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Rechtsprechungsübersicht: Auswirkungen der Corona-Pandemie im Straf- und Bußgeldrecht

I.Ausgangspunkt

Die pandemische Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 seit Anfang 2020 und die durch das Virus ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 ist die wohl größte Krise seit Entstehung der Bundesrepublik. Auf nahezu sämtlichen Rechtsgebieten hat dies Folgen nach sich gezogen. Teilweise hat das zu abstrusen Entscheidungen geführt, wie etwa die gerichtsbarkeitsfremde Anweisung des AG Weimar (Beschl. v. 9.4.2021 – 9 F 148/21) in einem familienrechtlichen Verfahren an eine Schule zum Maskentragen und zur Durchführung des Präsenzunterrichts. Auch und gerade im Straf- und Bußgeldrecht waren und sind noch immer kurzfristig erhebliche Auswirkungen zu spüren (zum materiellen Recht Deutscher, StRR 4/2020, 5; ZAP Fach 21, 327; zum Verfahrensrecht Deutscher, StRR 5/2020, 5). Hier wird die für diese Bereiche wesentliche Rechtsprechung dargestellt.

Hinweis

Die Anwendung von einschlägigen Entscheidungen wird durch zwei Faktoren erheblich erschwert. Zum einen lag die Rechtssetzung jedenfalls bis zur „Bundes-Notbremse“ in § 28b IfSG i.d.F. vom 22.4.2021 (BGBl I, 802) weitgehend in den Händen der 16 Bundesländer sowie lokaler Ordnungsbehörden. Zum anderen ist die Corona-Schutzverordnung seit März 2020 vielfach und oftmals kurzfristig geändert worden (zum „Zeitgesetz“ u. III. 2.). Bei der Verwendung von Gerichtsentscheidungen zum materiellen Recht ist immer die jeweilige örtliche und zeitliche Rechtslage zu berücksichtigen. Deshalb ist insofern eine besondere Vorsicht angezeigt.

II.Das materielle Strafrecht

1. Geringe Relevanz in der Praxis

Pandemiebedingte Fragen des materiellen Strafrechts sind von der Rechtsprechung bislang mit Ausnahme der beiden nachfolgenden Konstellationen nur wenig zu behandeln gewesen. Die spezifischen Strafnormen der §§ 74, 75 IfSG haben bislang keine Rolle gespielt. Gleiches gilt für die allgemeinen Tötungs- und Körperverletzungsdelikte des StGB, die eher die Literatur als die Gerichte beschäftigt haben (zur Verbreitung und Infektion mit Erregern Hotz, NStZ 2020, 320; Pörner, Jus 2020, 498; zur Triage Sowada, NStZ 2020, 452; Engländer/Zimmermann, NJW 2020, 1398).

2. Erschlichene Corona-Soforthilfen

Zum Ausgleich für die wirtschaftlichen Verluste von Gewerbetreibenden durch die Lockdowns wurden mehrere Soforthilfen aufgelegt. Wie nicht anders zu erwarten, wurde dies gezielt genutzt, um durch Vorspiegelung nicht vorhandener Geschäftstätigkeit solche Finanzhilfen zu erschleichen. Bei erfolgter Auszahlung ist hier ein Betrug nach § 263 StGB denkbar, ansonsten dessen Versuch. Diese Strafbarkeit nach § 263 StGB tritt allerdings hinter den Subventionsbetrug nach § 264 StGB zurück (BGHSt 60, 15 = NJW 2015, 423), dessen Strafbarkeit vorverlagert ist: Bereits mit der unrichtigen Angabe ist dieser Tatbestand vollendet, ohne dass es zu einer Auszahlung kommen muss. Von Bedeutung ist dabei die falsche Angabe von „subventionserheblichen Tatsachen“ (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 Var. 2 StGB). Diese müssen hinreichend konkret bezeichnet sein, pauschale oder formelhafte Bezeichnungen genügen nicht, um dem Antragsteller klarzumachen, dass ein Umstand subventionserheblich ist (BGH NStZ-RR 2019, 147; BGHSt 59, 244 = NJW 2014, 3114, 3115; BGHSt 44, 233, 238 = NJW 1999, 1196). Das LG Hamburg (NJW 2021, 707 m. Anm. Habetha = StRR 3/2021, 24 [Deutscher]) hat es grundsätzlich genügen lassen, hinsichtlich der einzelnen subventionserheblichen Tatsachen auf konkret bezeichnete Textziffern des Antragsformulars zu verweisen. Jedenfalls bei einer überschaubaren Gesamtanzahl an Textziffern im Antragsformular steht dem grundsätzlich nicht entgegen, dass auf nahezu alle vom Antragsteller zu tätigenden Angaben verwiesen wird. Dem hat sich auch der BGH angeschlossen (Beschl. v. 4.5.2021 – 6 StR 137/21, StRR 6/2021, 29 [Deutscher], in dieser Ausgabe): Einer wirksamen Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen durch den Subventionsgeber steht nicht entgegen, dass diese ausschließlich in einer vom Subventionsempfänger anzukreuzenden Wissenserklärung aufgeführt werden. Der Hinweis, dass „alle Angaben (inklusive dieser Erklärung) subventionserheblich“ sind, sorgt bei dem Subventionsnehmer für die nötige Klarheit über die subventionserheblichen Tatsachen (insoweit a.A. LG Hamburg a.a.O.; weiterführend Burgert, StraFo 2020, 181; Burgert/Wagner, StraFo 2020, 280; Trompke/Wortmann, COVuR 2020, 401; Rau/Sleiman, NZWiSt 2020, 373; Schmuck/Hecken/Tümmler, NJOZ 2020, 673).

3. Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht

Zur Befreiung von der Maskenpflicht sind mehrfach totalgefälschte Atteste oder inhaltlich unrichtige ärztliche Atteste erstellt und vorgelegt worden. Der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses nach § 279 StGB liegt nach Ansicht des LG Frankfurt am Main (Beschl. v. 6.4.2021 – 5/26 Qs 2/21) vor bei der Vorlage eines durch einen Arzt ausgestellten unrichtigen Attests, in dem dieser bestätigt, dass das Tragen eines Mundschutzes für genannte Person aus medizinischen Gründen nicht ratsam sei. Ein auf den ersten Blick erkennbares Fantasieattest stellt aber kein Gesundheitszeugnis i.S.d §§ 277–279 StGB dar (AG Kempten COVuR 2021, 249 m. Anm. Kaltenbach).

III.Pandemiespezifisches Bußgeldrecht

1. Wirksamkeit der Normen

a) Vorrangig von praktischer Bedeutung für pandemiespezifische Ordnungswidrigkeiten ist die Bußgeldnorm des § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG i.V.m mit den landesrechtlichen Corona-Schutzverordnungen, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. Seit Inkrafttreten der „Bundesnotbremse“ am 23.4.2021 (o. I.) sind auch die neuen Bußgeldtatbestände in § 73 Abs. 1a Nrn. 11b bis 11m einschlägig. Angesichts der massiven Einschränkungen der Grundrechte durch besagte Schutzvorschriften haben mehrere AG einige Vorschriften, die als Grundlage für die Bußgeldahndung dienen, für verfassungswidrig und damit unbestimmt erachtet. So hat etwa das AG Dortmund die Einschränkung der Versammlungsfreiheit (NRW) für verfassungswidrig erachtet (COVuR 2020, 869 m. Bespr. Merz, aufgehoben von OLG Hamm, Beschl. v. 8.2.2021 – 1 RBs 2, 4-5/21, COVuR 2021, 14), das AG Weimar das allgemeine Kontaktverbot in Thüringen (COVuR 2021, 122) und das AG Ludwigsburg das Ansammlungsverbot in Baden-Württemberg (Urt. v. 29.1.2021 – 7 OWi 170 Js 112950/20; ebenso zum Aufenthaltsverbot AG Reutlingen SVR 2021, 115 m. Anm. Merz und zur Ausgangsbeschränkung in Bayern AG Straubing, Beschl. v. 9.1.2021 – 7 OWi 709 Js 13822/20 jug).

b) Demgegenüber haben die OLG die Bußgeldandrohungen i.V.m. den Schutzvorschriften durchgehend für verfassungsgemäß und wirksam erklärt.

GerichtAktenzeichen/FundstelleKernaussage
OLG StuttgartBeschl. v. 21.4.2021 – 4 Rb 24 Ss 7/21Das IfSG ermächtigte im März 2020 in verfassungsrechtlich zulässiger Weise die Landesregierung, den Aufenthalt im öffentlichen Raum angesichts der Corona-Pandemie zu beschränken und Verstöße als Ordnungswidrigkeit auszugestalten.
OLG KarlsruheBeschl. v. 30.3.2021 – 2 Rb 34 Ss 1/21 und 2/21
OLG KarlsruheBeschl. v. 27.4.2021 – 2 Rb 34 Ss 198/21
OLG OldenburgBeschl. v. 15.3.2021 – 2 Ss (OWi) 68/21Das Ansammlungsverbot gem. der CoronaSchutzVO Niedersachsen ist von der Rechtsgrundlage des IfSG gedeckt.
OLG OldenburgBeschl. v. 13.4.2021 – 2 Ss (OWi) 91/21
OLG HammBeschl. v. 28.1.2021 – III-4 RBs 446/20 und 3/21Das Ansammlungsverbot gem. CoronaSchutzVO NRW findet in § 32 i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 IfSG eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Die Verordnungsermächtigung und § 12 Abs. 1 CoronaSchVO NRW in seiner konkreten Ausgestaltung verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
OLG HammBeschl. v. 8.2.2021 – 1 RBs 2, 4-5/21

2. Zeitliche Geltung der Normen

Angesichts der zahlreichen Änderungen der Schutzvorschriften in den jeweiligen Verordnungen der Bundesländer, die regelmäßig zeitlich beschränkt und deren Gültigkeit verlängert wurde, stellt sich die Frage, wie sich das auf die Bußgeldahndung auswirkt. Es handelt sich dabei um Zeitgesetze gem. § 4 Abs. 4 S. 1 OWiG. Hiernach gilt: Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Handlungen, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Das zeitliche Meistbegünstigungsprinzip gilt nicht. Der Wegfall der CoronaSchVO nach der Bewältigung der Krise ändert daher an der Strafbarkeit oder Bußgeldpflichtigkeit begangener Zuwiderhandlungen nichts. Ein Zeitgesetz (im weiteren Sinne) liegt vor, wenn es Regelungen enthält, denen nach ihrem Zweck und erkennbaren Willen des Gesetzgebers, etwa wegen eines dynamischen, nicht voraussehbaren Prozesses, nur vorübergehende Bedeutung und insoweit vorbehaltene Neubewertung zukommen soll (OLG Hamburg COVuR 2021, 244; hier angenommen bei Kontaktbeschränkungen in Corona-SchutzVO).

3. Einzelfragen

a) Aufenthalt im öffentlichen Raum

Das Verbot des gemeinsamen Aufenthalts mit mehr als einer nicht dem eigenen Haushalt angehöriger Person im öffentlichen Raum ist im Hinblick auf den durch die gesetzliche Ermächtigung gezogenen Rahmen dahin auszulegen, dass es nur Zusammenkünfte erfasst, bei denen der Mindestabstand von 1,5 Metern unterschritten wird (OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.4.2021 – 4 Rb 24 Ss 7/21; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.3.2021 – 2 Rb 34 Ss 1/21 und 2/21; Beschl. v. 27.4.2021 – 2 Rb 34 Ss 198/21; AG Reutlingen COVuR 2020, 611). Diesem Erfordernis widerspricht zwar das OLG Hamm (Beschl. v. 28.1.2021 – III-4 RBs 446/20 und 3/21). Hiernach soll aber eine verbotene Ansammlung nicht vorliegen, wenn eine derartige räumliche Trennung gegeben ist, dass die Gefahr der Unterschreitung eines ein Infektionsrisiko ausschließenden Mindestabstands zu verneinen ist, die häufig mit dem Zusammenkommen mehrerer Menschen einhergeht. Der Aufenthalt in einem Privat-Pkw mit mehreren Personen stellt keinen verbotenen Aufenthalt im öffentlichen Raum dar (AG Reutlingen SVR 2021, 115 m. Anm. MerzMetzger

b) Verlassen der Wohnung

§ 4 Abs. 2 BayIfSMV verbot das Verlassen der Wohnung und nicht den Aufenthalt in der Öffentlichkeit. Nach § 5 Nr. 9 BayIfSMV war das Verlassen der Wohnung ordnungswidrig, nicht aber der anschließende Aufenthalt in der Öffentlichkeit oder die unterlassene Rückkehr in die Wohnung. Nachdem es genügt, dass ein triftiger Grund für das Verlassen der Wohnung vorliegt, um das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 2 BayIfSMV zu suspendieren, müssen nicht alle Gründe für das Verlassen triftig sein, wie sich aus der Formulierung „ohne triftigen Grund“ ergibt (AG Straubing COVuR 2021, 250).

c) Kontaktvermeidung

Ein Verstoß gegen § 1 CoronaSchutzVO Niedersachsen in der Fassung vom 24.4.2020, „Jede Person hat physische Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zu den Angehörigen des eigenen Hausstandes gehören, auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren“, kann mangels Bestimmtheit der Norm nicht mit einem Bußgeld sanktioniert werden (OLG Oldenburg COVuR 2021 119).

d) Höhe der Geldbuße

§ 73 Abs. 2 IfSG droht für die hier einschlägigen Verstöße Geldbußen bis zu 25.000 EUR an. Die Bundesländer haben großenteils in Bußgeldkatalogen recht drastische Regelgeldbußen bei Verstößen gegen die Schutzvorschriften festgelegt. Auch wenn diese als Verwaltungsrichtlinie keine Rechtsatzqualität haben und damit für die Gerichte nicht bindend sind, dürfen sie mit Blick auf eine möglichst gleichmäßige Behandlung aller gleichgelagerten Fälle nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Die Erhöhung der Regelgeldbuße auf 230,00 EUR muss näher begründet werden, wenn der Bußgeldkatalog grundsätzlich für einen vorsätzlichen Verstoß, sofern es sich nicht um eine Wiederholungstat handelt, eine Geldbuße von 200 EUR vorsieht (OLG Hamm, Beschl. v. 28.1.2021 – III-4 RBs 446/20). Eine Reduzierung allein deshalb, weil ein Betroffener Jugendlicher oder Heranwachsender ist, ist nicht geboten. Die Regelsätze des Bußgeldkatalogs gehen aber von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen aus. Deutlich unterdurchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse eines jugendlichen Taschengeldempfängers sind im Rahmen der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen (OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.1.2021 – 2 Ss (OWi) 3/21). Eine Verdreifachung der Regelbuße beim Nichttragen der vorgeschriebenen Maske, weil der Betroffene den rechtswidrigen Zustand aufrechterhalten hat und weder eine Maske angelegt noch trotz Aufforderung die Räumlichkeiten verlassen hat, ist nicht angezeigt (a.A. AG Schmallenberg, Urt. v. 17.2.2021 – 6 OWi-211 Js 4/21 OWi-1/20).

IV.Allgemeines Bußgeldrecht

1. Das verkehrsrechtliche Verhüllungsverbot

Die Einführung weitreichender Pflichten zum Tragen von Masken und der Wunsch nach dem Schutz vor Infektionen lenkt den Blick auf das im Jahr 2017 eingeführte Verhüllungsverbot in § 23 Abs. 4 S. 1 StVO: Wer ein Kfz führt, darf sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist (allg. hierzu Rebler/Huppertz, NZV 2021, 127). Auch in Zeiten der Corona-Pandemie stellt das Führen eines Kfz mit einer Maske einen bußgeldbewehrten Verstoß dar (Rebler/Müller, NZV 2020, 273; Nr. 247a BKat, Regelgeldbuße: 60 EUR), mag in einfachen Fällen gegenwärtig auch von der Verfolgung abgesehen werden (OVG Münster, Beschl. v. 20.5.2021 – 8 B 1967/20 Rn 63). Ausnahmegenehmigungen sind nach § 46 StVO möglich, werden aber selten erteilt. Landesrechtliche Maskenpflichten für Fahrschüler sind wegen der vorrangigen Gesetzgebungskompetenz des Bundes verfassungswidrig (näher Rebler/Müller, NZV 2020, 273, 276).

2. Auswirkungen auf das bußgeldrechtliche Fahrverbot

Das Absehen von einem indizierten bußgeldrechtlichen Fahrverbot nach § 25 StVG i.V.m. der BKatV ist angezeigt, wenn das Fahrverbot den Betroffenen unangemessen treffen würde. Das ist insbesondere der Fall bei einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung (näher Burhoff/Deutscher, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl. 2021, Rn 1414 ff.). Die Corona-Krise hat für viele Personen erhebliche wirtschaftliche Nachteile gebracht. Gleichwohl sind die Gerichte in diesem Bereich bislang (zu) zurückhaltend. Das KG (BA 58, 43 = NZV 2021, 160 [Krenberger]) hält es auch dann nicht für rechtsfehlerhaft, auf das Regelfahrverbot zu erkennen, wenn der Betroffene geltend macht, es belaste ihn zurzeit konjunkturbedingt wegen Covid-19 härter. Ähnlich das AG Mainz (Urt. v. 9.7.2020 – 405 OWi 3200 Js 34083/19): Eine wirtschaftliche Existenzgefährdung ist insbesondere fraglich, wenn der Betroffene selbst angibt, dass er wegen der Pandemie zwei Monate lang nicht habe arbeiten können und seine wirtschaftliche Existenz trotzdem nicht gefährdet war, zumal wenn er diese Zeit nicht sozialadäquat dazu genutzt hat, das Fahrverbot wahrzunehmen.

Hinweis

Die Frage, ob die Pandemie einen günstigen Zeitpunkt für den Antritt eines Fahrverbots darstellen kann, wird erörtert von Greiner, NZV 2021, 253. Zur Auswirkung der Pandemie auf Straf- und Bußgeldsachen und zur Verteidigung in Verkehrsbußgeldverfahren Fromm, DAR 2020, 251, 2021, 51; COVuR 2020. 82.

V.Verfahrensrecht

1. Terminsaufhebung und Terminsverlegung

Besonders zu Beginn der Pandemie war die Frage von Bedeutung, wie sich die Pandemie auf coronabedingte Anträge auf Terminsverlegung auswirkt. Nach § 305 S. 1 StPO ist die Ablehnung der Aufhebung von Verhandlungsterminen und der Aussetzung eines Verfahrens grundsätzlich nicht anfechtbar. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Terminaufhebung und Verfahrensaussetzung vom Gericht ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig abgelehnt wurden. Die Obergerichte haben Beschwerden gegen die Ablehnung pandemiebedingter Anträge auf Terminsverlegung in aller Regel als unzulässig betrachtet. Eine solche Ablehnung ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn das Gericht für die Durchführung des Verhandlungstermins ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gegen eine mögliche Ansteckungsgefahr getroffen hat und zudem der Grundsatz der Öffentlichkeit gewahrt wird (OLG München NJW 2020, 1285). Das gilt insbesondere, wenn dabei der Gesundheitszustand des Angeklagten in den Blick genommen und diesem durch Anordnung weitreichender Schutzmaßnahmen begegnet wird (OLG Hamburg COVuR 2020, 226 m. Anm. Kaltenbach

Diese Linie ist vom BVerfG bestätigt worden. Bei der erforderlichen Abwägung der Interessen können vor allem Art, Umfang und mutmaßliche Dauer des Strafverfahrens, Art und Intensität der zu befürchtenden Schädigung sowie Möglichkeiten, dieser entgegenzuwirken, Beachtung erfordern. Hierbei kommt staatlichen Stellen ein erheblicher Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Die Verfassung gebietet keinen vollkommenen Schutz vor jeglicher mit einem Strafverfahren einhergehender Gesundheitsgefahr. Dies gilt umso mehr, als ein gewisses Infektionsrisiko mit dem neuartigen Corona-Virus derzeit für die Gesamtbevölkerung zum allgemeinen Lebensrisiko gehört (NJW 2020, 2327). Besteht die naheliegende, konkrete Gefahr, dass der Beschuldigte bei Durchführung der Hauptverhandlung sein Leben einbüßen oder schwerwiegenden Schaden an seiner Gesundheit nehmen würde, so verletzt ihn die Fortsetzung des Strafverfahrens in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG. Ein Gericht, das über die Anberaumung und Durchführung von Hauptverhandlungsterminen entscheidet, wird seiner Pflicht, zwischen dem Risiko einer Infektion mit potentiell gefährlichem Verlauf (hier: Covid-19) und dem Interesse des Staates an einer effektiven Strafverfolgung abzuwägen, regelmäßig dadurch gerecht, dass es – sachverständig beraten – geeignete Maßnahmen zur Minimierung der Ansteckungsgefahr durch ein an den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts orientiertes Hygienekonzept trifft (NStZ-RR 2021, 19).

Hinweis

Hauptverhandlungen in Zeiten von Corona behandelt Arnoldi, NStZ 2021, 313. Zum Strafbefehl gem. § 408a StPO als „Flaschenöffner“ in der Pandemie Meyer, COVuR 2020, 750.

2. Unterbrechung der Hauptverhandlung

Eng verwandt mit dem Bereich der Terminsverlegung ist die pandemiebedingte Unterbrechung der Hauptverhandlung unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen. Um die Aussetzung von Hauptverhandlungen wegen der Pandemie aufgrund der strikten Fristen des § 229 StPO zu verhindern, hat der Gesetzgeber nach deren Ausbruch § 10 EGStPO eingeführt (gegenwärtig gültig bis 26.3.2022). Hier ist unabhängig von der Dauer der Hauptverhandlung der Lauf der in § 229 Abs. 1 und 2 StPO genannten Unterbrechungsfristen gehemmt, solange die Hauptverhandlung aufgrund von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (Covid-19-Pandemie) nicht durchgeführt werden kann, längstens jedoch für zwei Monate; diese Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest. Eine Hemmung liegt etwa vor, wenn dem Ehegatten einer Schöffin eine Kontaktvermeidung zum Schutz vor einer Ansteckung durch das SARS-CoV-2-Virus ärztlich angeraten wird. Ein Hindernis für die Durchführung der Hauptverhandlung liegt auch vor, wenn es nur mittelbar auf Schutzmaßnahmen beruht. Die Hemmung des § 10 EGStPO tritt kraft Gesetzes ein. Der Feststellungsbeschluss hat nur insofern konstitutive Bedeutung, als er den Beginn und das Ende der Hemmung unanfechtbar feststellt. Aufgrund der Unanfechtbarkeit des Feststellungsbeschlusses kommt eine Richtigkeitsprüfung über den Willkürmaßstab hinaus nicht in Betracht; sie ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten (BGH NJW 2021 1025 = NStZ 2021, 186 m. Anm. Lang = StRR 1/2021, 20 [Stehr

3. Untersuchungshaft

a) Durchführung der Hauptverhandlung

Besonders virulent werden die beschriebenen, pandemiebedingten Schwierigkeiten bei laufender Untersuchungshaft und dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen (hierzu Kaltenbach, COVuR 2020, 230). Im Zentrum steht dabei die Prüfung der Frage, ob die Pandemie und ihre Auswirkungen einen wichtigen Grund für eine über sechs Monate fortdauernde Untersuchungshaft ohne Beginn der Hauptverhandlung darstellen können (§ 121 Abs. 1 StPO). Dazu haben die Obergerichte folgende Grundsätze entwickelt: Die aktuelle Covid-19-Pandemie kann die Aussetzung einer begonnenen Hauptverhandlung in einer Haftsache rechtfertigen (OLG Karlsruhe NStZ 2020, 375 m. Bespr. Deutscher 317 = StRR 5/2020, 32 [Burhoff]). Die Verschiebung einer Hauptverhandlung zum Schutz der gesundheitlichen Belange der Verfahrensbeteiligten vor den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie stellt unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, gegebenenfalls in dem in § 10 EGStPO vorgesehenen Zeitraum, keinen Verstoß gegen das in Haftsachen geltende Beschleunigungsgebot dar (OLG Naumburg COVuR 2020, 329). Gleichwohl kommt es entscheidend darauf an, ob das Gericht zur Vermeidung der mit einer Aussetzung (oder nunmehr nach § 10 EGStPO längeren Unterbrechung) der Hauptverhandlung notwendig verbundenen Verfahrensverzögerung seinerseits alle zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, das Verfahren so schnell wie möglich abzuschließen (OLG Stuttgart NStZ-RR 2020, 218 = StRR 5/2020, 35 [Burhoff]). Die Aussetzung einer Hauptverhandlung in einer Haftsache zum Schutz vor der Ausbreitung des Corona-Virus ist dann nicht gerechtfertigt, wenn sie ohne jegliche Begründung ergeht und der erneute Verhandlungsbeginn ungewiss ist (OLG Celle StraFo 2020, 195; OLG Braunschweig COVuR 2020, 115). Jedenfalls dann, wenn es im Ermittlungsverfahren keine Verzögerungen gegeben hat und der Beginn der verlegten Hauptverhandlung innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Anklageschrift erfolgen soll, ist es zur Begründung der Verlegung nach Maßgabe der obigen Ausführungen zum Ermessensspielraum ausreichend, sich auf die geltende Erlasslage zur Eindämmung der Gefahren der Covid-19-Pandemie zu berufen. Bei längeren Verzögerungen sind hingegen Ausführungen zur Undurchführbarkeit auch bei Ergreifen geeigneter Schutzmaßnahme erforderlich (OLG Celle a.a.O.). Bei über zwei Jahre andauernder Untersuchungshaft vermag ein notwendiger bevorstehender Wechsel des Kammervorsitzes infolge Verhinderung des bisherigen Vorsitzenden wegen besonderer gesundheitlicher Risiken (hier im Rahmen der Corona-Pandemie) eine weitere Verzögerungen des Verfahrens nicht zu rechtfertigen, wenn die umgehende Durchführung der Hauptverhandlung nach Maßgabe der Vertretungsregelungen unter dem Vorsitz der mit dem Verfahrensgegenstand vertrauten stellvertretenden Vorsitzenden möglich ist (OLG Hamm, Beschl. v. 23.7.2020 – III-1 Ws 279/20).

b) Vollzug der Untersuchungshaft

Der Gesundheitszustand eines Angeklagten kann in entsprechender Anwendung von § 455 StPO dem Vollzug der Untersuchungshaft entgegenstehen. Muss der Angeklagte bei Fortdauer der Untersuchungshaft mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit irreversiblen und schwerwiegenden Schäden an seiner Gesundheit oder dem Tode rechnen, verletzt die Fortsetzung der Haft sein Freiheitsgrundrecht gem. Art. 2 Abs. 2 GG. Die aktuelle Sachlage (damaliger Stand: 7.5.2020) ergibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Gefangene in nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten einem gegenüber der Durchschnittsbevölkerung in Deutschland erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind (OLG Hamm COVuR 2020, 433). Die Voraussetzungen der Außervollzugsetzung eines Untersuchungshaftbefehls liegen pandemiebedingt bei einem 60-jährigen, an Asthma leidenden Häftling vor, wenn in Verbindung mit entsprechenden Auflagen (Wohnsitznahme unter einer bestimmten Anschrift, Meldeauflage, Sicherheitsleistung) und aufgrund der coronabedingt ohnehin eingeschränkten Mobilität die Erwartung hinreichend begründet ist, dass auch so der Fluchtgefahr begegnet werden kann (OLG Hamm StV 2020, 633).

4. Öffentlichkeitsgrundsatz

Das Öffentlichkeitsprinzip wird durch staatlich aufgrund der Pandemie angeordnete Ausgangsbeschränkungen nicht verletzt, weil die Teilnahme an öffentlichen Gerichtsverhandlungen einen triftigen Grund zum Verlassen der häuslichen Unterkunft darstellt (BGH StRR 4/2021, 13 [DeutscherArnoldi, NStZ 2020, 313, 314). Die Kontaktdatenerfassung stellt eine für Besucher einer Gerichtsverhandlung im Interesse des Gesundheitsschutzes hinzunehmende Beeinträchtigung dar, die den Zugang zum Gerichtssaal für die jeweils Betroffenen obendrein allenfalls psychisch, nicht aber physisch hemmt. Dies steht einer verfassungsrechtlich unzulässigen Verweigerung des Zutritts nicht gleich (OVG Lüneburg NJW 2021, 650; vgl. a. VerfGH Sachsen, Beschl. v. 23.4.2021 – Vf. 137-IV-20).

5. Maskenpflicht in der Hauptverhandlung

§ 176 Abs. 1 GVG regelt die Obliegenheit des Vorsitzenden zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung (Sitzungspolizei). Im Zuge der Einführung der Pflicht zum Tragen von Masken in der Öffentlichkeit sind Vorsitzende zunehmend dazu übergegangen, das Tragen von Masken auch während der Hauptverhandlung anzuordnen. Eine auf § 176 GVG gestützte Anordnung, zum Schutz vor einer Covid-19-Infektion in der Hauptverhandlung eine medizinische Maske zu tragen, ist regelmäßig nicht zu beanstanden (in diese Richtung bereits der Nichtannahmebeschluss des BVerfG MDR 2020, 1523). Eine grundlose Weigerung des Verteidigers, dieser Anordnung zu folgen, kann eine Aussetzung des Verfahrens und hiernach eine Kostentragungspflicht nach § 145 Abs. 4 StPO zur Folge haben (OLG Celle StRR 5/2021, 18 [Deutscher]). Derjenige Betroffene bleibt im Bußgeldverfahren unentschuldigt aus i.S.d. § 74 Abs. 2 OWiG, der zu einem Hauptverhandlungstermin im Gericht in einem Zustand erscheint, der es aus Infektionsschutzgründen und mit Rücksicht auf die Rechtsgüter der anderen im Gericht befindlichen Personen nicht möglich erscheinen lässt, ihm unter Wahrung des Infektionsschutzes und der Rechtsgüter anderer Zutritt zum Gerichtsgebäude zu gewähren, obwohl es ihm ohne Weiteres möglich wäre, einen solchen Zustand herzustellen, er hiervon aber beharrlich nicht abrücken will (AG Reutlingen DAR 2021, 45 = StRR 10/2020, 32 und VRR 10/2020, 20 [jew. Deutscher]).

Hinweis

Fraglich bleibt dabei aber, ob das zur Stärkung der Wahrheitsfindung Ende 2019 eingeführte Verhüllungsverbot in § 176 Abs. 2 GVG damit in Einklang zu bringen ist (näher Deutscher a.a.O.).

Ein ärztliches Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht darf sich nicht pauschal auf „medizinische Gründe“ beschränken, sondern muss zur Glaubhaftmachung Tatsachen zum Beleg dieser Feststellung aufweisen (LG Chemnitz StRR 5/2021, 23 [Deutscher]).

6. Weitere Einzelfragen

Ein Verfahren kann bis zum Ende der Covid-19-Pandemie gem. § 205 StPO vorläufig eingestellt werden, wenn der Angeklagte aus Italien einreisen und Quarantänezeiten über sich ergehen lassen müsste (AG Dortmund DAR 2021, 222). Nach §§ 412, 392 Abs. 7 S. 1 i.V.m. § 44 S. 1 StPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, den Einspruchstermin wahrzunehmen. Das ist der Fall, wenn bis zur Mitteilung des Testergebnisses für den Angeklagten eine Quarantänepflicht bestand (LG München I, Beschl. v. 4.1.2021 – 15 Qs 46/20). Die Bestellung eines zusätzlichen Verteidigers nach § 144 Abs. 1 StPO („Sicherungsverteidiger“) aufgrund der pandemiebedingten Gefahr, anderenfalls das Verfahren nicht zügig durchführen zu können, liegt gerade in Haftsachen nahe (vgl. OLG Stuttgart StV 2021, 403 Ls.). Die bloß potenzielle Gefahr des coronabedingten Ausfalls des Verteidigers soll aber nicht genügen (so OLG Celle NStZ 2021, 123).

Die wegen Alters und/oder bestehender Vorerkrankungen begründete Zugehörigkeit zu einer sogenannten Risikogruppe kann geeignet sein, die dauernde Verhinderung eines Richters betreffend die Leitung von öffentlichen Hauptverhandlungen während der Corona-Pandemie i.S.d. § 21e Abs. 1 GVG und einen darauf gestützten richterlichen Wechsel im Spruchkörper während des laufenden Geschäftsjahres zu begründen (OLG Hamm, Beschl. v. 14.8.2020 – III-1 Ws 318/20). Einen Schöffen trifft nach § 56 Abs. 1 S. 1 zweiter Fall GVG die Pflicht, dem Gericht im Falle behaupteter krankheitsbedingter Verhinderung aus Furcht vor einer Infektion diese rechtzeitig anzuzeigen, geeignete ärztliche Unterlagen vorzulegen und für Rückfragen des Gerichts seine (telefonische) Erreichbarkeit sicherzustellen (KG StraFo 2021, 35).

Nach § 273 Abs. 4 darf das Urteil nicht zugestellt werden, bevor das Hauptverhandlungsprotokoll fertiggestellt ist. Stehen Krankheit oder sonstige Hinderungsgründe in der Person des Urkundsbeamten der Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls durch Unterzeichnung entgegen, so dass es bei einem Zuwarten voraussichtlich zu einer unangemessenen Verzögerung kommen würde, kann der Vorsitzende dies unter Angabe des Hinderungsgrundes vermerken und allein mit seiner Unterschrift das Protokoll fertigstellen. Durch die Corona-Pandemie bedingte Einschränkungen des Dienstbetriebs können – anders als etwa dienstliche Überlastung – ebenfalls geeignet sein, die geregelte Abwicklung des Verfahrens wesentlich zu verzögern, und deshalb im Einzelfall die Annahme einer – freilich näher darzulegenden – Verhinderung rechtfertigen (BGH NStZ-RR 2021, 57).

Die Ablehnung eines Antrags auf Absehen von der weiteren Strafvollstreckung nach § 456a StPO ist im Hinblick auf eine mögliche Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus nicht ermessensfehlerhaft, da eine höhere Gefahr der Ansteckung im Vollzug als in Freiheit nicht erkennbar ist (OLG Koblenz StRR 7/2020, 23 [Bode]). Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie lassen die Verpflichtung zu einer mündlichen Anhörung des Verurteilten bei einer Entscheidung über die Reststrafenaussetzung nicht entfallen (OLG Stuttgart NStZ-RR 2021, 126; zur coronabedingten Organisationshaft Duchon, StraFo 2021, 16). Der Verzicht auf eine persönliche Anhörung zur Reststrafenaussetzung ist aber ausnahmsweise zulässig, wenn dies aufgrund der Corona-Pandemie den verlässlichsten Schutz vor einer Infektion darstellt, der Verurteilte zu einer Risikogruppe gehört, er zudem zusätzlich die Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung erhält und sich mit diesem Vorgehen einverstanden erklärt hat (OLG Karlsruhe COVuR 2020, 608). Die Covid-19-Pandemie stellt einen außergewöhnlichen Umstand dar, welcher bei einer Auslieferung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls die Aussetzung von Überstellungsfristen rechtfertigen kann (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.3.2020 – Ausl 301 AR 47/20).

Richter am Amtsgericht Dr. Axel Deutscher, Bochum

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