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Terminvorschau BAG 2022-03

Neue anhängige Rechtsfragen

– BAG 9 AZR 228/21 –

Begründung eines Arbeitsverhältnisses nach §§ 9, 10 AÜG und Folgeansprüche

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen nach §§ 9, 10 AÜG ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist, sowie über Ansprüche aus diesem eventuellen Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin hat die französische Staatsbürgerschaft. Sie schloss im Jahr 2014 mit der A. S.A., einer französischen Gesellschaft mit Sitz in Paris, einen Arbeitsvertrag in französischer Sprache, welcher auf den einschlägigen französischen Manteltarifvertrag verweist. Die Klägerin ist kein Mitglied einer deutschen Gewerkschaft.

Vom 1.10.2014 bis zum 30.4.2016 entsandte die A S.A. die Klägerin zur Arbeitsleistung an die in Deutschland ansässige Beklagte. Grundlage war ein zwischen den beiden Unternehmen geschlossener Vertrag über Beratungsdienstleistungen, für den die Geltung französischen Rechts vereinbart war. Eine deutsche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hatte die A S.A. in diesem Zeitraum nicht. Ab dem 1.5.2016 arbeitete die Klägerin für andere Kunden der A S.A, ihre Tätigkeit bei der Beklagten übernahm eine andere Mitarbeiterin. Mit Schreiben vom 12.4.2019 kündigte die A S.A. das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin. Vorsorglich kündigte danach auch die Beklagte ein etwaig zu ihr bestehendes Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei von der A S.A. ohne die dafür erforderliche Erlaubnis als Arbeitnehmerin an die Beklagte überlassen worden, wo sie weisungsabhängig für diese gearbeitet habe und in deren Betrieb eingegliedert gewesen sei. Infolgedessen sei gem. § 10 Abs. 1 AÜG aF ab dem 1.10.2014 ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande gekommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise stattgegeben und ein Arbeitsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter bejaht. Die Klägerin sei nicht als Erfüllungsgehilfin eines externen Dienstleisters tätig gewesen, sondern vielmehr in die Betriebsorganisation der Beklagten eingegliedert worden. Für diese Feststellung bedürfe es nicht in jedem Fall der Darlegung von Einzelanweisungen des Arbeitgebers. Arbeitnehmerüberlassung könne sich auch aus den mit dem Verleiher vereinbarten und den von dem Entleiher übertragenen Aufgaben eines Leiharbeitnehmers ergeben. Der Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und der A S.A. unterliege zwar französischem Recht und sei daher wirksam. § 9 Nr. 1 AÜG sei aber eine zwingende Eingriffsnorm i.S.d. Art. 9 Abs. 1 der VO EG 593/2008 (Rom I-VO) und finde deshalb trotzdem Anwendung. Daher gelte ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und der Leiharbeitnehmerin gem. § 10 Abs. 1 AÜG als zustande gekommen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg (Kammern Mannheim) – 12 Sa 15/20, Teilurteil v. 9.4.2021

Termin der Entscheidung: 26.4.2022, 10:00 Uhr

Zuständig: Neunter Senat

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