Literaturkritik: Erbrecht
von Ulf Schönenberg-Wessel, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Sozialrecht, Kiel
Beck’sches Mandatshandbuch Due Diligence
Handbuch 4., aktualisierte Auflage, 2024 C.H.BECK, ISBN 978-3-406-77301-3, 169 EUR
In seiner nunmehr 4. Auflage liegt das Beck’sche Mandatshandbuch Due Diligence vor. Das Handbuch wurde in der Neuauflage nochmals erheblich erweitert. Der erbrechtliche Leser kann aus dem Handbuch eine schiere Fülle an Informationen für eine umfassende und sachgerechte Strukturierung von Rechtsvorgängen in der Vermögensnachfolge ziehen. Auch wenn das Handbuch sich in erster Linie auf Wirtschaftstransaktionen bezieht, sind die dargestellten Methoden, die herausgearbeiteten Prüfungsschwerpunkte sowie die Vorschläge zur Gestaltung des Prüfungsablaufs auch ohne Weiteres auf das erbrechtliche Mandat übertragbar. Spätestens wenn eine unternehmerische Vermögensnachfolge im Raum steht, deren Auswirkungen in rechtlicher und steuerrechtlicher Weise zu beurteilen sind, drängt sich der Griff zum Mandatshandbuch Due Diligence auf.
Hammann
Die Gestaltung von Behindertentestamenten
2024 Nomos, ISBN 978-3-7560-0928-2, 69 EUR
In der Reihe der NomosPraxis neu erschienen ist das Handbuch zur Gestaltung von Testamenten zugunsten von Menschen mit Behinderung. Das praxisorientierte Werk gliedert sich in fünf Teile. Hammann widmet den 1. Teil der Einführung. Er stellt sodann im 2. Teil die sozialrechtlichen Hintergründe dar. Der 3. Teil widmet sich der Testamentsgestaltung im Detail. Schlussbemerkungen und der Mustertext eines Testaments zugunsten eines Menschen mit Behinderung runden dieses Werk ab. Hammann favorisiert in der Gestaltung eine Kombination aus Vermächtnis- und Erbschaftslösung. Die Anweisungen an den Testamentsvollstrecker enthalten viele wertvolle Anregungen. In der 2. Auflage des Buchs wäre es wünschenswert, wenn Hammann ein Muster zur Reduzierung des Risiko der Pflichtteilsergänzung gegen den Beschenkten (§ 2329 BGB) bei unzureichendem tatsächlichem Nachlass mit aufnimmt. Die systematische Aufarbeitung der Gestaltung von Testamenten zugunsten von Menschen mit Behinderung durch Hammann stellt einen wertvollen Beitrag in dieser komplexen Materie dar. Wünschenswert wäre, wenn Hammann sprachlich den Menschen in den Vordergrund stellen und eine inklusivere Sprache wählen würde.
Hörnle/Huster/Poscher
Triage in der Pandemie
2., erweiterte Auflage, 2024 Mohr Siebeck, ISBN 978-3-16-163812-1, 34 EUR
Die Corona-Pandemie hat die Diskussion um eine Triage in der medizinischen Versorgung neu entfacht. Die Autoren dieses Werks, das mittlerweile in der 2. Auflage vorliegt, setzen sich dezidiert mit der Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung der Triage, dem strafrechtlichen Umfeld und den möglichen Regelungsinhalt gesetzgeberischer Vorgaben auseinander. Der Leser erhält einen wissenschaftlich fundierten Einblick in mögliche Auswahlkriterien für Triage. Die nunmehr vorliegende 2. Auflage greift die aktuelle Rechtslage bzw. Rechtsentwicklung seit dem Jahr 2021 auf. Das Werk regt auf jeder Seite zur Auseinandersetzung mit der komplexen Frage der Triage und der damit verbundenen Konsequenzen. Dem Leser wird deutlich vor Augen geführt, dass das Thema einer umfassenden Rechtfertigung bedarf und auch nach dem Ende der Corona-Pandemie nicht aus den Augen verloren werden darf.
Hüßtege/Mansel
Bürgerliches Gesetzbuch: BGB, Band 6: Rom-Verordnungen – EuGüVO – EuPartVO – HUP – EuErbVO Kommentar
4. Auflage, 2024 Nomos, ISBN 978-3-7560-0104-0, 199 EUR
Der 6. Band des Nomos Kommentars BGB widmet sich u.a. der EuErbVO. Er ist jetzt in seiner 4. Auflage erschienen. Neben den Regelungen der EuErbVO werden auch die Rom-Verordnungen, die EuGüVO, die EuPartVO und die HUP umfassend und wissenschaftlich fundiert dargestellt. Die Kommentierung zur EuErbVO liefert eine aktuelle Darstellung der Rechtslage unter Auswertung aktueller Rechtsprechung und Literatur und bezieht in Streitpunkten fundiert Stellung. Exemplarisch sei hier die Kommentierung von Makowsky zu Art. 4 EuErbVO herausgegriffen. Dieser stellt beginnend ab Rn 24 die zunehmende Problematik des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers dar. Ausgehend von einer Auslegung im unionsrechtlichen Kontext bereitet er die Voraussetzungen des gewöhnlichen Aufenthalts im Einzelnen auf. Dabei arbeitet er insbesondere auch die maßgeblichen Umstände, die zur Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts heranzuziehen sind, dezidiert auf. Eine Vielzahl von Fundstellen unterstreichen die fundierte Bearbeitung von Makowsky. Der 6. Band vervollständigt den von Dauner-Lieb, Heidel, Ring herausgegebenen NomosKommentar BGB und sollte einen festen Platz in der Bibliothek haben.
Knittel (Hrsg.)
SGB IX – Kommentar Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung
Kommentar 12. Auflage, 2024 Luchterhand, ISBN 978-3-472-09562-0, 149 EUR
In seiner 12. Auflage bietet der von Knittel herausgegebene Kommentar zum SGB IX eine wichtige Grundlage für die Gestaltung und Abwicklung von Testamenten zugunsten von Menschen mit Behinderung. Die Bearbeiter vermögen es, durchgehend eine Kommentierung zu gewährleisten, die es auch dem weniger Sozialrecht affinen Kollegen ermöglicht, sich zügig in die Materie einzuarbeiten, und die für die Gestaltung und Abwicklung des Testaments notwendigen Informationen zu vermitteln. Für einen Kommentar eher ungewöhnlich verzichtet der Knittel gänzlich auf ein Stichwortverzeichnis. Es wäre wünschenswert, wenn dies in der Folgeauflage ergänzt werden würde, da hierdurch insbesondere auch dem weniger Sozialrecht affinen Kollegen der Zugriff auf die maßgeblichen Informationen deutlich erleichtert würde. Dieser Umstand ändert jedoch nichts an der hohen Qualität der Bearbeitung, der fundierten Aufbereitung der einzelnen Regelungen des SGB IX und der Praxistauglichkeit dieses Kommentars.
Münch
Ehebezogene Rechtsgeschäfte
Handbuch der Vertragsgestaltung
6. Auflage, 2024 Carl Heymanns, ISBN 978-3-452-30362-2, 159 EUR
Das Standardwerk der familienrechtlichen Vertragsgestaltung liegt nunmehr in seiner 6. Auflage vor. Die 6. Auflage berücksichtigt die aktuelle Rechtsprechung und Gesetzgebung sowie die Entwicklungen in der Literatur. Das Werk ist insgesamt auf dem Stand Mai 2024 und wartet mit einer Vielzahl von Erweiterungen und Aktualisierungen auf. Für die erbrechtliche Praxis von besonderer Bedeutung dürften die Regelungen zum Güterrecht und zu den Ehegattenzuwendungen sein. Münch bietet in diesem herausragenden Werk neben einer schieren Fülle an Formulierungs- und Vertragsmustern eine umfassende und detailliert belegte Darstellung der maßgeblichen Grundlagen der familienrechtlichen Vertragsgestaltung. Die Durchführung einer Güterstandsschaukel oder einer Ehegattenzuwendung unter größtmöglicher Vermeidung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen gelingt mit dem Münch in hervorragender Weise. Sämtliche Vertragsmuster sowie die Checklisten stehen dem Leser zum Download zur Verfügung. Das Handbuch ehebezogener Rechtsgeschäfte ist ein Must-have in der korrespondierenden familienrechtlichen Beratung zur effektiven Vermögensnachfolge.
Roglmeier
Der Pflichtteil: Die Rechte der Enterbten Ratgeber für Berechtigte und Verpflichtete
2. Auflage, 2024 C.H.BECK, ISBN 978-3-406-80797-8, 11,90 EUR
In der Reihe Beckkompakt ist nach zehn Jahren nunmehr die 2. Auflage des Ratgebers der Enterbten erschienen. Roglmeier arbeitet in diesem für den Laien konzipierten Ratgeber den Komplex Pflichtteilsrecht sowohl aus Sicht des Erben als auch des Pflichtteilsberechtigten auf. Wesentliche Begriffe werden kurz und prägnant erläutert und die einzelnen Kapitel auf den Punkt zusammengefasst. Eine Vielzahl von Beispielen erleichtern das Verständnis und die Übertragung auf die eigene Lebenssituation. An geeigneter Stelle hat Roglmeier auch Musterformulierungen mit aufgenommen, so etwa ein Aufforderungsschreiben zur Auskunft gemäß § 2314 BGB. Das Muster erfasst allerdings nur den realen Nachlass und nicht die Pflichtteilsergänzungsansprüche im Sinne des § 2325 BGB. Es wäre sicherlich sinnvoll, an dieser Stelle in der 3. Auflage eine Ergänzung vorzunehmen. Die Lektüre dieses kompakten Werks ist stets eine Bereicherung, da sie eine komplexe Rechtslage in gut verständlichen Worten zusammenfasst und der juristische Leser so auch seinen eigenen Sprachgebrauch gegenüber dem Mandanten schärfen kann.
Wachter/Heckschen (Hrsg.)
Praxis des Handels- und Gesellschaftsrechts
Handbuch 6. Auflage, 2024 Deutscher Notarverlag, ISBN 978-3-95646-300-6, 299 EUR
Die 6. Auflage des Standardwerks zum Handels- und Gesellschaftsrecht ist geprägt durch eine Vielzahl an gesetzgeberischen Änderungen und Neuerungen, die von den Bearbeitern in gewohnt hervorragende Art und Weise aufbereitet und umgesetzt worden sind. Das Handbuch teilt sich ein in das Handelsrecht im 1. Teil und das Gesellschaftsrecht im 2. Teil. Exemplarisch für dieses außergewöhnliche Werk sei hier das von Friz/Grünwald bearbeitete 17. Kapitel zur Nachfolge in Gesellschaftsbeteiligungen herausgegriffen. Die Bearbeiter, die ihrem Kapitel ein umfangreiches Literaturverzeichnis vorangestellt haben, widmen sich zunächst der steuerlichen Behandlung der Unternehmensnachfolge, um sich sodann mit der Rechtsnachfolge von Todes wegen und im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auseinanderzusetzen. Die von ihnen an geeigneter Stelle eingearbeiteten Beispiele erleichtern dem Leser die konkrete Anwendung. Eine Vielzahl praxiserprobter und praxisgeeigneter Muster machen diese Bearbeitung zu einem unverzichtbaren Bestandteil der eigenen Beratungs- und Gestaltungspraxis. Der Leser profitiert auf jeder Seite des Handbuchs von der jahrelangen Praxiserfahrung und Expertise der Autoren. Diese haben das Werk im Geiste des zu früh verstorbenen Kollegen Wachter weiterentwickelt und ihm so ein würdiges Andenken bewahrt.
Wagner
Die Doppelausschlagung werthaltiger Nachlässe im Namen des Minderjährigen
Ein Instrument zur Lenkung der Erbrechtsnachfolge?
2024 Nomos, ISBN 978-3-7560-1878-9, 129 EUR
Die vorliegende Arbeit wurde im Februar 2024 durch die rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Konstanz als Dissertation angenommen und durch Fehrenbacher betreut. Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel. Ausgehend von einer Einführung, die den Gang der Untersuchung und die Problemstellungen darstellt, widmet sich Wagner der Erbausschlagung durch den Minderjährigen, der erforderlichen Mitwirkung Dritter sowie den Grundlagen der Ausschlagungsentscheidung. Das 5. Kapitel widmet sich ausführlich dem Lenkungszielen und dessen Fehlgehen. Die Arbeit schließt im 6. Kapitel mit einem Gesamtfazit sowie einem Ausblick ab. Die hervorragende Arbeit, die wissenschaftlich fundiert das Ausschlagungsrecht im Kontext Minderjähriger aufbereitet, kommt zu dem überzeugenden Ergebnis, dass unter bestimmten Umständen die zulässige, lenkende Ausschlagung zu unerwünschten und nicht behebbaren Folgen führen kann. Rechtssicherheit, so die Schlussfolgerung von Wagner, können nur durch ein Tätigwerden des Gesetzgebers in Form zusätzlich normierter Anfechtungsgründe geschaffen werden. Wagner betont, dass der BGH durch seine Entscheidung zur Beachtlichkeit eines Irrtums über die Person des Nächstberufenen zwar grundsätzlich Rechtssicherheit geschaffen, gleichzeitig aber das Risiko einer lenkenden Ausschlagung deutlich hervorgehoben hat. Die gut lesbare und strukturierte Arbeit ist eine große Bereicherung für jeden Leser.
Weiler
Der bevollmächtigte Testamentsvollstrecker
Fachbuch 2024 zerb verlag, ISBN 978-3-95661-159-9, 49 EUR
Die vorliegende Arbeit wurde ihren im Sommersemester 2024 von der juristischen Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation angenommen. Die vorliegende Arbeit setzt sich mit der Wechselwirkung auseinander, die entsteht, wenn den Testamentsvollstrecker durch den Erblasser eine trans- oder postmortale Vollmacht erteilt wird. Weiler kommt zu dem überzeugenden Ergebnis, dass sich die Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers durch eine vom Erblasser erteilte Vollmacht in zeitlicher wie in sachlicher Hinsicht grundsätzlich erweitern lässt .Weiler geht in ihrer Arbeit insbesondere auch der Frage nach, inwieweit die Vollmacht an die Person des Testamentsvollstreckers unwiderruflich erteilt werden kann. Den Abschluss der Arbeit bildet ein Formulierungsvorschlag für eine transmortal begleitende Vollmacht für den Testamentsvollstrecker, die sich hervorragend für die Praxis eignet. Weiler leistet mit ihrer Dissertation einen wertvollen Beitrag zum Verständnis und zur Gestaltung des bevollmächtigten Testamentsvollstreckers.