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LAG München: Kein Anspruch auf Tätigkeit im Homeoffice

1. Gestattet ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, seine Tätigkeit als Grafiker von zuhause aus zu erbringen, ist er gemäß § 106 S. 1 GewO berechtigt, seine Weisung zu ändern, wenn sich später betriebliche Gründe herausstellen, die gegen eine Erledigung von Arbeiten im Homeoffice sprechen.

2. Ein Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, an seinem Wohnsitz seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen.

3. Es fehlt an der Eilbedürftigkeit einer Regelung zur Arbeit von zuhause aus, wenn es der Verfügungskläger versäumt, seinen Antrag zeitnah im Hauptsacheverfahren durchzusetzen und der nunmehr anberaumte, auf Antrag seiner Verfahrensbevollmächtigten zweimal verlegte Kammertermin im Hauptsacheverfahren in acht Wochen stattfindet, wovon der zweifach geimpfte Verfügungskläger bei niedriger Inzidenz der SARS-Cov-2 Pandemie drei Wochen Urlaub hat und in einem Einzelbüro arbeitet.

(Amtliche Leitsätze)

LAG München, Urteil v. 26.8.2021 – 3 SaGa 13/21

I. Der Fall

Der Kläger ist als Grafiker bei der Beklagten tätig. Seit Dezember 2020 erlaubte die Beklagte ihren Arbeitnehmern die Tätigkeit aus dem privaten Homeoffice. Der Kläger hatte hierzu erklärt, ihm stünden die notwendigen technischen Geräte, insbesondere ein Computer, auf dem das notwendige Grafikprogramm für seine Tätigkeit installiert ist, zur Verfügung. Später stellte sich heraus, dass der Computer sowie das Grafikprogramm im Eigentum der Ehefrau des Klägers stand und die auf dem häuslichen Computer installierte Programmversion nicht mit derjenigen der Beklagten übereinstimmte.

Nachdem der Kläger in der Anfangszeit seiner Tätigkeit im Homeoffice, wie von der Beklagten gefordert, Anfang und Ende seiner Arbeitszeit elektronisch erfasste, unterließ er diese Meldungen ab einem nicht näher mitgeteilten Zeitpunkt. Darüber hinaus nahm er an fünf virtuellen Mitarbeitermeetings nicht teil.

Die Beklagte forderte den Kläger mit E-Mail vom 24.2.2021 auf, seine Tätigkeit zukünftig wieder in den Büroräumen der Beklagten durchzuführen. Darüber hinaus ordnete sie an, dass der Kläger Anfang und Ende seiner Tätigkeit entsprechend zu dokumentieren habe.

Der Kläger hat die Beklagte u. a. auf die Erlaubnis zur Fortsetzung seiner Tätigkeit im Homeoffice in Anspruch genommen. Zur kurzfristigen Durchsetzung des von ihm geltend gemachten Anspruchs, seine Arbeitstätigkeit im Homeoffice erbringen zu dürfen, hat er darüber hinaus den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Den Antrag hat das Arbeitsgericht zurückgewiesen. Die hiergegen von dem Kläger eingelegte Berufung hatte vor dem LAG München keinen Erfolg.

II. Die Entscheidung

Das LAG hält in seiner Entscheidung fest, dass grundsätzlich dem Arbeitgeber gemäß § 106 GewO das Recht zur Bestimmung des Arbeitsortes gegenüber den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern zusteht, sofern keine anderweitigen Regelungen durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag dem entgegenstehen, kann die Bestimmung des Arbeitsortes nach billigem Ermessen durch den Arbeitgeber bestimmt werden. Generell, so hält das LAG fest, ist der Arbeitgeber gemäß § 106 GewO berechtigt die Tätigkeit im Homeoffice durch Weisung zu beenden.

Bei der Ausübung seines Ermessens hat der Arbeitgeber eine Abwägung der wechselseitigen Interessen vorzunehmen. Abzuwägen sind die Vorteile durch die Anordnung zum Tätigkeitsort, die jeweils beiderseits bestehenden Bedürfnisse und etwaige, dem Arbeitgeber bekannte Besonderheiten aufgrund der sozialen Lebensverhältnisse. Dabei ist nach der Auffassung des LAG festzuhalten, dass einer unternehmerischen Entscheidung, auf der die Weisung beruht, ein besonderes Gewicht zukommt. Den Arbeitsgerichten stünde keine Entscheidungskompetenz zu, die einen Arbeitgeber verpflichtet, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen.

In dem zu entscheidenden Sachverhalt habe der Arbeitgeber bei der von ihm erteilten Weisung sein Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Dem Kläger stünde ein Anspruch auf Durchführung seiner Tätigkeit im Homeoffice auf Grundlage einer gesetzlichen Regelung oder der SARS-CoV-2-ArbSchVO nicht zu. Die Bestimmung in § 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-ArbSchVO konstituiere kein subjektives Recht des Arbeitnehmers zur Durchführung seiner Tätigkeit im Homeoffice.

Die Anordnung der Beklagten gehe darüber hinaus auch auf zwingende betriebliche Gründe zurück, die die Tätigkeit des Klägers in den Büroräumen der Beklagten notwendig mache. Hierfür spreche zunächst, dass der Kläger seine Arbeitsleistung nicht auf einem in seinem Eigentum stehenden Computer durchführe. Entscheidend sei dabei allerdings die Tatsache, dass die verwandten Programmversionen zwischen der von dem Kläger auf dem privaten Computer benutzten und der bei der Beklagten in den Büroräumlichkeiten im Einsatz befindlichen derart differiere, dass bei der Umsetzung der von dem Kläger erstellten Grafiken Probleme auftreten könnten. Die Anordnung der Beklagten stelle danach auch keine willkürliche oder rechtsmissbräuchliche Maßnahme dar.

III. Der Praxistipp

Die Entscheidung des LAG zeigt, dass Arbeitgeber generell berechtigt sind, die im Rahmen der Corona Pandemie erlaubte oder angeordnete Tätigkeit der Arbeitnehmer im Homeoffice in gleicher Weise zu ändern oder zu beenden. Sofern nicht auf anderer rechtlicher Grundlage das Weisungsrecht des Arbeitgebers beschränkt ist, steht diesem das entsprechende Anordnungsrecht zu. Das Gericht hebt dabei hervor, dass das von dem Arbeitgeber verfolgte Organisationskonzept ein besonderes Gewicht hat. Sofern die Einführung eines Rechtes zur Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice gewünscht ist, bedarf es hierzu einer entsprechenden gesonderten Vereinbarung. Hierin sind dann die Einzelheiten sowohl für den Umfang der Tätigkeit im Homeoffice, als auch für etwaige Änderungen beispielsweise des zeitlichen Umfangs festzuhalten.

Markus Pillok, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Köln

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