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Terminvorschau BAG 01-2023

– BAG 6 AZR 157/22 –

Kündigung durch den Insolvenzverwalter – Massenentlassungsanzeige – Ermittlung der regelmäßigen Betriebsgröße i.S.d. § 17 Abs. 1 KSchG

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Der Kläger war seit 1994 bei der V.-GmbH als Maschinenschlossermonteur und Servicetechniker beschäftigt. Bis September 2020 beschäftigte die Arbeitgeberin insgesamt 25 Arbeitnehmer. Am 29.9.2020 stellte der Geschäftsführer der Arbeitgeberin beim zuständigen Amtsgericht einen Insolvenzantrag. Das Amtsgericht ordnete am selben Tag die vorläufige Insolvenzverwaltung an und bestellte den Beklagten zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit Beschl. v. 1.12.2020 eröffnete es das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter. Am 2.12.2020 sprach dieser gegenüber dem Kläger sowie zehn weiteren Arbeitnehmern betriebsbedingte Kündigungen aus. Eine Massenentlassungsanzeige hatte er zuvor nicht erstattet.

Mit seiner Klage hat der Kläger sich gegen die ausgesprochene Kündigung gewandt und seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigten Abschluss des Verfahrens begehrt. Er hat geltend gemacht, die Kündigung sei unwirksam. Es fehle u.a. an der erforderlichen Massenentlassungsanzeige. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, einer Massenentlassungsanzeige habe es vor Ausspruch der Kündigung nicht bedurft. Die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG maßgebliche Betriebsgröße von in der Regel mehr als 20 im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern sei nicht erreicht. Für die Feststellung der regelmäßigen Betriebsgröße komme es auf eine stichtagsbezogene Betrachtung am Entlassungstag an. An diesem Tag seien weniger als 20 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Von den ursprünglich im September noch beschäftigten 25 Arbeitnehmern seien zwei bereits zum 30.9.2020 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin ausgeschieden. Vier weitere Arbeitsverhältnisse hätten aufgrund von Aufhebungsverträgen im November geendet.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision.

Vorinstanz: LAG Hamburg, Urt. v. 3.2.2022 – 3 Sa 16/21

Termin der Entscheidung: 16.2.2023, 10:00 Uhr

Zuständig: Sechster Senat

– BAG 8 AZR 450/21 –

Schadensersatz und Entschädigung – Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts – Widerlegung der Vermutung einer geschlechtsbezogenen Entgeltbenachteiligung

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aufgrund von Entgeltdiskriminierung wegen ihres Geschlechts geltend.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie mit 180 Mitarbeitern. Sie stellte zum 1.1.2017 Herrn P. und zum 1.3.2017 die Klägerin als Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterin im Vertrieb ein. Beiden bot sie im Rahmen der Vertragsverhandlungen ein monatliches Grundgehalt von 3.500,– EUR in der Einarbeitungszeit und ab dem 1.11.2017 eine zusätzliche, erfolgsabhängige Vergütung an. Die Klägerin akzeptierte das Angebot und vereinbarte daneben mit der Beklagten 20 Tage unbezahlte Freistellung pro Jahr. Herr P. war mit dem Angebot nicht einverstanden und verlangte für die Dauer der Einarbeitungszeit bis zum 31.10.2017 eine monatliche Grundvergütung von 4.500,– EUR. Die Beklagte stimmte dem zu. Mit Herrn P. vereinbarte sie zum 1.7.2018 außerdem eine Erhöhung des – nach der Einarbeitungszeit abgesenkten – monatlichen Grundentgelts auf 4.000,– EUR bei gleichzeitiger Reduzierung der erfolgsabhängigen Vergütung. Mit dem weiteren, seit 1985 beschäftigten Vertriebsmitarbeiter Herrn G. vereinbarte die Beklagte zum 31.7.2018 ein monatliches außertarifliches Grundgehalt von 4.500,– EUR. Die Klägerin, Herr G. und Herr P. haben als Vertriebsmitarbeiter dieselben Verantwortlichkeiten und Befugnisse. Zum 1.8.2018 trat bei der Beklagten ein Haustarifvertrag in Kraft, der die Überführung der individuellen Entgelte der Beschäftigten in Entgeltgruppen vorsah. Für den Fall, dass das neue tarifliche Grundentgelt höher war als das bisherige Entgelt des jeweiligen Mitarbeiters, war eine gedeckelte Anpassung um nicht mehr als 120,– EUR vorgesehen. Die Klägerin und Herr P. wurden in dieselbe tarifliche Entgeltgruppe überführt. Das Entgelt in dieser Entgeltgruppe betrug 4.140,– EUR. Aufgrund der Deckelung wurde das Grundentgelt der Klägerin jedoch lediglich auf 3.620,– EUR angehoben, das des Herrn P. auf 4.120,– EUR. Herrn G. führte die Beklagte weiter als außertariflichen Angestellten mit einem Grundgehalt von 4.500,– EUR.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung weiterer Vergütung i.H.v. 14.500,– EUR brutto. Sie hat gemeint, ihr stehe hinsichtlich des Grundentgelts dieselbe Vergütung zu, wie sie Herr P. erhalten habe. Sie übe gleichwertige Tätigkeiten aus und werde durch die geringere Entlohnung wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Die Deckelungsregel in dem Tarifvertrag sei unwirksam, soweit damit die rechtswidrige Entgeltdiskriminierung verfestigt werde. Außerdem verlangt die Klägerin eine angemessene Entschädigung für die erlittene Diskriminierung. Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, die höhere Vergütung des Herrn P. beruhe auf den mit ihm geführten Vertragsverhandlungen und sei im Rahmen der Vertragsfreiheit zulässig. Herr G. erhalte aufgrund seiner langen Betriebszugehörigkeit und seiner Verdienste für den Vertrieb eine höhere Vergütung. Der Tarifvertrag sei geschlechtsneutral ausgestaltet und diskriminiere die Klägerin nicht.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin weiterhin die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche.

Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urt. v. 3.9.2021 – 1 Sa 358/19

Termin der Entscheidung: 16.2.2022, 10:00 Uhr

Zuständig: Achter Senat

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