Beitrag

A. Einleitung

Verfasser: Dr. Wolfram Viefhues weitere Aufsicht führender Richter am Amtsgericht a.D.

Diesmal trägt unsere e-Broschüre den Titel „Basisdokument und smarte Klage-Tools“ und nimmt damit Bezug auf den gleichnamigen Beitrag von Prof. Dr. Ralf Köbler, Präsident des Landgerichts Darmstadt, der sich schon seit Jahren führend an der Diskussion um neue und zeitgemäße Wege für die Durchführung gerichtlicher Verfahren beteiligt und hier – wieder einmal – einen interessanten Vorschlag erläutert (siehe auch seinen Beitrag in Ausgabe 03/2021).

Der zweite Hauptbeitrag dieser Ausgabe von Ilona Cosack befasst sich natürlich mit dem beA.

Wir sind besonders stolz, vermelden zu können, dass unsere „Stamm-Autorin“ Ilona Cosack beim Anwaltstag am 23.6.2022 in Hamburg den Benno-Heussen-Preis von der Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement des DAV verliehen bekommen hat.

Herzlichen Glückwunsch, liebe Frau Cosack!

In dieser Ausgabe der e-Broschüre liefern wir Ihnen weitere Informationen rund um die Digitalisierung in Justiz und öffentlicher Verwaltung.

Während die unten aufgeführten Einzelinformationen auf den ersten Blick ein recht positives Bild darstellen, ist der zweite Blick dann schon weniger erfreulich.

Die Satire-Sendung heute-show kritisierte zuletzt die Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes OZG und die Verwaltungsdigitalisierung. Die gesetzte Vorgabe, das OZG fristgerecht bis Ende 2022 umzusetzen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Nur knapp 15 % der Verwaltungsleistungen seien bisher online zugänglich und von Medienbruchfreiheit sei man weit entfernt, so der heute-show Moderator Oliver Welke. Deutschland liege weit abgeschlagen in Bezug auf den Stand der Online-Behördendienste und könne bei so einem Tempo auch keine großen Sprünge nach vorne machen. Er sah den Föderalismus in Deutschland als Grund für die Miesere.

Unter dem Motto „Post-Corona: Chance zur Neuaufstellung“ fand Anfang Mai der Digitale Staat 2022 in Berlin statt. Auch Dr. Markus Richter, Bundes-CIO und Staatssekretär im Bundesinnenministerium, zeigte bei seinem Eröffnungsplädoyer ein wenig erfreuliches Bild auf. Man könne nicht sagen, dass der Staat den stark gestiegenen digitalen Erwartungshaltungen der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen an die Verwaltung gerecht geworden sei. Zwar seien digitale Lösungen oft und schnell verfügbar, es scheitere jedoch meist an anderen Dingen, wie zum Beispiel der flächendeckenden Implementierung. Auch die Vernetzung laufe in vielen Teilen noch nicht gut. Es gebe heute immer noch Kommunen, die völlig isoliert arbeiten.

Und die Situation in der Justiz hat auch noch – um eine positive Formulierung zu verwenden – erhebliches Optimierungspotential.

Martin Schafhausen, Rechtsanwalt in Frankfurt/Main und Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV) schreibt in einem Gastbeitrag für lto zur Digitalisierung im Rechtsbereich „Die Anwaltschaft hat geliefert, wo bleibt die Justiz? Wann kommt die Justiz bei der Digitalisierung endlich in die Spur?

Die Anwaltschaft jedenfalls habe „geliefert“ und korrespondiere mit den Gerichten nur noch elektronisch. Die Anwaltschaft erfülle damit den Zweck des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und liefere den Gerichten die elektronischen Dokumente, die die Gerichte für die eigene Digitalisierung benötigen, aber nicht selbst digitalisieren können oder möchten.

Nichts Anderes gelte im Übrigen für die Digitalisierung der anwaltlichen Tätigkeit. Aber damit erwarte auch die Anwaltschaft die Übermittlung elektronischer Dokumente. Es sei nicht einzusehen, dass die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und andere professionell Einreichende noch Jahre zuwarten müssen, bis die Gerichte flächendeckend selbst nur noch elektronische Dokumente übermitteln. Man sei nicht in Vorleistung gegangen, um gerichtliche Druckstraßen zu beliefern!

Dabei auf den 1.1.2026 und die bis dahin angekündigte Einführung der elektronischen Akte in der Justiz zu hoffen, sei einerseits (viel) zu spät, andererseits im Hinblick auf das „Ereignis“, das die Anwaltschaft mit diesem Datum verbinden, trügerisch. Es möge zwar sein, dass die (verbindliche) Einführung der gerichtlichen e-Akte in aller Regel dazu führen wird, dass die Gerichte dann nur noch elektronisch kommunizieren, die Verfahrensordnungen ordnen dies aber nicht ausdrücklich an. Auf seiner der Wunschliste an den Gesetzgeber stehe daher aus Sicht der Anwaltschaft der klarstellende Hinweis, dass und ab wann auch die Gerichte die Pflicht haben, mit den Verfahrensbevollmächtigten, die zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs verpflichtet sind, nur noch elektronisch zu kommunizieren.

Zur Digitalisierung der Justiz ein interessantes Detail aus Hessen. Bei der Wahl des neuen Ministerpräsidenten wurde nur ein Kabinettsposten umbesetzt. Dem Vernehmen nach kostete die Nicht-Digitalisierung in der Justiz die bisherige Ministerin Eva Kühne-Hörmann ihr Amt. Die Kritik an der Ministerin war scharf und betraf vor allem die E-Akte. Die Opposition, aber auch der Landesrechnungshof hatten schwere Fehlleistungen moniert. Eva Kühne-Hörmann wurde ersetzt durch Roman Poseck, bisher Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt. Ausgerechnet im Pandemiejahr 2020 hatte das Oberlandesgericht so viele Zivilverfahren erledigt wie nie zuvor – unter anderem, weil dort Verhandlungen per Videotechnik durchgeführt worden sind.

Wir wünschen Ihnen eine angenehme und nutzbringende Lektüre unserer e-Broschüre.

Dr. Wolfram Viefhues

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