BGH, Beschl. v. 1.7.2021 – V ZB 55/20
Die Eigentümer einer in Wohnungseigentum aufgeteilten Liegenschaft streiten um die Erstattung von Kosten einer Beschlussklage. Sie stritten ursprünglich um die Anlage eines Brunnens, die mit der Stimme des Mehrheitseigentümers abgelehnt wurde. Die hiergegen gerichtete Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage blieb ohne Erfolg. Neben dem vom Verwalter bestellten Rechtsanwalt wurde auf Veranlassung des Mehrheitseigentümers ein weiterer Prozessbevollmächtigter für jenen tätig. Nach der kostenpflichtigen Klageabweisung begehrte der Mehrheitseigentümer im Kostenfestsetzungsverfahren die Erstattung der ihm entstandenen Kosten. Dies blieb vor den Gerichten der beiden unteren Instanzen ohne Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Die Anwaltskosten des Mehrheitseigentümers sind nicht nach § 50 WEG a.F. erstattungsfähig. Denn die beklagten Wohnungseigentümer verfolgen prozessual dasselbe Ziel. Dass sie bei der Abstimmung nicht gegen den Beschlussantrag gestimmt haben, ändert hieran nichts. Denn der vom Verwalter beauftragte Anwalt ist verpflichtet, auf eine Abweisung der Anfechtungsklage hinzuwirken. Auch die Voraussetzungen des § 43a Abs. 4 BRAO liegen nicht vor. Denn das darin geregelte Vertretungsverbot greift nur bei tatsächlichen, nicht bei nur latenten Interessenkonflikten ein. Daher ist die Erstattung der Kosten eines vom Verwalter nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG a.F. bestellten Rechtsanwalts vorrangig (BGH v. 14.7.2011 – V ZB 171/10; ZWE 2011, 399 = ZMR 2012, 28).
Die Entscheidung ist auch für das neue Recht von Bedeutung. Denn jeder Wohnungseigentümer kann dem Rechtsstreit im Wege der Nebenintervention auf Seiten der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft beitreten. Grundsätzlich trägt die unterlegene Partei aber auch die Kosten der Nebenintervenienten. Damit wirft die Möglichkeit der Nebenintervention das aus dem früheren Recht bekannte Problem wieder auf, dass der Beschlusskläger mit einer Vielzahl von Erstattungsansprüchen rechnen muss. Das neue Recht bietet mit § 44 Abs. 4 WEG eine ähnliche Lösung an wie das alte in § 50 WEG a.F. (BT – Drucks 19/18791 S. 82), indem die Kosten von Nebenintervenienten nur zu erstatten sein sollen, „wenn die Nebenintervention geboten war.“ Damit knüpft der Gesetzgeber bewusst an das frühere Recht an. Die Gebotenheit soll wie nach dem bestehenden Recht (§ 50 WEG a.F.) zu verstehen sein (BT – Drucks 19/18791, S. 82).
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