Haftung von vermietendem Eigentümer und Mieter analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB
BGH, Urt. v. 18.12.2020 – V ZR 193/19
I. Der Fall
Die Parteien, die Gebäudeversicherung und der Eigentümer einer Teileigentumseinheit streiten um die Haftung für einen Wasserschaden. Der Eigentümer einer der beiden Teileigentumseinheiten in der Liegenschaft nutzte diese als Zahnarztpraxis, weshalb er dort eine Kaltwasserleitung zu einem Zahnarztstuhl verlegte. Diese platzte bei Außentemperaturen von -20 Grad und verursachte in der anderen Einheit einen Schaden von 73.137,40 EUR, den die Gebäudeversicherung regulierte. Diese begehrt nun aus übergegangenem Recht Ausgleich vom Eigentümer der Zahnarztpraxis nach den Regeln des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs. Ihre Klage hatte in den Tatsacheninstanzen Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.
II. Die Entscheidung
Das Rechtsmittel hatte einstweilen Erfolg. Zwar sind die Regelungen des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB anwendbar, wenn die rechtswidrigen Einwirkungen von Bauteilen ausgehen, die im Sondereigentum eines Miteigentümers stehen (BGHZ 198, 327 Rn 12 ff.).
Dies setzt aber voraus, dass der Sondereigentümer für den Schaden verantwortlich ist. Diese Störereigenschaft folgt nicht schon aus dem Eigentum. Der Eigentümer muss bei wertender Betrachtung für den schadenstiftenden Zustand verantwortlich sein, ihn also zurechenbar herbeigeführt haben. Dabei ist er für Handeln seiner Mieter nur eingeschränkt verantwortlich. Insbesondere haftet er nicht, wenn ausschließlich mangelhaftes Heizen für den Schaden verantwortlich ist, wie in den Tatsacheninstanzen vorgetragen wurde. Denn der vermietende Eigentümer muss nicht davon ausgehen, dass ein Mieter die Räume auch bei strengem Frost nicht beheizt. Gleiches gilt, wenn der Schaden zwar auf ein mangelhaftes Bauteil im Sondereigentum zurückgeht, dessen Mangel aber auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln des Mieters zurückzuführen ist. Für eigene Einrichtungen haftet von vorneherein nur der Mieter. Bei bloßer Mitursächlichkeit eines dem Vermieter gehörenden Bauteils oder Gerätes kann eine Zurechnung auch an den Eigentümer erfolgen. Dabei kann § 830 Abs. 1 BGB entsprechend angewendet werden, wenn die Verursachungsbeiträge nicht, auch nicht unter Zuhilfenahme von § 287 ZPO zu ermitteln sind. Vermietender Eigentümer und Mieter haften dann als Gesamtschuldner. Diesbezügliche Feststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.
III. Der Praxistipp
In vorliegendem Zusammenhang findet die anderweitig von der h.M. befürwortete Zurechnung von Verschulden des Mieters oder sonstigen Dritten, denen der Eigentümer sein Wohnungs- oder Teileigentum überlässt (s. etwa KG ZMR 2000, 559, 560; KG ZMR 2002, 968), keine Anwendung. Damit wird der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch gegenüber selbstgenutztem Wohnungs-/ Teileigentum erheblich eingeschränkt. Denn dort kann dahinstehen, ob ein Mangel des Sondereigentums oder sonstiges schadenstiftendes Handeln ursächlich war, bei vermietetem Wohnungs-/Teileigentum bedarf es näherer Feststellungen.