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Keine Terminsgebühr bei Erscheinen zum aufgehobenen Termin

Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG

Ist die Klage unmittelbar vor dem Termin zurückgenommen worden, entsteht auch dann keine Terminsgebühr, wenn der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in unverschuldeter Unkenntnis der Klagerücknahme zur Terminsstunde im Sitzungssaal erscheint und einen Kostenantrag stellt.

AG Siegburg, Beschl. v. 2.7.2025124 C 150/24
I.

Sachverhalt

Der Kläger hatte am Terminstag eine halbe Stunde vor dem Termin gegenüber dem Gericht per beA erklärt, dass er die Klage zurücknehme. Zugleich ist die Geschäftsstelle darüber telefonisch unterrichtet worden. Die Richterin hat daraufhin den Termin aufgehoben. Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten hatte von der Klagerücknahme und der Terminsaufhebung keine Kenntnis erhalten, da sie bereits zum Zeitpunkt der Klagerücknahme auf dem Weg zum Gericht war. Im Sitzungssaal erklärte ihr die Richterin dann, dass sie den Termin aufgehoben habe, da die Klage zuvor zurückgenommen worden sei. Darüber fertigte die Richterin ein Protokoll, in dem sie das Erscheinen der Beklagtenvertreterin vermerkte und den von dieser gestellten Kostenantrag aufnahm. Nachdem das Gericht antragsgemäß dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt hatte, beantragte die Beklagte die Festsetzung ihrer Kosten, darunter auch einer Terminsgebühr ihrer Prozessbevollmächtigten sowie deren Reisekosten zum Termin. Sie begründete dies damit, dass sie zum Termin erschienen sei und von der Klagerücknahme bis dato keine Kenntnis gehabt habe. Das AG hat die Terminsgebühr abgesetzt, allerdings die Reisekosten festgesetzt.

II.

Keine Terminsgebühr

Wie die Klägerseite zutreffend vorträgt, beginnt der Termin mit dem Aufruf der Sache. Ein Aufruf der Sache ist allerdings unstreitig nicht erfolgt. Die Richterin hatte den Termin bereits aufgehoben, bevor die anberaumte Terminsstunde begonnen hatte. Die in Unkenntnis der Klagerücknahme und Aufhebung des Termins angereiste Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist dann im Gerichtssaal lediglich von der kurzfristigen Terminsaufhebung informiert worden. Es wurde aber nicht verhandelt, was angesichts der Aufhebung des Temins auch gar nicht möglich gewesen wäre. Zwar hat die Richterin ein Protokoll gefertigt, in dem sie das Erscheinen der Beklagtenvertreterin vermerkt und den von ihr gestellten Kostenantrag aufgenommen hat; das aber löst keine Terminsgebühr aus.

III.

Bedeutung für die Praxis

1.Keine Terminsgebühr ohne Termin

In Verfahren nach Teil 4, 5 und 6 VV erhält der Rechtsanwalt auch eine Terminsgebühr für einen sog. geplatzten Termin (Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2, Vorbem. 5 Abs. 3 S. 2, Vorbem. 6 Abs. 3 S. 2 VV). Diese Gebühr entsteht, wenn der Rechtsanwalt zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet und der Anwalt auch nicht rechtzeitig von der Aufhebung oder Verlegung des Termins in Kenntnis gesetzt worden ist.

Im Gegensatz dazu ist in Verfahren nach Teil 3 VV keine Terminsgebühr vorgesehen, wenn der Prozessbevollmächtigte in Unkenntnis des aufgehobenen Termins zum Termin erscheint. Hier ist die Durchführung des Termins immer erforderlich, um die Terminsgebühr zu verdienen. Daher hat das Gericht hier zu Recht eine Terminsgebühr abgelehnt.

2.Terminsgebühr bei Durchführung des Termins in Unkenntnis der Rücknahme

a)Anfall der Gebühr

Anders verhält es sich nach der Rspr., wenn das Gericht keine Kenntnis von der Klagerücknahme hatte und der Termin nicht aufgehoben, sondern in Unkenntnis der Klagerücknahme durchgeführt worden ist. Dann entsteht für den Anwalt des Beklagten eine Terminsgebühr, und zwar aus dem vollen Wert der Hauptsache (LG Saarbrücken AGS 2011, 480). Soweit im Fall des OLG Frankfurt (JurBüro 2023, 475 = zfs 2024, 162 = NJW-Spezial 2023, 699) die Terminsgebühr nur aus dem Kostenwert zugesprochen worden ist, beruht dies darauf, dass der Beklagte nur eine Terminsgebühr aus dem Kosteninteresse angemeldet hat und das Gericht nicht mehr zusprechen durfte als beantragt worden war.

b)Erstattung der Gebühr

Soweit danach eine Terminsgebühr angefallen ist, ist sie auch erstattungsfähig, wenn auch der Beklagte von der Rücknahme keine Kenntnis hatte (LG Saarbrücken AGS 2011, 480). Hatte er allerdings Kenntnis oder hätte er bei gehöriger Sorgfalt Kenntnis haben müssen, dann ist die Erstattungsfähigkeit abzulehnen (OLG Dresden AGS [Hansens] = Rpfleger 2025, 375 = JurBüro 2025, 252 = NJW-RR 2025, 502).

3.Terminsgebühr bei Durchführung des Termins in Kenntnis der Rücknahme

Wird der Termin in Kenntnis der Klagerücknahme durchgeführt, dann entsteht die Terminsgebühr. Es steht dem Gericht frei, von § 128 Abs. 3 ZPO Gebrauch zu machen oder über die Kosten mündlich zu verhandeln. Findet der Termin statt, dann entsteht auch eine Terminsgebühr, allerdings nur aus dem Wert der Kosten (OLG Stuttgart AGS 2021, 167 = JurBüro 2021, 198 = MDR 2021, 711 = Rpfleger 2021, 379 = NJW-Spezial 2021, 219).

Diese Gebühr ist für den Beklagten immer erstattungsfähig, und zwar auch dann, wenn er von der Klagerücknahme wusste. Solange ein Termin nicht aufgehoben ist, muss der Anwalt den Termin auch wahrnehmen (OLG Stuttgart AGS 2021, 167 = JurBüro 2021, 198 = MDR 2021, 711 = Rpfleger 2021, 379 = NJW-Spezial 2021, 219).

4.Fahrtkosten

Die Fahrtkosten zum Termin fallen unabhängig davon an, ob der Termin stattfindet oder nicht. Soweit der Prozessbevollmächtigte – wie hier – keine Kenntnis von der Klagerücknahme hatte, sind die Reisekosten auch erstattungsfähig.

https://www.juris.de/perma?d=jzs-AGS-2025-7-010-313

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

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