Die Hebegebühr ist erstattungsfähig, wenn der Schuldner, ohne vom Gläubiger oder dessen Anwalt dazu aufgefordert zu sein, an den Rechtsanwalt des Gläubigers zahlt.
(Leitsatz des Gerichts)
I. Sachverhalt
Kostenerstattung nach Rechtsstreit
Die Klägerin hatte nach einem Zivilrechtsstreit der Kläger Kosten zu erstattet. Die Klägerin hatte u.a. auch die die Festsetzung einer Hebegebühr in Höhe von 84,06 EUR netto (70,05 EUR gem. Nr. 1009 VV RVG, 14,01 EUR Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG) für die Weiterleitung eines Betrages beantragt. Das LG hat diese Gebühren festgesetzt. Dagegen hat sich die Klägerin mit der Erinnerung gewendet, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat. Das LG – Einzelrichter – hat die Erinnerung dann verworfen.
II. Entscheidung
Entstehen der Hebegebühr
Nach Auffassung des LG ist die Hebegebühr in Höhe von 70,05 EUR entstanden. Eine Hebegebühr entstehe nach Nr. 1009 Anm. Abs. 1 VV RVG, wenn der Anwalt vereinnahmte Gelder weiterleitet und hierzu beauftragt war. Der Beklagtenvertreter sei hier aufgrund der vorliegenden Prozessvollmacht gemäß § 81 ZPO zur Empfangnahme der von der Klägerin zu erstattenden Kosten bevollmächtigt und beauftragt. Er habe die an ihn gezahlten Kosten in Höhe von 13.021,06 EUR an die Beklagte weitergeleitet.
Erstattungsfähigkeit der Hebegebühr
Die Klägerin hat die Hebegebühr auch zu erstatten. Die Hebegebühr sei erstattungsfähig, wenn der Schuldner, ohne vom Gläubiger oder dessen Anwalt dazu aufgefordert zu sein, an den Rechtsanwalt des Gläubigers zahlt (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, 25. Aufl. 2021, RVG W 1009 Rn 20 m.w.N.). Dies sei hier der Fall gewesen.
Der Erstattungsfähigkeit der Hebegebühr stehe auch nicht entgegen, dass es sich bei der Zahlung nicht um die Hauptsache, sondern um die zu erstattenden Kosten handelte. Zwar entsteht die Hebegebühr gemäß Nr. 1009 Anm. Abs. 5 VV RVG nicht, soweit eingezogene Kosten an den Auftraggeber abgeführt werden. Dies gelte aber nur, wenn der Rechtsanwalt die Kosten eingezogen, also aufgrund einer Kostenentscheidung eingefordert habe (vgl. AnwK-RVG/N. Schneider, 7. Aufl. 2014, Nr. 1009 VV RVG Rn 39). Demgemäß falle die Hebegebühr mangels Einziehung an, wenn der Rechtsanwalt nicht verbrauchte Gerichtskosten in Empfang nehme und an den Mandanten weiterleite (vgl. AnwK-RVG/N. Schneider, 9. Aufl. 2021, Nr. 1009 VV RVG Rn 39; Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O. VV 1009 Rn 12; a.A. HK-RVG/Hans Klees, 8. Aufl. 2021, RVG VV 1009 Rn 16). Gleiches gelte, wenn der Gegner die zu erstattenden Kosten an den Rechtsanwalt zahle, ohne dass dieser die Kosten zuvor zur Zahlung an sich eingefordert hätte.
Auslagenpauschale
Die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 14,01EUR ist ebenfalls entstanden und erstattungsfähig. Die Zahlung an den Rechtsanwalt stelle immer eine selbstständige Angelegenheit dar, und zwar auch dann, wenn der Rechtsanwalt der Mandanten auch darüber hinaus vertrete und bereits Gebühren nach Nr. 2300 VV RVG oder Nr. 3100 VV RVG verdient habe (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., RVG VV 7001 Rn 26).
III. Bedeutung für die Praxis
Zutreffend
1. Die Entscheidung ist zutreffend. Der Rechtsanwalt hat die von der Klägerin an ihn gezahlten Kosten an die Beklagte weitergeleitet, so dass die Hebegebühr entstanden ist (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 1009 Rn 16). Es greift auch nicht der Ausschluss der Anm. 5. denn die Kosten sind hier nicht „eingezogen“ worden. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Rechtsanwalt sie aufgrund einer Kostenentscheidung eingefordert hätte. Zutreffend, wenn auch auf den ersten Blick ein wenig überraschend, ist es auch, wenn das LG eine (anteilige) Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG festgesetzt hat. Denn bei der Auszahlung handelt es sich um eine eigenständige Angelegenheit.
Festsetzung
2. Die Hebegebühr ist im Übrigen auch im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO festsetzbar (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O., VV 1009 Rn 20).