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VRR-Kompakt 2021-01

Mietwagenkosten: Luxusfahrzeug

Grundsätzlich darf im Haftpflichtschadenfall ein typengleiches Luxusfahrzeug als Ersatz angemietet werden. Das gilt aber nicht völlig schrankenlos: Einem Geschädigten kann es zugemutet werden, für kurze Zeit – hier elf Tage – auf eine Luxusausstattung, das Prestige und/oder die besondere Fahrfreude eines Sportwagens zu verzichten, wenn ein typengleiches Fahrzeug nur für eine besonders hohe Miete erhältlich ist (hier das Vierfache des Tagespreises für ein Fahrzeug der höchsten Klassen nach den Schwacke- und Fraunhofer-Listen).

OLG Celle, Urt. v. 25.11.2020 – 14 U 93/20

Kostentragungspflicht: Veranlassung zur Klage

Veranlassung zur Klage nach einem Verkehrsunfall gibt der Haftpflichtversicherer erst dann, wenn er sich im Zeitpunkt der Klageerhebung in Verzug befindet; hierfür bedarf es nicht nur einer Schadensaufstellung, sondern auch einer sich anschließenden Mahnung. Unabhängig hiervon ist dem Versicherer mit Zugang der Schadensmeldung eine angemessene Prüffrist zuzubilligen, die regelmäßig vier bis sechs Wochen beträgt, abhängig von den Umständen des Einzelfalls aber auch länger laufen kann. Bietet der Geschädigte dem Versicherer an, ihm Einsicht in eine bei ihm vorliegende Ermittlungsakte zu verschaffen, ist der Lauf der Prüffrist solange gehemmt, bis diese Akte dem Versicherer vorliegt (§§ 93, 269 ZPO; §§ 271, 286 BGB).

OLG Dresden, Beschl. v. 26.10.2020 – 4 W 640/20

Innerörtliche Probefahrt: Unterbrechung

Ein Betroffener, der ein Fahrzeug mit rotem Kennzeichen zu anderen als in § 16 genannten Zwecken auf öffentlichem Straßenland steuert, führt ein Fahrzeug ohne Zulassung nach § 3 Abs. 1 FZV. An die Prüfung und die Anerkennung der Notwendigkeit eines anderen als in § 16 genannten Zweckes sind hohe Maßstäbe anzulegen, die das (spontane) Verlangen nach Essen ohne weitere Feststellungen jedenfalls nicht erfüllt. Dabei handelt es sich um eine zweckfremde Unterbrechung.

KG, Beschl. v. 17.9.2020 – 3 Ws (B) 189/20

Elektronisches Gerät: Digitalkamera

Eine Digitalkamera ist ein der Organisation dienendes elektronisches Gerät im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO.

KG, Beschl. v. 9.11.2020 – 3 Ws (B) 262/20

Fahrverbot: Anrechnung von vorläufiger Entziehung

§ 25 Abs. 6 S. 1 StVG gebietet nur die Anrechnung der Dauer einer in demselben Verfahren angeordneten vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis.

OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12.11.2020 – 1 OWi 2 SsBs 146/20

Bußgeldverfahren: Terminsverlegung

Auch in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren hat der Betroffene grundsätzlich das Recht, sich durch einen Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen. Dieses Recht ist nicht auf die Fälle notwendiger Verteidigung beschränkt. Die Ablehnung einer Terminsverlegung wegen Verhinderung des Verteidigers ist beim Vorliegen einer nicht ganz einfachen Sach- und Rechtslage nicht frei von Ermessensfehlern, wenn sie im Hinblick auf die Geschäftsbelastung des Gerichts damit begründet wird, die Verlegung um wenige Wochen sei inakzeptabel.

BayObLG, Beschl. v. 4.12.2020 – 201 ObOWi 1517/20

Vertretungsvollmacht: Nachweis

Zum Nachweis der Vertretungsvollmacht durch ein elektronisches Dokument muss dieses qualifiziert signiert oder auf einem der in § 32a Abs. 4 StPO genannten sicheren Übermittlungswege übermittelt worden sein.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.11.2020 – 2 Rv 21 Ss 483/20

Vermummungsverbot: Tragen eines Niqab im Straßenverkehr

Eine Muslima, die aus religiösen Gründen einen Niqab trägt, hat keinen Anspruch auf eine Ausnahme von dem am Steuer eines Kraftfahrzeugs geltenden Verhüllungsverbot (§ 23 Abs. 4 StVO). Das Verhüllungsverbot des § 23 Abs. 4 StVO ist mit der Religionsfreiheit nach Art. 4 GG vereinbar. Autos bieten einen Schutzraum in der Öffentlichkeit, der den Zweck, dem der Niqab dienen soll, weitgehend erfüllt. Außerdem lässt § 46 Abs. 2 StVO Ausnahmen in Härtefällen zu. Eine Vollverschleierung gefährdet die Verkehrssicherheit, weil Verkehrszuwiderhandlungen nicht mehr wirksam verfolgt werden können, weil sie die Rundumsicht beeinträchtigen kann und die mimische Verständigung im Straßenverkehr einschränkt.

VG Düsseldorf, Beschl. v. 26.11.2020 – 6 L 2150/20

Fernabsatzvertrag: Darlegungs- und Beweislast des Rechtsanwalts

Ein Rechtsanwalt, der einen Anwaltsvertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen hat, muss darlegen und beweisen, dass seine Vertragsschlüsse nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgen. Ist ein auf ein begrenztes Rechtsgebiet spezialisierter Rechtsanwalt deutschlandweit tätig, vertritt er Mandanten aus allen Bundesländern und erhält er bis zu 200 Neuanfragen für Mandate pro Monat aus ganz Deutschland, kann dies bei einer über die Homepage erfolgenden deutschlandweiten Werbung im Zusammenhang mit dem Inhalt seines Internetauftritts für ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem sprechen (§§ 312c, 312g, 355 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, 356 Abs. 3 S. 2 BGB).

BGH, Urt. v. 19.11.2020 – IX ZR 133/19

Elektronisch geführte Akte: Aktenversendungspauschale

Auch die Übersendung eines Ausdrucks einer elektronisch geführten Akte kann in Rheinland-Pfalz eine Aktenversendungspauschale in Höhe von 12,00 EUR begründen.

AG Worms, Beschl. v. 13.11.2020 – 6 OWi 832/20

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