BGH
, Urt. v. 28.4.2021 – VIII ZR 6/19Die Mietvertragsparteien streiten um die Räumung von Wohnraum. Der Vermieter erklärte dem Beklagten mit Schreiben vom 29.9.2016 die ordentliche Kündigung, da er die Wohnung für seine Tochter benötigte. Die Klage blieb in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg, wobei das Berufungsgericht zwar vom Eigenbedarf des Klägers ausging, aber ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens gesundheitsbedingte Härtegründe auf Seiten des Mieters annahm. Hiergegen richtet sich die vom BGH zugelassene Revision.
Das Rechtsmittel hatte einstweilen Erfolg.
Denn die Tatsacheninstanzen dürfen nicht alleine aufgrund der vom Mieter vorgelegten Atteste gesundheitsbedingte Härtegründe annehmen. Sie können auch nach Vorlage fachärztlicher Atteste durch den Mieter das Bestreiten der gesundheitsbedingten Härtegründe nicht als unsubstantiiert abtun. Denn der Gesundheitszustand des Mieters ist nicht Gegenstand der Wahrnehmung des Vermieters gemäß § 138 Abs. 4 ZPO, so dass er diesbezüglichen Vortrag mit Nichtwissen bestreiten darf. Folglich haben die Tatsacheninstanzen auf ein entsprechendes Beweisangebot des Mieters und ohne ein solches sogar von Amts wegen (§ 144 ZPO) ein Sachverständigengutachten zur Erkrankung des Mieters und den Folgen eines Wohnungswechsels auf seinen Gesundheitszustand einzuholen. In Ermangelung eines solchen Gutachtens ist auch die Interessenabwägung (§ 574 BGB) des Berufungsgerichtes fehlerhaft.
Die Entscheidung führt daneben die Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung fort und beschäftigt sich mit der Beschwer des Mieters durch die Abweisung einer Räumungsklage wegen Härtegründen. Demnach ist der Mieter nicht beschwert, wenn das Gericht die Eigenbedarfskündigung zwar als begründet ansieht, der Räumungsklage aber wegen Vorliegens von Härtegründen den Erfolg versagt.
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