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Beruf und Familie

Das neue Jahr hat begonnen. Mit dem Jahreswechsel sind zahlreiche arbeitsrechtliche Änderungen zu berücksichtigen, die wir Ihnen bereits im letzten Monat im Infobrief Arbeitsrecht vorgestellt haben. Nun wollen wir uns einem Teilausschnitt der anstehenden Änderungen im Bereich „Beruf und Familie“ widmen, da dieser Bereich gerade in der arbeitsrechtlichen Praxis zunehmend an Bedeutung gewinnt.

I.

Telefonische Krankschreibung

Der gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken hat in seiner Sitzung am 7.12.2023 beschlossen, dass eine telefonische Krankschreibung, die sich zur Entlastung der Arztpraxen bereits während der Corona-Pandemie bewährt hat, nun wieder möglich ist. Voraussetzung ist, dass es sich lediglich um einen leichten grippalen Infekt handelt und der Patient der Praxis bereits bekannt ist. Zudem ist die telefonische Krankschreibung auf maximal fünf Kalendertage beschränkt und kann telefonisch nicht verlängert werden. Wer eine Folgebescheinigung benötigt, muss die Arztpraxis aufsuchen. Wurde die erstmalige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anlässlich eines Praxisbesuchs ausgestellt, kann die Krankschreibung per Telefon verlängert werden (vgl. https://­www.bundesregierung.de/­breg-­be/­themen/­arbeit-­undsoziales/­telefonische-­krankschreibung-­1800026).

Auch die Erkrankung eines Kindes kann nun nach telefonischem Kontakt mit den Eltern bescheinigt werden. Die Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes (Formular 21) kann nach telefonischer Anamnese für bis zu fünf Kalendertage ausgestellt werden. Voraussetzung für eine telefonische Krankschreibung eines Kindes ist, dass dem Arzt das Kind bekannt ist und es sich nicht um eine Erkrankung mit schwerer Symptomatik handelt. Das Kind darf zudem noch nicht zwölf Jahre alt sein; diese Altersgrenze gilt jedoch nicht, wenn das Kind behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Eltern haben keinen Anspruch auf eine Kinderkrankschreibung per Telefon. Die Entscheidung, ob es medizinisch vertretbar ist, trifft in jedem Fall der Arzt. Eine weitere telefonische Bescheinigung ist erlaubt, wenn der Arzt das Kind zwischenzeitlich persönlich untersucht hat. Damit gelten die gleichen Regelungen wie bei der telefonischen Krankschreibung von Erwachsenen.

Die vorstehenden Regelungen gelten seit dem 18.12.2023 und gelten voraussichtlich bis zum 30.6.2024.

II.

Kinderkrankentagegeld

Die anlässlich der Corona-Pandemie eingeführten Sonderregelungen für die Höchstzahl der Tage mit Anspruch auf Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes gem. § 45 SGB V ist am 31.12.2023 ausgelaufen. Daher würde nun wieder die reguläre Anzahl – von bis zu zehn – Kinderkrankengeldtagen gelten.

Mit dem Pflegestudiumstärkungsgesetz (PflStudStG) (vgl. BGBl I. Nr. 359 v. 15.12.2023) wurde jedoch festgelegt, dass der Anspruch auf Kinderkrankengeldtage auch in den Jahren 2024 und 2025 erhöht wird.

Nach der Neuregelung können

  • Elternteile in den Jahren 2024 und 2025 jeweils 15 (statt 10) Kinderkrankengeldtage je Kind beziehen,

  • Alleinerziehende je Kind 30 (statt 20) Kinderkrankengeldtage,

  • die Gesamtzahl der jährlichen Kinderkrankengeldtage je Elternteil steigt auf 35 (statt 25) Kinderkrankengeldtage,

  • für Alleinerziehende auf insgesamt 70 (statt 50) Kinderkrankengeldtage.

Der Anspruch auf das Kinderkrankentagegeld besteht nach § 45 Abs. 3 SGB V weiterhin nur dann, wenn die Beschäftigten aufgrund der Erkrankung ihres Kindes nicht bereits gegenüber dem Arbeitgeber nach § 616 BGB einen Anspruch auf bezahlte Freistellung haben.

Arbeitgeber sollten daher im eigenen Interesse bei der Gestaltung der Arbeitsverträge darauf achten, dass der Anspruch auf Vergütung bei einer vorrübergehenden persönlichen Verhinderung gem. § 616 BGB abbedungen wird und nur ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung besteht.

III.

Elternzeit, Elterngeld und Familienstartzeit

Seit dem 1.1.2024 müssen Arbeitgeber der zuständigen Krankenkasse nach § 28a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und 4a SGB IV i.V.m. § 12 Abs. 6 DEÜV auch den Beginn und das Ende einer Elternzeit melden. Bei geringfügig Beschäftigten und privatversicherten Mitarbeitern entfällt die Meldepflicht.

Zudem haben sich die Koalitionsfraktionen nach einer – auch in den Medien geführten – kontroversen Diskussion auf eine Absenkung der Einkommensgrenze für das Elterngeld verständigt. Die Einkommensgrenze wird nun in zwei Schritten abgesenkt:

  • Für Geburten ab dem 1.4.2024 sinkt die Einkommensgrenze für Paare von 300.000 EUR auf 200.000 EUR und für Alleinerziehende von 250.000 EUR auf 150.000 EUR,

  • für Geburten ab dem 1.4.2025 sinkt die Einkommensgrenze für Paare noch einmal auf 175.000 EUR.

Weiterhin wird die Möglichkeit für Eltern, das Elterngeld parallel zu beziehen, neu geregelt. Ein gleichzeitiger Bezug ist zukünftig nur noch für maximal einen Monat bis zum 12. Lebensmonat des Kindes möglich. Ausnahmen für den parallelen Bezug von Elterngeld gibt es beim ElterngeldPlus, beim Partnerschaftsbonus und bei Mehrlingen sowie Frühchen; wegen näherer Einzelheiten verweisen wir auf die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf deren Internetseiten veröffentlichte Übersicht „Elterngeld“ sowie die „Fragen und Antworten zu den Neuregelungen des Elterngelds ab 1.4.2024“.

Zum 1.1.2024 sollte auf Basis des vom Familienministerium vorgelegten Referentenentwurfs das Familienstartzeitgesetz („Vaterschaftsurlaub“) in Kraft treten. Das Familienstartzeitgesetz sollte dem Partner einen Anspruch auf bezahlte Freistellung für die Dauer von zehn Arbeitstagen nach der Geburt eines Kindes gewähren.

Der Entwurf enthält im Wesentlichen folgende Regelungen:

  • Einführung eines Freistellungsanspruchs des Partners/der Partnerin in den ersten zehn Arbeitstagen nach einer Geburt, § 25a MuSchG.

  • Anspruchsberechtigt kann der andere Elternteil oder eine von der Frau benannte Person sein, wenn der andere Elternteil nicht mit der Frau in einem Haushalt lebt.

  • Anrechnung der Zeit der Partnerfreistellung auf den Anspruch auf Elternzeit.

  • Partnerschaftslohn in Höhe des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten drei Kalendermonate, ggf. unter Anrechnung auf Elterngeld.

  • Deckung der Kosten der Freistellung sollen aus dem arbeitgeberfinanzierten U2-Umlageverfahren gedeckt werden.

  • Die neuen Partnerschaftsleistungen orientieren sich an den Mutterschaftsleistungen.

  • Eltern, deren Kind bereits vier Wochen oder früher vor dem voraussichtlichen Entbindungstag geboren wurde, erhalten einen weiteren Basiselterngeldmonat.

Die Familienstartzeit dient der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1158 (Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige), die schon bis zum 2.8.2022 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Da diese Frist bereits seit einigen Monaten abgelaufen ist, hat die EU gegen Deutschland bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Dennoch wurde das Familienstartzeitgesetz bislang nicht verabschiedet. Der Referentenentwurf befindet sich weiterhin in der Ressortabstimmung, weil die Finanzierung der Familienstartzeit noch nicht abschließend politisch geklärt ist.

IV.

Ausblick

Arbeitgeber werden zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zunehmend durch immer detaillierte Neuregelungen in die Pflicht genommen und müssen sich dieser Komplexität stellen, um rechtskonform zu sein, aber auch, um im Wettbewerb um die hierum wissenden Bewerber bestehen zu können.

Dr. Tilman Isenhardt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Köln, isenhardt@michelspmks.de

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