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Unzulässigkeit einer sofortigen Beschwerde bei möglicher Nachfestsetzung

§§ 103 ff. ZPO

Kann die nachträgliche Festsetzung in einem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht festgesetzter Kosten gem. § 106 Abs. 2 ZPO (ohne zusätzliche Kosten) durchgeführt werden, fehlt einer sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss das Rechtsschutzbedürfnis.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.4.202530 W 28/25
I.

Sachverhalt

Nach der Kostengrundentscheidung hatten die Kläger die Kosten des Rechtstreits zu 1/4 und die Beklagten zu 3/4 zu tragen. Daraufhin hatte der Beklagte einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt. Die Beklagten hatten trotz Aufforderung unter Fristsetzung gem. § 106 Abs. 2 ZPO keinen Antrag gestellt. Daraufhin hat das Gericht die Kosten der Beklagten zu 3/4 festgesetzt. Gegen diesen Beschluss haben die Kläger sofortige Beschwerde erhoben, mit welchen sie geltend machen, dass ihre Kosten nicht berücksichtigt worden seien. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG vorgelegt. Das OLG hat die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen.

II.

Kein Rechtsschutzbedürfnis

Die sofortige Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Kläger hätten ihr Ziel, die nachträgliche Berücksichtigung ihrer Kosten, einfacher und billiger erreichen können. Einem kostenverursachenden Rechtsmittel, das nur eine Nachliquidation zum Ziel hat, fehlt regelmäßig das Rechtsschutzinteresse, wenn dasselbe Ziel durch einen kostenfreien nachträglichen Festsetzungsantrag erreicht werden kann (vgl. LAG Frankfurt, Beschl. v. 3.8.2015 – 2 Ta 292/15, juris Rn 4–6). Auch im Kostenfestsetzungsverfahren gilt der Antragsgrundsatz (§ 308 Abs.1 ZPO). Da die Kläger trotz Aufforderung durch den Rechtspfleger bis heute ihre Kosten nicht angemeldet haben, erschöpft die sodann ergangene Entscheidung den damals vorliegenden Antrag. Die Festsetzung der im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss nicht festgesetzten Kosten kann gem. § 106 Abs. 2 ZPO unbeschadet der bereits zugunsten der Beklagten festgesetzten Kosten durchgeführt werden (OLG Hamburg, Beschl. v. 17.3.2005 – 8 W 22/05, juris Rn 1–3). Wenn die Kostenfestsetzung hingegen nachträglich im Kostenausgleichsverfahren erfolgen würde, hätte dies zur Folge, dass für das Beschwerdeverfahren Anwaltsgebühren anfallen (Nr. 3500 VV), während das Festsetzungsverfahren vor dem Rechtspfleger kostenfrei ist. Die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten hätten die Beschwerdeführer gem. § 97 Abs. 2 ZPO ohnehin selbst dann zu tagen, wenn der Kostenfestsetzungsbeschluss aufgrund einer nachträglich eingereichten Kostenrechnung antragsgemäß geändert würde. Die getrennte Festsetzung ihrer Kosten außerhalb des Beschwerdeverfahrens und ohne Kostenausgleichung ist daher für die Beschwerdeführer das kostengünstigere Verfahren (vgl. OLG Hamburg MDR 2005, 1138; OLG Koblenz, NJW-RR 2000, 519). In diesem Nachfestsetzungsverfahren kann der Antragsteller mit seinem gem. § 106 ZPO zuvor festgesetzten Saldo aufrechnen (vgl. BeckOK ZPO/Jaspersen, 55. Ed., Stand: 1.12.2024, ZPO § 106 Rn 14).

III.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung ist im Ergebnis zutreffend, in der Begründung jedoch falsch. Es fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, sondern die Beschwer. Die Kläger hatten erst gar keinen Antrag gestellt. Daher ist darüber auch nicht entschieden worden und folglich sind die Kläger auch nicht beschwert.

Werden Kosten mangels Anmeldung nicht festgesetzt, ist insoweit immer die Nachfestsetzung möglich, niemals aber ein Rechtsmittel.

So verhält es sich auch, wenn z. B. vergessen worden ist, eine bestimmte Gebühr anzumelden, wenn versehentlich aufgrund irrtümlich angenommener Vorsteuerabzugsberechtigung die Umsatzsteuer nicht angemeldet worden ist (OLG Brandenburg AGS 2023, 326; OLG Stuttgart RVGreport 2009, 312) oder wenn die Gebühren versehentlich nach altem Recht angemeldet worden sind (AG Siegburg AGS 2017, 50).

I.Ü. hätte es auch keines Nachfestsetzungsantrags bedurft. Die Kläger hätten die Aufrechnung mit ihrem Kostenerstattungsanspruch erklären können. Der Kostenerstattungsanspruch (hier i.H.v. 1/4 der Kosten) entsteht nämlich bereits mit der Kostengrundentscheidung und wird mit dieser bereits fällig und nicht erst mit der Festsetzung. Hätten die Beklagten die Aufrechnung nicht akzeptiert, wäre die Vollstreckungsabwehrklage möglich.

https://www.juris.de/perma?d=jzs-AGS-2025-4-017-185

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

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