierform.
Vorteile:
- Das Vereinfachte Vollstreckungsverfahren nach § 754a ZPO hat gegenüber dem Auftrag auf postalischem Wege den Vorteil der Zeitersparnis. Insbesondere in Bezug auf weitere Gläubiger kann der Auftrag mittels elektronischer Übermittlung zu einem besseren Rang führen (§ 804 Abs. 3 ZPO).
- Die vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides verbleibt beim Gläubiger (-Vertreter), so dass ein Verlust der Ausfertigung auf postalischem Wege – und dem damit verbundenen weiteren Arbeitsaufwand und des Zeitverlustes (Rang) – ausgeschlossen ist.
- Für den vereinfachten Vollstreckungsauftrag nach § 754a ZPO ist anders als bei § 829a ZPO und § 12 Abs. 6 S. 2 GKG keine Befreiung von der Vorschusspflicht (§ 4 GvKostG) vorgesehen. Daher sind nicht die gleichen Zeitvorteile wie bei § 829a ZPO gegeben.
Die elektronische Übermittlung ist seit dem 1.1.2018 bei allen Gerichtsvollzieherverteilerstellen der Amtsgerichte möglich.
Diese gehen beim EGVP-Postfach des Gerichtes ein. Die Aufträge kann der Gerichtsvollzieher einsehen und weiterverarbeiten. Bei Urlaubs- oder Krankheitsvertretung kann das Gericht die Aufträge an den Vertreter zur weiteren Verarbeitung übermitteln oder der Vertreter kann das Postfach des zuständigen Gerichtsvollziehers einsehen.
Voraussetzungen:
Der elektronische (vereinfachte) Auftrag ist möglich, wenn:
I. § 754a Abs. 1 S. 1 ZPO
(1.) die sich aus dem Vollstreckungsbescheid ergebende fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderungen und Kosten nicht mehr als 5.000 EUR beträgt; Kosten der Zwangsvollstreckung sind bei der Berechnung der Forderungshöhe nur zu berücksichtigen, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrags sind; a) Das heißt, dass der Zwangsvollstreckung ein Vollstreckungsbescheid zugrunde liegen muss. Unstreitig findet die Norm keine Anwendung, wenn die Zwangsvollstreckung zwischen den im Vollstreckungsbescheid benannten Parteien und nicht für und / oder gegen den Rechtsnachfolger erfolgen soll, also wenn eine Rechtsnachfolgeklausel gem. §§ 727, 796 Abs. 1 ZPO benötigt wird.
b) Die titulierte Geldforderung darf einschließlich der titulierten Nebenforderung, zum Beispiel in Form von Zinsen, und der titulierten Kosten 5.000 EUR nicht übersteigen. Bisherige Kosten der Zwangsvollstreckung sind bei der Bestimmung der Wertgrenze nicht zu berücksichtigen. Es sei denn, sie sind allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrags oder wenn sie bereits tituliert (§ 788 ZPO) sind. Ansonsten können die bisherigen Kosten der Zwangsvollstreckung zusammen mit den titulierten Ansprüchen unbegrenzt beigetrieben werden. Die Kosten sind jedoch mit einer nachprüfbaren Aufstellung und entsprechender Belege als elektronisches Dokument nachzuweisen.
Streitig ist , ob der im Vollstreckungsbescheid beschriebene vollstreckbare Betrag oder der zu vollstreckende Betrag maßgeblich ist. Bei letzterer Rechtsauffassung findet die Vorschrift auch Anwendung, wenn nur bezüglich eines Teilbetrages oder Restbetrages unter 5.000 EUR vollstreckt werden soll.
Hier ist die zukünftige Rechtsprechung abzuwarten.
(2.) die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides nicht vorgeschrieben ist; In der Regel sind bei der Zwangsvollstreckung aus Vollstreckungsbescheiden ohne Vollstreckungsklausel (siehe Nr. 1a) keine weiteren Urkunden beizufügen. Eine Ausnahme liegt nur vor, wenn die Zwangsvollstreckung gem. §§ 769 Abs. 1 , 707 Abs. 1 und 719 Abs. 1 ZPO nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf. In diesem Falle ist das vereinfachte Verfahren nach § 829a ZPO nicht möglich.
(3.) der Gläubiger eine Abschrift des Vollstreckungsbescheides nebst Zustellungsbescheinigung als elektronisches Dokument dem Auftrag beifügt und
Dem elektronischen Vollstreckungsauftrag muss eine Abschrift des Originals des Vollstreckungsbescheids sowie der Bescheinigung über seine Zustellung beim Schuldner beigefügt sein. Praktischerweise geschieht dies durch elektronische Übermittlung des vom Rechtsanwalt eingescannten Vollstreckungsbescheides.
(4.) der Gläubiger versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch besteht.
Die Versicherung des Gläubigers (Gläubigervertreters), dass ihm die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch besteht, muss in einem gesonderten Übersendungsanschreiben – als elektronisches Dokument – enthalten sein. Um Nachfragen des Gerichtsvollziehers zu vermeiden, soll die Versicherung nicht in dem amtlichen Formular zum Vollstreckungsauftrag eingetragen werden, sondern in gesondertem Anschreiben abgegeben werden.
II. § 754a Abs. 1 S. 2 ZPO
Sollen Kosten der Zwangsvollstreckung vollstreckt werden, sind dem Auftrag zusätzlich zu den in Satz 1 Nr. 3 genannten Dokumenten eine nachprüfbare Aufstellung der Kosten und entsprechende Belege als elektronisches Dokument beizufügen.
Die Vorschrift macht die Vorlage einer nachprüfbaren Aufstellung der bisher entstandenen Kosten der Zwangsvollstreckung und entsprechender Belege in elektronischer Form erforderlich, wenn bisher entstandene Vollstreckungskosten mit vollstreckt werden sollen. Praktischerweise geschieht dies durch elektronische Übermittlung der vom Rechtsanwalt eingescannten Nachweise und der Kostenaufstellung im pdf-Format.
III. § 754a Abs. 2 ZPO:
Hat der Gerichtsvollzieher Zweifel an dem Vorliegen einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides oder der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen, teilt er dies dem Gläubiger mit und führt die Zwangsvollstreckung erst durch, nachdem der Gläubiger die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides übermittelt oder die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen nachgewiesen hat.
Tatsächliche Zweifel am Vorliegen einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides kann der Gerichtsvollzieher wohl nur haben, wenn aufgrund der (Un-) Lesbarkeit des elektronischen Dokuments Anhaltspunkte für eine Manipulation der Kopie des Vollstreckungsbescheides (Änderungen der Parteien oder der Forderung) vorliegen. In diesem Falle kann der Gerichtsvollzieher die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides in Papierform anfordern, um die Zweifel zu beseitigen.
Zusammenfassung:
Die Möglichkeit des vereinfachten Zwangsvollstreckungsauftrags bei Vollstreckungsbescheiden wird – wie es die Praxis zeigt – noch eher selten von den Gläubigervertretern – und wenn, dann meistens von Großkanzleien – genutzt. Dabei hat das Verfahren zahlreiche Vorteile für den Gläubiger, auch wenn beim Vollstreckungsauftrag dem Gerichtsvollzieher weiterhin der Kostenvorschuss zu zahlen ist. Daher ist es wichtig, dass die Voraussetzungen für den elektronischen Vollstreckungsauftrag vorliegen und vorab durch den Gläubigervertreter geprüft werden.
Ausblick:
Der Verzicht des Gesetzgebers auf die Vorlage der Ausfertigung des Titels im formellen Zwangsvollstreckungsverfahren ist ein Kompromiss, damit das elektronische Verfahren auch im Bereich der Zwangsvollstreckung angewendet werden kann. Aus BT-Drucks 18/7560, 35 ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Beschränkung des elektronischen Vollstreckungsauftrags auf den Vollstreckungsbescheid lediglich als Testphase sieht und eine Öffnung für weitere Titelarten geprüft wird.
Meines Erachtens kann dies nicht die Lösung für die Zukunft sein, da damit der bewährte Schutzmechanismus der Vorlage der Ausfertigung des Vollstreckungstitels wegfällt. Vielmehr sollten im digitalen Zeitalter neue Institute – wie ein elektronischer Titel oder ein elektronisches Titelregister – durch den Gesetzgeber geschaffen werden.