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Keine zeitliche Grenze für Modernisierungsankündigungen

Keine zeitliche Grenze für Modernisierungsankündigungen

BGH

, Urt. v. 18.3.2021 – VIII ZR 305/19

I. Der Fall

Die Parteien, ein Mieterverein als Musterkläger und die Vermieterin eines vermieteten Wohnblocks, streiten um die Wirksamkeit einer Modernisierungsankündigung. Die Vermieterin kündigte mit Schreiben vom 27.12.2018 allen Mietern Modernisierungsmaßnahmen an, die in sechs Bauabschnitten von Dezember 2019 bis Juni 2023 durchgeführt werden sollten. Die Klägerin forderte die Vermieterin auf, zu erklären, dass die angekündigten Mieterhöhungen nicht, wie beabsichtigt, nach der bis zum 31.12.2018 gültigen Fassung, sondern nach der Neufassung von § 559 Abs. 1 BGB vorgenommen würden. Dem kam die Vermieterin nicht nach. Mit der Klage begehrt der Mieterverein die Feststellung, dass die Modernisierungsankündigung vom 27.12.2018 aus verschiedenen Gründen nicht Grundlage einer Mieterhöhung sein könne. Die Klage hatte insoweit Erfolg, als das OLG feststellte, dass die Mieterhöhung nicht nach dem bis 31.12.2018 geltenden Recht erfolgen könne. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

II. Die Entscheidung

Das Rechtsmittel hatte Erfolg.

Auf die Mieterhöhung ist das bis 31.12.2018 geltende Recht anzuwenden, was insbesondere auch die Umlage von 11 % der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete betrifft. Noch zutreffend ist das OLG davon ausgegangen, dass die Ankündigung den Anforderungen des § 555c Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 3 BGB genügt. So enthält sie konkrete Angaben zu den durchzuführenden Arbeiten und zu ihrer zeitlichen Ausdehnung (2.12.2019 bis 30.12.2023). Diese weite Spanne genügt den gesetzlichen Vorgaben, da die dreimonatige Mindestfrist der Ankündigung vor Beginn der Maßnahmen oftmals nur eine Prognose ermöglicht, aber keine genaue zeitliche Eingrenzung. Deswegen verlangt das Gesetz nur die Angabe des voraussichtlichen Beginns und der voraussichtlichen Dauer der Arbeiten. Dies impliziert, dass nachträgliche Änderungen möglich sind. Lediglich Schätzungen ins Blaue hinein genügen nicht. Dem Mieter ist es trotz der zeitlichen Unsicherheiten bereits anhand dieser Prognose zu Beginn und Dauer der Arbeiten möglich, zu entscheiden, ob er die Beeinträchtigungen hinnehmen oder eine neue Wohnung suchen möchte. Die Modernisierungsankündigung ist auch nicht deswegen zu beanstanden, weil sie mehr als elf Monate vor dem Ausführungsbeginn erfolgte. Zwar ist umstritten, ob es eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen Ankündigung und Beginn der Modernisierung bedarf (hierfür etwa Schmidt – Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 14. Aufl. § 555c Rn 37; a.A. etwa Staudinger/Emmerich, Bearb. 2018 § 555c Rn 5a). Der Wortlaut des § 555c Abs. 1 S. 1 BGB gibt nur eine Mindest-, aber keine Höchstfrist vor. Eine frühere Ankündigung ist somit ohne weiteres möglich. Dies folgt auch aus dem Zweck der Norm, die dem Mieter die Entscheidung ermöglichen soll, ob er die geplante Maßnahme dulden oder ihr entgegentreten soll. Dies erfordert keinen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Ankündigung und Beginn der Maßnahme.

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird ohne eine solche Höchstfrist auch das Sonderkündigungsrecht des § 555e Abs. 1 BGB nicht sinnentleert. Zwar führt eine frühzeitige Kündigung dazu, dass der Mieter noch (lange) vor Beginn der Modernisierung kündigen muss. Das Sonderkündigungsrecht bezweckt aber nicht, dem nicht duldungswilligen Wohnungseigentümer die Wohnung bis zum Beginn der Baumaßnahmen zu erhalten. Zudem steht dem Mieter in aller Regel ein ordentliches Kündigungsrecht nach § 573c Abs. 1 S. 1 BGB zu, für dessen Ausübung eine frühzeitige Modernisierungsankündigung sogar vorteilhaft ist. Denn dann kann er mit großem zeitlichen Vorlauf eine neue Wohnung suchen. Auch die Frist zur Geltendmachung von Härtegründen nach § 555d Abs. 3 BGB steht dem nicht entgegen. Denn sie gilt gemäß § 555d Abs. 4 BGB nicht für nachträglich entstehende Härtegründe. Die Gefahr einer rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung der frühen Ankündigungsmöglichkeit etwa zum Zweck, eine Kündigung des Mieters zu provozieren, steht dem nicht entgegen. Denn eine Kündigung ohne Modernisierungswillen ist unwirksam und löst Schadensersatzansprüche aus. Die frühzeitige Ankündigung ist auch nicht treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich. Die Vermieterin machte nur von der ihr durch Art. 229 § 49 Abs. 1 S. 1 EGBGB eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die ihr günstigere Rechtslage durch eine frühzeitige Modernisierungsankündigung über die Rechtsänderung hinaus zu erhalten.

III. Der Praxistipp

Der BGH geht weit über die eigentliche Frage der Höchstfrist für Modernisierungsankündigungen hinaus, wobei er sich sehr großzügig zeigt: Die Ankündigung von Beginn und Dauer der Modernisierungsmaßnahmen dürfen demnach lediglich nicht völlig aus der Luft gegriffen sein. Nachträgliche Änderungen wie auch die Ankündigung einer Modernisierungsdauer, die sich über dreieinhalb Jahre erstreckt, sind demnach unbedenklich.

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