BGH, Versäumnisurt. v. 10.12.2021 – V ZR 121/20
Die Parteien, Eigentümer benachbarter Grundstücke, streiten um Schadensersatz wegen Wasserschäden. Die Beklagte betreibt auf ihrem Grundstück eine Zugwaschanlage. Kurz nach der Einmündung ihres Abwasserkanals in die öffentliche Kanalisation, aber noch auf ihrem Grundstück war das Abwasserrohr durch Wurzelbewuchs verengt. 2010 trat deshalb nach langem Regen Wasser aus dem Abwasserkanal aus und floss u.a. in die Lagerräume des Nachbargrundstücks. Das Berufungsgericht hielt die Klage auf Ersatz des hierbei entstandenen Schadens zu 75 % gerechtfertigt. Hiergegen richtet sich die vom BGH zugelassene Revision.
Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Zwar ist aufgrund der Säumnis der Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Diesem liegt jedoch eine vollständige Prüfung der Rechts- und Sachlage zugrunde. In der Sache nimmt das Berufungsgericht allerdings zutreffend an, dass der Nachbar nach § 33 NbG LSA bauliche Einrichtungen so einzurichten hat, dass Abwasser etc. nicht auf das Nachbargrundstück übertreten kann. Zu Recht sieht es in dieser Vorschrift auch ein Schutzgesetz gemäß § 823 Abs. 2 BGB, deren Verletzung Schadensersatzansprüche nach sich zieht. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht aber an, dass die Beklagte schon infolge ihrer Eigentümerstellung nach § 33 NbG LSA für den Abwasserkanal verantwortlich war. Dies setzt die Rechtsmacht voraus, auf die bauliche Anlage einzuwirken. Das ist bei öffentlichen Abwasseranlagen nicht möglich, auch wenn sie sich im Eigentum des Grundstückseigentümers befinden. Maßgeblich sind hierfür vielmehr die lokalen Satzungen bzw. die mit den Grundstückseigentümern vereinbarten Ver- und Entsorgungsbedingungen. Ob der Abwasserkanal nach diesen Regelungen im Verantwortungsbereich der Beklagten lag, lässt sich mangels diesbezüglicher Feststellungen nicht beurteilen, weshalb die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen war.
Die Entscheidung zeigt in trefflicher Weise, wie wichtig die Streitverkündung sein kann. Denn ansonsten wären Ansprüche gegen den Betreiber des Abwassernetzes längst verjährt. Im Übrigen ist bei entsprechender Ausgestaltung der Abwassersatzungen nicht nur die Klage gegen die Grundstücksnachbarin erfolglos. Diese kann umgekehrt ihren Schaden bei dem Betreiber des Abwassernetzes geltend machen.
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