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Terminvorschau BAG 2021-06

Neue anhängige Rechtsfragen

– BAG 5 AZR 505/20 –

Vergütung für eine aus Bulgarien entsandte Pflege- und Haushaltskraft

Die Parteien streiten über Vergütung nach dem Mindestlohngesetz.

Die Klägerin ist bulgarische Staatsangehörige und nimmt die Beklagte, eine in Bulgarien ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach bulgarischem Recht, auf Nachzahlung von Vergütung nach dem Mindestlohngesetz für sieben Monate im Jahr 2015 in Anspruch. In dieser Zeit betreute sie auf der Basis eines mit der Beklagten vereinbarten Arbeitsvertrags eine über neunzigjährige Dame in deren Wohnung in einer Seniorenwohnanlage in Berlin. Die Klägerin wohnte ebenfalls dort. Der Arbeitsvertrag sah eine Arbeitszeit von sechs Stunden täglich und 30 Stunden wöchentlich vor. Im Erhebungsbogen zum zwischen der Beklagten und der betreuten Dame geschlossenen Dienstleistungsvertrag war als „angedachter Einsatz“ angegeben: „24 Stunden Betreuung/Pflege“.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin, soweit Gegenstand des Revisionsverfahrens, die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für die Monate Mai bis August und Oktober bis Dezember 2015 in Höhe von 42.636 EUR brutto abzüglich gezahlter 6.680 EUR netto verlangt. Sie hat angegeben, 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche gearbeitet zu haben bzw. in ständiger Bereitschaft gewesen zu sein. Die Beklagte hat das in Abrede gestellt. Selbst wenn die Klägerin aber weitergehende Dienste als arbeitsvertraglich vereinbart geleistet haben sollte, sei dies nicht mit ihrer Kenntnis und Zustimmung erfolgt.

Das ArbG hat der Klage stattgegeben. Das LAG hat die Entscheidung teilweise abgeändert und der Klägerin Mindestlohn für 21 Stunden pro Kalendertag in Höhe von 38.377,50 EUR brutto abzüglich der bereits gezahlten 6.680 EUR netto zugesprochen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage vollständig abzuweisen. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Anschlussrevision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Vorinstanz: LAG Berlin Brandenburg, Urt. v. 17.8.2020 – 21 Sa 1900/19

Termin der Entscheidung: 24.6.2021, 10:30 Uhr

Zuständig: Fünfter Senat

– BAG 9 AZR 376/20 –

Urlaubsentgelt – Berücksichtigung variabler Vergütung

Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage über die Frage, nach welchen Grundsätzen variable Vergütungen des Klägers beim Urlaubsentgelt zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist seit dem 1.7.2000 bei der Beklagten als Vertriebsbeauftragter beschäftigt. Sein Jahreszielgehalt setzt sich zu 60 Prozent aus einem Festgehalt und zu 40 Prozent aus einem variablen Gehaltsbestandteil zusammen. Auf der Grundlage einer für die jeweiligen Abrechnungszeiträume mit dem Betriebsrat getroffenen Regelung legte die Beklagte die Vertriebsziele für den Kläger fest. Während eines Abrechnungszeitraums zahlte sie zunächst einen Abschlag von 75 Prozent auf den variablen Gehaltsbestandteil. Im Monat nach Ablauf des Abrechnungszeitraums wurde der jeweilige Differenzbetrag auf Basis der Zielerreichung berechnet.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte berücksichtige bei dieser Berechnung zu Unrecht nicht die 13 Wochen vor Urlaubsantritt verdiente variable Vergütung. Hierbei handele es sich um eine Provision iSv. § 87 Abs. 1 HGB, die nach dem Urteil des EuGH vom 22.5.2014 (C-539/12) zwingend in das Urlaubsentgelt nach § 11 Abs. 1 BUrlG einzurechnen sei. Der Kläger hat behauptet, die mit den ihm zugeordneten Kunden abgeschlossenen Geschäfte würden ausnahmslos von ihm vorbereitet und koordiniert. Während seines Urlaubs werde er nicht vollständig vertreten.

Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, bei der variablen Vergütung handele es sich nicht um Provisionen i.S.v. § 87 HGB, sondern – wie sich aus den jeweils zeitlich einschlägigen Betriebsvereinbarungen ergebe – um Zielvergütungen für festgelegte Referenzzeiträume. Bei einer Provision sei regelmäßig eine prozentuale Beteiligung am Wert der Verträge vereinbart, die durch den Provisionsberechtigten zustande kommen oder mit Kunden eines bestimmten Bezirks oder eines vorbehaltenen Kundenstamms abgeschlossen werden. Dagegen gehe es hier um die Erreichung von Zielvorgaben. Da der Urlaub des Klägers bei der Höhe der festgesetzten Ziele bereits berücksichtigt worden sei, würde die Einrechnung der variablen Vergütung in die Durchschnittsberechnung nach § 11 Abs. 1 BUrlG zu einer Doppelbelastung für sie als Arbeitgeberin führen. Eine solche Berechnung würde die vereinbarte Zielvergütung für den Referenzzeitraum automatisch erhöhen. Die Beklagte hat behauptet, dem Kläger würden zielrelevante Umsätze auch dann zugerechnet, wenn er keinerlei Beitrag zu dem jeweiligen Umsatz geleistet habe. Mehr als 50 Prozent der Umsätze würden anderweitig generiert, insbesondere durch Vertriebspartner, den zuständigen Außendienstler und Produktspezialisten.

Die Vorinstanzen haben die Auskunftsklage als unbegründet abgewiesen, weil der mit ihr verfolgte Zahlungsanspruch nicht bestehe. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Vorinstanz: Hessisches LAG, Urt. v. 19.6.2020 – 14 Sa 1335/19

Termin der Entscheidung: 27.7.2021, 09:00 Uhr

Zuständig: Neunter Senat

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