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Kein Preisaufschlag bei Ausübung des Mietervorkaufsrechtes

BGH, Urt. v. 23.2.2022VIII ZR 305/20

I. Der Fall

Die Mietvertragsparteien streiten um die Teilrückzahlung des Kaufpreises für eine Eigentumswohnung. Die Vermieterin teilte ein Mehrparteienhaus 2015 in Wohnungseigentum auf. Sie veräußerte mit notariellem Vertrag vom 6.12.2016 die Wohnung der Mieterin für 163.266,67 EUR bei „Lieferung“ ohne Mietverhältnis. Sollte es zu dieser Zeit vermietet sein, sollte sich der Kaufpreis um 10 % auf 146.940 EUR verringern. Die Mieterin übte ihr Vorkaufsrecht aus, zahlte aber den Kaufpreis von 163.266,67 EUR unter dem Vorbehalt der teilweisen Rückforderung. Ihre Klage auf Rückzahlung von 10 % des Kaufpreises hatte Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Vermieterin.

II. Die Entscheidung

Vorliegen einer Preisabrede

Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg. Die Klägerin hat den Kaufpreis in Höhe von 16.326,67 EUR ohne Rechtsgrund bezahlt. Denn die Abrede, dass die Mieterin einen um 10 % höheren Kaufvertrag zu zahlen hat, ist aus §§ 577 Abs. 1, 464 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Verbot von Verträgen zu Lasten Dritter unwirksam. Das Berufungsgericht ist zu Recht vom Vorliegen einer Preisabrede ausgegangen, wonach der Mieter einen um 16.326,67 EUR höheren Kaufpreis schuldete als der Erstkäufer. Dies ist auch dann ein Vertrag zu Lasten Dritter, wenn der Erstkäufer den höheren Kaufpreis nur ausnahmsweise, der Vorkaufsberechtigte dagegen stets schuldet. Diese Differenzierung wird auch nicht durch die Überlegung gerechtfertigt, dass für vermietete Wohnungen nur ein niedrigerer Kaufpreis zu erzielen ist als für unvermietete. Abgesehen davon, dass es einen solchen Erfahrungssatz nicht gibt, soll der wirtschaftliche Vorteil eines geringeren Kaufpreises für vermietete Wohnungen nach dem Willen des Gesetzgebers beim vorkaufsberechtigten Mieter bleiben.

III. Der Praxistipp

Unklar bleibt, weshalb der veräußernde Vermieter seinen Mieter schlechter stellen wollte als den Erstkäufer. Für den Fall, dass er die Nachteile der Unmöglichkeit des Verkaufs an letzteren wegen der Ausübung des Vorkaufsrechtes vermeiden wollte, hätte eine entsprechende Gestaltung des Kaufvertrages mit ihm ausgereicht.

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