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Die Kosten einer Privatschule als Mehrbedarf

1. Zur Qualifizierung der Kosten für den Besuch einer Privatschule in Form eines Schulgeldes.

2. Die zusätzlichen Aufwendungen aufgrund des Besuchs einer Privatschule in Form eines Schulgeldes sind von dem geschuldeten Barunterhalt nicht gedeckt; sie stellen deshalb einen Mehrbedarf dar, der unterhaltsrechtlich als Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf anzusehen ist.

3. Soweit beiden Elternteilen die elterliche Sorge zusteht, bedarf es zur Berücksichtigung des Mehrbedarfs der Zustimmung beider Elternteile zum Besuch der Schule. Eine Haftung besteht deshalb nur, wenn diese Voraussetzungen vorliegen oder der entscheidende Elternteil die Alleinsorge innehat.

OLG Koblenz, Beschl. v. 1.9.2020 – 13 WF 540/20

1. Der Fall

Die Antragstellerin hat die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein von ihr beabsichtigtes Verfahren gegen ihren Vater auf Zahlung von Mehrbedarf in Form anteiligen Schulgeldes von monatlich 25,50 EUR für die Zeit ab 08/2018 beantragt. Insoweit hat sie vorgetragen, dass sie zum Schuljahr 2018/2019 auf die …-Schule gewechselt sei und sie dort monatliches Schulgeld in Höhe von insgesamt 51 EUR zu zahlen habe. Mit Anwaltsschreiben vom 4.9.2019 habe sie ihren Vater zur Zahlung erfolglos aufgefordert.

Das Familiengericht hat mit Beschl. v. 28.4.2020 die beantragte Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung versagt, dass der Antragsgegner mitsorgeberechtigt sei und es deshalb einer gemeinsamen einvernehmlichen Entscheidung der Eltern bedurft hätte, woran es vorliegend fehle, weshalb der Antragsgegner auch nicht mit entsprechenden Kosten belastet werden könne. Im Rahmen des sofortigen Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin geltend gemacht, dass dem Antragsgegner die elterliche Sorge entzogen worden sei, während der Antragsgegner vorgetragen hat, dass es sich nicht um Schulgeld, sondern um Beiträge an den Förderverein der Schule handele. Aus diesem Grunde hat das Familiengericht im Rahmen des Beschlusses vom 12.8.2020 der Beschwerde im Ergebnis nicht abgeholfen; vielmehr nur die Begründung ausgetauscht. Auf einen entsprechenden Hinweis des Senats hat die Antragstellerin zum Grund des Schulwechsels unter Vorlage ärztlicher und schulischer Bescheinigungen vorgetragen, dass sie seit der Trennung der Eltern und dem Tod ihres Großvaters depressiv sei und die Schule nur unregelmäßig besucht habe, weshalb sie das Klassenziel nicht erreicht habe. Im Zuge der Behandlung sei sodann der Schulwechsel erfolgt.

2. Die Entscheidung

Nach Auffassung des OLG Koblenz ist die statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde zum Teil erfolgreich.

Der Senat führt aus, dass gemäß §§ 1601, 1602, 1610 Abs. 1 BGB der Antragsgegner der Antragstellerin grundsätzlich einen angemessenen Unterhalt zu gewähren habe, wozu auch ein zu zahlendes Schulgeld als Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf zählen könne. Allerdings seien die Kosten für den Besuch der …-Schule von dem Antragsgegner nicht als Teil des geschuldeten Unterhalts zu tragen, den der Antragsgegner unstreitig zahle. Vielmehr habe der unterhaltspflichtige Elternteil – eventuell anteilig – nur dann für den schulischen Mehrbedarf des Kindes aufzukommen, wenn dieser als berechtigt anerkannt werden könne.

Für das Schuljahr 2018/2019 könne die Forderung des Mehrbedarfs nicht als berechtigt angesehen werden, und zwar aus zweierlei Gründen:

• Zum einen war die Mutter der Antragstellerin zum Zeitpunkt des Schulwechsels nicht allein sorgeberechtigt, weshalb sie für die Anmeldung die Zustimmung des Antragsgegners hätte einholen müssen. Diesem sei erst mit Beschl. v. 28.3.2019 das Sorgerecht die Antragstellerin betreffend entzogen worden. Erst nach diesem Zeitpunkt habe die Mutter der Antragstellerin den Schulbesuch in der …-Schule als ihre alleinige Entscheidung bestätigen können.

• Zudem sei der Antragsteller auch erst mit Anwaltsschreiben vom 4.9.2019 in Verzug gesetzt worden. Letzteres sei aber Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch.

Infolgedessen könne die Antragstellerin die Zahlung anteiligen Schulgeldes erst ab 09/2019 verlangen. Was die Notwendigkeit des Schulwechsels von der Regelschule zur privaten …-Schule anbelange, habe die Antragstellerin unter Vorlage ärztlicher Berichte weiter vorgetragen mit der Folge, dass die Erfolgsaussichten eines Verfahrens nicht von vornherein ausgeschlossen seien. Der Einwand des Antragsgegners, es handele sich nicht um Schulgeld, sondern um Beiträge für den Förderverein, könne nicht überzeugen.

3. Der Praxistipp

Das Thema Mehrbedarf neben dem Grundbedarf beschäftigt Praktiker regelmäßig in sämtlichen Ausgestaltungen.

Das OLG Koblenz stellt fest, dass die Kosten des Besuchs einer Privatschule in Form eines Schulgeldes von dem geschuldeten Barunterhalt nicht gedeckt und daher als Mehrbedarf zu bewerten seien. Es ordnet diesen unterhaltsrechtlich als Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf ein. Allerdings stellt das OLG Koblenz darüber hinaus klar, dass – soweit beiden Elternteilen die elterliche Sorge zustehe – es zur Berücksichtigung des Mehrbedarfs der Zustimmung beider Elternteile zum Besuch der entsprechenden Schule bedürfe. Eine (Mit)Haftung bestehe deshalb nur, wenn beide Elternteile diese Zustimmung erteilt haben oder der entscheidende Elternteil allein sorgeberechtigt ist.

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