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D. beA bekommt Gesellschaft

Neben dem Gesellschaftspostfach, das zum 1.8.2022 für Berufsausübungsgesellschaften zur Verfügung stehen soll, ist mit dem Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 5.10.2021 die Grundlage für weitere elektronische Postfächer gelegt worden:

I.Steuerberater erhalten ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt)

1.Zustellung von elektronischen Dokumenten (§ 173 ZPO)

In § 173 ZPO Zustellung von elektronischen Dokumenten wird die Verpflichtung, einen sicheren Übermittlungsweg zu eröffnen, für Rechtsanwälte, Notare, Gerichtsvollzieher sowie Behörden, Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts festgelegt.

Steuerberater oder sonstige in professioneller Eigenschaft am Prozess beteiligte Personen, Vereinigungen und Organisationen, bei denen von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann, sollen einen sicheren Übermittlungsweg für die elektronische Zustellung eröffnen.

Zum 1.1.2023 wird die Sollvorschrift des Satzes 2 für Steuerberater zur Mussvorschrift.

Zur Umsetzung des beSt soll eine Steuerberaterplattform entstehen, mit deren Einrichtung die DATEV beauftragt wurde.

II.Personen, Vereinigungen und Organisationen erhalten ein elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach (eBO)

Mit Artikel 6 wird die ERVV geändert und es wird ein neues Kapitel 4 eingefügt:

„Besonderes elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach“

„(1) Natürliche Personen, juristische Personen sowie sonstige Vereinigungen können zur Übermittlung elektronischer Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg ein besonderes elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach verwenden,

1. das auf dem Protokollstandard OSCI oder einem diesen ersetzenden, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Protokollstandard beruht,

2. bei dem die Identität des Postfachinhabers festgestellt worden ist,

3. bei dem der Postfachinhaber in ein sicheres elektronisches Verzeichnis eingetragen ist,

4. bei dem sich der Postfachinhaber beim Versand eines elektronischen Dokuments authentisiert und

5. bei dem feststellbar ist, dass das elektronische Dokument vom Postfachinhaber versandt wurde.“

Das eBO soll für alle Beteiligten, die kein beA, beN, beBPo oder beSt erhalten können, eine Möglichkeit sein, am ERV teilzunehmen. Das können z.B. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, Sachverständige, Dolmetscher oder auch Bürger sein, die unmittelbar mit der Justiz in Kontakt stehen.

Das eBO wird bereits zum 1.1.2022 Realität, allerdings fehlen bislang konkrete Regelungen der einzelnen Bundesländer zur Eintragung in Verzeichnisse, zur Authentifizierung und zur Umsetzung im Allgemeinen.

In § 11 der ERVV wurden die Rahmenbedingungen für die Identifizierung und Authentisierung des Postfachinhabers festgelegt:

„(1) Die Länder oder mehrere Länder gemeinsam bestimmen jeweils für ihren Bereich eine öffentlich­rechtliche Stelle, die die Freischaltung eines besonderen elektronischen Bürger- und Organisationenpostfachs veranlasst.

(2) Der Postfachinhaber hat im Rahmen der Identitätsfeststellung seinen Namen und seine Anschrift nachzuweisen.“

So wird es z.B. möglich sein, mit einem elektronischen Identitätsnachweis (ePerso) einen Nachweis zu führen. Aber auch eine „in öffentlich beglaubigter Form abgegebene Erklärung über den Namen und die Anschrift des Postfachinhabers sowie die eindeutige Bezeichnung des Postfachs“ werden möglich sein.

Daher wird das eBO für Vereinigungen und Organisationen erst zum 1.1.2024 verpflichtend.

III.Zustellungen

Auch für die Gerichtsvollzieher, deren Gebühren ab 1.11.2021 um ca. 10 Prozent erhöht wurden, hält der ERV neue Aufgaben bereit:

1.Zustellung durch Gerichtsvollzieher (§ 192 ZPO)

㤠192 ZPO wird wie folgt gefasst:

Die von den Parteien zu betreibenden Zustellungen erfolgen unbeschadet der Zustellung im Ausland (§ 183) durch den Gerichtsvollzieher. Im Verfahren vor dem Amtsgericht kann die Partei den Gerichtsvollzieher durch Vermittlung durch die Geschäftsstelle des Prozessgerichts mit der Zustellung beauftragen. Insoweit hat diese den Gerichtsvollzieher mit der Zustellung zu beauftragen.”

2.Zustellung von Schriftstücken (§ 193 ZPO)

„§ 193 ZPO wird wie folgt geändert:

(1) Soll ein Dokument als Schriftstück zugestellt werden, so übermittelt die Partei dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Dokument

1. in Papierform zusammen mit den erforderlichen Abschriften oder

2. als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg.

Im Falle des Satzes 1 Nummer 1 beglaubigt der Gerichtsvollzieher die Abschriften; er kann fehlende Abschriften selbst herstellen. Im Falle des Satzes 1 Nummer 2 fertigt der Gerichtsvollzieher die erforderlichen Abschriften als Ausdrucke selbst und beglaubigt diese.”

3.Zustellung von elektronischen Dokumenten (§ 193a ZPO)

„Nach § 193 wird folgender § 193a eingefügt:

Soll ein Dokument als elektronisches Dokument zugestellt werden, so übermittelt die Partei dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Dokument

1. elektronisch auf einem sicheren Übermittlungsweg oder

2. als Schriftstück.

Im Falle des Satzes 1 Nummer 2 überträgt der Gerichtsvollzieher das Schriftstück in ein elektronisches Dokument.

Als Nachweis der Zustellung dient die automatisierte Eingangsbestätigung. Der Zeitpunkt der Zustellung ist der in der automatisierten Eingangsbestätigung ausgewiesene Zeitpunkt des Eingangs in dem vom Empfänger eröffneten elektronischen Postfach. Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ist die automatisierte Eingangsbestätigung mit dem zuzustellenden elektronischen Dokument zu verbinden und der Partei zu übermitteln, für die zugestellt wurde. Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 fertigt der Gerichtsvollzieher einen Ausdruck der automatisierten Eingangsbestätigung, verbindet den Ausdruck mit dem zuzustellenden Schriftstück und übermittelt dieses der Partei, für die zugestellt wurde.”

4.Zustellung von Anwalt zu Anwalt (§ 195 ZPO)

Die besondere Bedeutung der Zustellung von Anwalt zu Anwalt kommt in der Änderung zum Ausdruck:

„§ 195 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 5 wird wie folgt gefasst:

„Für die Zustellung von Anwalt zu Anwalt gelten § 173 Absatz 1 und § 175 Absatz 2 Satz 1 entsprechend.”

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Zum Nachweis der Zustellung eines Schriftstücks genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis desjenigen Anwalts, dem zugestellt worden ist“. …

cc) Nach Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:

Die Zustellung eines elektronischen Dokuments ist durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis in Form eines strukturierten Datensatzes nachzuweisen.”

Danach wird die Zustellung von Anwalt zu Anwalt durch eEB prägend für den ERV werden.

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