BGH, Urt. v. 3.3.2021 – XII ZR 92/19
Die Parteien streiten um die Zahlung von Miete. Die Beklagte mietete Geschäftsräume für eine monatlichen Miete von 4.592,67 EUR vom Kläger, in der sie vertragsgemäß eine Tagespflegeeinrichtung betreibt. Die Räumlichkeiten sollten vor Mietbeginn, „wie abgesprochen“, vom Vermieter frisch renoviert werden. Der Mietvertrag enthielt eine Klausel, wonach keine mündlichen Nebenabreden bestehen und Änderungen bzw. Ergänzungen der Schriftform bedürfen. Die Mieterin zahlte unter Verweis auf angebliche Mängel zu keiner Zeit die volle Miete. Die Klage des Vermieters auf Zahlung rückständiger Miete hatte in den Tatsacheninstanzen ganz überwiegend Erfolg. Hiergegen wendet sich die vom BGH zugelassene Revision.
Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Das Berufungsgericht schöpft schon den Wortlaut des Vertrages nicht aus, wonach die Räumlichkeiten vor Mietbeginn, „wie abgesprochen“, vom Vermieter frisch renoviert werden sollten.
Denn dies nimmt gerade auf vorvertragliche Absprachen der Mietvertragsparteien Bezug. Im Übrigen würde selbst ein klarer und eindeutiger Wortlaut keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände darstellen. Denn so genannte Vollständigkeitsklauseln über nicht bestehende mündliche Abreden geben nach ständiger Rechtsprechung des BGH nur die ohnehin eingreifende Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer schriftlichen Vertragsurkunde wieder. Sie schließen aber nicht die Führung des Gegenbeweises aus. Sie sind in der Regel auch nicht dahingehend auszulegen, dass die Mietvertragsparteien von zuvor geschlossenen, vorvertraglichen Abreden abrücken wollen. Demnach hätte der angebotene Beweis zum vereinbarten Zustand erhoben werden müssen.
Kein Vertragspartner hat durch entsprechende Vertragsgestaltung die Möglichkeit, mündlichen Nebenabreden die Wirksamkeit zu nehmen. Will er wenigstens im Rahmen der Beweiserhebung sicher gehen, muss er zu den Vertragsverhandlungen Zeugen hinzuziehen.
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