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Kurzarbeit eingeführt: Wie geht es weiter?

Der Lockdown hat Deutschland fest im Griff: Bis Ende März 2020 haben nahezu eine halbe Millionen Betriebe gegenüber der Agentur für Arbeit Kurzarbeit angezeigt. In zahlreichen Unternehmen, gar ganzen Branchen ist die Arbeit nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Hiervon sind auch Branchen betroffen, die noch nie zuvor mit der Notwendigkeit von Kurzarbeit konfrontiert wurden, wie etwa Hotel- und Gaststättenbetriebe, der Einzelhandel und sogar öffentliche Unternehmen.

Entsprechend stellen sich für die betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlreiche Einzelfragen, die sich erst aus der praktischen Erfahrung mit der Kurzarbeit ergeben. Wir wollen die häufigsten Fragen in diesem Beitrag beantworten:

Arbeitsunfähigkeit

Arbeitnehmer, die während der Kurzarbeit arbeitsunfähig sind, erhalten für die Dauer ihrer Arbeitsunfähigkeit die übliche sechswöchige Entgeltfortzahlung. Für die Höhe der Entgeltfortzahlung ist jedoch die verkürzte Arbeitszeit maßgeblich (§ 4 Abs. 3 EntgFG). Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer schon bei Beginn der Kurzarbeit krank ist oder erst später krank wird.

Ob arbeitsunfähige Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalten oder nicht, hängt hingegen davon ab, ob die Arbeitsunfähigkeit bei Beginn des Kurzarbeitergeldbezugs vorlag oder nicht. War der Arbeitnehmer bereits arbeitsunfähig erkrankt, bevor Kurzarbeit eingeführt wurde, steht ihm kein Kurzarbeitergeld zu. Stattdessen erhält er neben dem fortzuzahlenden Entgelt Krankengeld in Höhe desjenigen Betrages, den er als Kurzarbeitergeld erhalten hätte. Erkrankt der Arbeitnehmer während des Bezugs von Kurzarbeitergeld, hat dies auf das Kurzarbeitergeld keine Auswirkungen (§ 98 Abs. 2 SGB III). Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums erhält der Arbeitnehmer nur noch Krankgeld, welches sich nach dem Regelentgelt vor Eintritt des Arbeitsausfalls errechnet (§ 47b Abs. 3 SGB V).

Arbeitszeiterfassung

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, während der Kurzarbeit eine Arbeitszeiterfassung einzuführen. Gemäß § 320 Abs. 1 SGB III hat der Arbeitgeber zwar der Agentur für Arbeit auf Verlangen die Voraussetzungen für die Erbringung von Kurzarbeitergeld nachzuweisen. Eine Aufzeichnungspflicht über die geleisteten bzw. die ausgefallenen Arbeitsstunden besteht jedoch gem. § 320 Abs. 3 SGB III nur im Falle des Bezugs von Wintergeld oder Saison-Kurzarbeitergeld, nicht jedoch im Falle des Bezugs von „normalem“ (d.h. konjunkturellem) Kurzarbeitergeld.

Gleichwohl ist eine irgendwie geartete Dokumentation der Ausfallstunden bereits deswegen erforderlich, weil diese Grundlage der Kug-Abrechnung ist. Im Leistungsantrag muss die Anzahl der ausgefallenen Stunden eingetragen werden, aus der sich dann die Nettoentgeltdifferenz und letztlich die Höhe des Kurzarbeitergeldes errechnet. Sofern nicht „Kurzarbeit Null“ angeordnet wird, müssen daher die tatsächlich geleisteten Stunden nachgehalten werden, wobei eine bestimmte Form nicht beachtet werden muss.

Betriebsratstätigkeit

Betriebsratstätigkeit ist ehrenamtliche Tätigkeit (§ 37 Abs. 1 BetrVG). Arbeitet ein Betriebsratsmitglied in einem Bereich, in dem Kurzarbeit angeordnet wurde, darf das Betriebsratsmitglied von der Anordnung der Kurzarbeit nicht ausgenommen werden. Dem steht nicht entgegen, dass das Betriebsratsmitglied während der Kurzarbeit Betriebsratstätigkeit leisten muss. Die Vergütung richtet sich wie üblich nach dem Entgeltausfallprinzip. Dem Betriebsratsmitglied steht also wie jedem anderen Arbeitnehmer auch der gekürzte Lohn für die noch geleistete Arbeit, das Kurzarbeitergeld und ein etwaiger vom Arbeitgeber gezahlter Zuschuss zum Kurzarbeitergeld zu.

Leistet ein Betriebsratsmitglied während der Kurzarbeit Betriebsratsarbeit, so muss es dies zunächst innerhalb der noch verbliebenen, gekürzten Arbeitszeit tun. Ist dies nicht möglich (etwa bei „Kurzarbeit Null“), muss er diese in seiner Freizeit leisten. Ein Anspruch auf Freizeitausgleich bzw. Abgeltung gem. § 37 Abs. 3 S. 3 BetrVG steht dem Betriebsratsmitglied nicht zu. Nach Auffassung des BAG handelt es sich um ein „nicht ausgleichspflichtiges Freizeitopfer“ (BAG, Urt. v. 26.4.1995 – 7 AZR 874/94). Dies gilt auch für die Teilnahme an Betriebsratsschulungen gem. § 37 Abs. 6 und 7 BetrVG. Unzulässig dürfte hingegen die teils zu beobachtende Praxis sein, bei der Anordnung von Kurzarbeit einen pauschalierten Aufschlag für zu leistende Betriebsratstätigkeit vorzusehen. Dies würde mittelbar auf eine Vergütung von Betriebsratstätigkeit und damit eine unzulässige Bevorzugung von Betriebsratsmitgliedern gem. § 78 S. 2 BetrVG hinauslaufen.

Dieselben Grundsätze gelten für gem. § 38 BetrVG vollständig von ihrer Arbeitspflicht freigestellte Betriebsratsmitglieder. Hier könnte es jedoch im Einzelfall schwierig sein festzustellen, ob sie tatsächlich einem Bereich bzw. einer Abteilung zuzuordnen sind, die von Kurzarbeit betroffen ist.

Entgegen der genannten Rechtsprechung des BAG ist die Bundesagentur für Arbeit der Auffassung, dass bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten im Betrieb festgestellt werden müsse, ob und in welchem Umfang tatsächlich ein Arbeitsausfall eingetreten ist. Es spreche viel dafür, dass bei Kurzarbeit die Aufgaben des Betriebsrats eher zu- als abnähmen. Jedenfalls bestehe für „Arbeitszeiten als Betriebsrat“ kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, auch wenn die übrige Belegschaft kurzarbeitet (Fachliche Weisungen zum Kurzarbeitergeld, Seite 11/12). Die Auffassung der Bundesagentur für Arbeit dürfte falsch sein. Insbesondere wird hierbei verkannt, dass Betriebsratstätigkeit keine vom Arbeitgeber zu vergütende Arbeit ist, sondern lediglich einen Anspruch auf Freistellung ohne Minderung des Arbeitsentgelts auslöst. Ein Vergütungsanspruch für Betriebsratstätigkeit ist dem Gesetz, anders als von der Agentur für Arbeit offensichtlich angenommen, fremd.

Geschäftsführer

Geschäftsführer sind, sofern sie keinen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft haben, in der Regel sozialversicherungspflichtig. Sie haben daher grundsätzlich auch Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Die Agentur für Arbeit prüft jedoch kritisch, ob bei Geschäftsführern der Arbeitsausfall tatsächlich unvermeidlich ist. In den Fachlichen Weisungen heißt es hierzu, dass bei Geschäftsführern der Arbeitsausfall grundsätzlich vermeidbar ist, da es gerade deren Aufgabe ist, neue Kunden zu finden, um die Kurzarbeit zu vermindern oder zu beenden.

Diese Argumentation mag bei konjunkturell bedingtem Arbeitsausfall gelten, nicht jedoch in der aktuellen Coronavirus-Pandemie. Durch den erzwungenen Lockdown sind Unternehmen in zahlreichen Branchen schlicht die Hände gebunden. Die Akquise neuer Kunden ist ersichtlich sinnlos, wenn dem Unternehmen die Geschäftstätigkeit derzeit untersagt ist (wie etwa in weiten Bereichen des Einzelhandels, des Personenverkehrs und des Dienstleistungssektors). Je nach den Umständen des Einzelfalls lässt sich insbesondere bei aus mehreren Geschäftsführern bestehenden Unternehmensleitungen vertreten, dass auch Geschäftsführer von Kurzarbeit betroffen sind. Eine „Kurzarbeit Null“ dürfte jedoch für Geschäftsführer kaum in Betracht kommen, da diese – auch wenn sie operativ nichts zu tun haben – zumindest ihren gesetzlichen bzw. gesellschaftsvertraglichen Überwachungspflichten nachkommen müssen. Dies gilt umso mehr, als es auch ihre Aufgabe ist, ein Konzept für die – ggf. teilweise – Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit unter Einhaltung der dann hierfür geltenden Vorschriften vorzubereiten.

Kündigungen während der Kurzarbeit

Der Ausspruch von Kündigungen während der Kurzarbeit ist im Regelfall zulässig. Häufig verlangen Betriebsräte jedoch als Gegenleistung für die Anordnung von Kurzarbeit, dass der Arbeitgeber in diesem Zeitraum auf den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen verzichtet.

Nach Ausspruch einer Kündigung bzw. Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist der betroffene Arbeitnehmer vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen, da er die persönlichen Voraussetzungen gem. § 98 Abs. 1 SGB III nicht (mehr) erfüllt. Kurzarbeitergeld dient gerade dazu, Beschäftigung zu sichern. Wenn dieser Zweck nicht mehr erreicht werden kann, weil der Arbeitgeber bereits eine Kündigung ausgesprochen hat, kann konsequenterweise Kurzarbeitergeld nicht mehr gewährt werden. Dies gilt jedoch nur für den konkret betroffenen Arbeitnehmer, nicht für die übrige Belegschaft.

Nebentätigkeit

Ob Einkünfte aus einer Nebentätigkeit Auswirkungen auf das Kurzarbeitergeld haben, hängt zunächst davon ab, ob diese Nebentätigkeit vor Beginn des Arbeitsausfalls aufgenommen wurde oder erst während des Bezugs von Kurzarbeitergeld. Nur im letzteren Fall werden die Einkünfte aus der Nebentätigkeit bei der Berechnung des Ist-Entgelts berücksichtigt, mindern also das Kurzarbeitergeld (§ 106 Abs. 3 SGB III). Die Aufnahme einer Nebentätigkeit während des Kurzarbeitergeldbezuges ist daher eher unattraktiv.

Eine Ausnahme gilt befristet bis zum 31.10.2020 für die Aufnahme einer Tätigkeit in systemrelevanten Branchen und Berufen. Einkünfte aus derartigen Tätigkeiten werden nach dem neu eingefügten § 421c SGB III dem Ist-Entgelt nicht hinzugerechnet, sofern die Einkünfte aus dieser Tätigkeit zusammen mit dem Kurzarbeitergeld, dem Ist-Entgelt (also dem aus der Kurzarbeit noch erzielten Arbeitslohn) das bisherige Arbeitsentgelt aus der ursprünglichen Beschäftigung nicht überschreiten. Hierdurch sollen nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 19/18107, S. 26) Anreize gesetzt werden, in den systemrelevanten Bereichen eine Nebenbeschäftigung aufzunehmen.

Das Gesetz definiert nicht, was unter systemrelevanten Branchen und Berufen zu verstehen sein soll. Die Gesetzesbegründung verweist auf die Verordnung zur Bestimmung kritischer Infrastrukturen nach dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Hiernach sind folgende Branchen bzw. Berufe systemrelevant:

  • Sektor Energie (Stromversorgung, Gasversorgung, Kraftstoff- und Heizölversorgung usw.).
  • Sektor Wasser (Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung).
  • Sektor Ernährung (Lebensmittelversorgung).
  • Sektor Informationstechnik und Telekommunikation.
  • Sektor Gesundheit (stationäre medizinische Versorgung, Versorgung mit Medizinprodukten und Arzneimitteln, Laboratoriumsdiagnostik, nicht jedoch die ambulante medizinische Versorgung).
  • Sektor Finanz- und Versicherungswesen (Bargeldversorgung, Sicherstellung des Zahlungsverkehrs, Versicherungsdienstleistungen).
  • Sektor Transport und Verkehr (Personen- und Güterverkehr zu Lande, zu Wasser und in der Luft).

Darüber hinaus dürften auch Tätigkeiten in Staat und Verwaltung (insbesondere bei Ordnungs- und Sicherheitsbehörden) systemrelevant in diesem Sinne sein. Praktisch relevant dürften insbesondere Nebentätigkeiten im Lebensmitteleinzelhandel (Regalauffüller, Einlasskontrolle vor Supermärkten) und von medizinischem Fachpersonal im Bereich der stationären Versorgung sein.

Neueinstellungen

Auch während der Kurzarbeit sind Neueinstellungen von Arbeitnehmern möglich. Unproblematisch ist zunächst der Fall, dass ein Arbeitsvertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurde, zu dem der Arbeitsausfall noch nicht absehbar war. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, zur Vermeidung des Arbeitsausfalls diesen Mitarbeiter wieder vor Arbeitsantritt bzw. innerhalb der Probezeit zu kündigen.

Neueinstellungen sind aber nur dann problematisch, wenn diese in von Kurzarbeit betroffenen Bereichen erfolgen. Führt die Neueinstellung eines Arbeitnehmers während der Kurzarbeit dazu, dass sich das Ausmaß des Arbeitsausfalls für die anderen Mitarbeiter vergrößert, ist der Arbeitsausfall in diesem Umfang nicht unvermeidbar.

Darüber hinaus können neu eingestellte Arbeitnehmer auch vom Kug-Bezug ausgeschlossen sein. Gemäß § 98 Abs. 1 Nr. 1 SGB III besteht für neu eingestellte Arbeitnehmer nur dann ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn diese die Beschäftigung „aus zwingenden Gründen“ oder im Anschluss an ihre Berufsausbildung aufgenommen haben. Zwingende Gründe werden nur selten vorliegen, insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber arbeitsrechtlich verpflichtet ist, den betroffenen Mitarbeiter (wieder-) einzustellen (etwa im Falle eines wiederauflebenden ruhenden Arbeitsverhältnisses). Die Fachlichen Weisungen der Agentur für Arbeit nennen zudem das Beispiel einer „nicht entbehrlichen Fachkraft“, die eingestellt werden muss, um die Weiterführung des Betriebes zu gewährleisten.

Provisionen

Bei Provisionen stellt sich zunächst die Frage, wie diese in die Berechnung des Soll-Entgelts einfließen. Da die Höhe der Provisionen naturgemäß mehr oder weniger schwankt, ist gem. § 106 Abs. 4 SGB III auf den Durchschnitt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn des Arbeitsausfalls abzustellen.

Zum anderen stellt sich die Frage, ob während der Kurzarbeit ausgezahlte Provisionen beim Ist-Entgelt zu berücksichtigen sind (also das Kurzarbeitergeld mindern können). Problematisch ist die zeitliche Zuordnung. Provisionen werden zumeist nicht in dem Monat abgerechnet und ausgezahlt, in dem sie verdient wurden, sondern mit einem gewissen Zeitverzug. Sozialversicherungsrechtlich sollte die Antwort eindeutig sein: Provisionen sind – auch bei verspäteter Auszahlung – jeweils dem Monat zuzuordnen, in dem sie „verdient“ wurden (BSG, Urt. v. 20.3.1984 – 10 RAr 4/83). Eigentlich müsste bei zeitversetzter Abrechnung der Provisionen daher eine Korrekturabrechnung für den Monat, in dem die Provisionen erarbeitet wurden, erfolgen (was allerdings in der Praxis häufig missachtet wird). Hieraus müsste folgen, dass sowohl bei dem für die Ermittlung des Soll-Entgelts maßgeblichen Dreimonatsschnitt als auch bei der Ermittlung des Ist-Entgelts stets der Kalendermonat maßgeblich ist, in dem die Provisionen verdient wurden, unabhängig davon, wann sie abgerechnet und ausgezahlt werden.

Diese Sichtweise entspricht allerdings nicht der Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit. Hiernach gilt vielmehr das „Zuflussprinzip“. Sowohl bei der Berechnung des Ist-Entgelts als auch des Soll-Entgelts ist auf das Arbeitsentgelt abzustellen, welches im jeweiligen Abrechnungszeitraum tatsächlich abgerechnet und dem Arbeitnehmer zugeflossen ist. Unschädlich ist allenfalls, wenn der technische Überweisungsvorgang erst geringfügig später erfolgt (Hinweise zum Antragsverfahren, Ziffer 11.2.2). Die Bundesagentur für Arbeit beruft sich hierbei auf die Rechtsprechung des BSG zur Unbeachtlichkeit rückwirkender Lohnänderungen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldanspruches. Das BSG hat hierzu ausgeführt, dass rückwirkende Entgelterhöhungen aus Gründen der Verwaltungseffizienz nicht anerkannt werden könnten. Die Sozialverwaltung müsse mit klaren Verhältnissen hinsichtlich des Umfangs der Versicherungspflicht wie der Leistungen rechnen (BSG, Urt. v. 31.8.1976 – 12/7 RAr 57/74). Insbesondere das Argument der Verwaltungseffizienz kommt beim Kurzarbeitergeld jedoch nicht zum Tragen, da die Abrechnung des Kurzarbeitergeldes bekanntlich vom Arbeitgeber durchgeführt wird und daher die Bundesagentur für Arbeit nicht belastet.

Wer als Arbeitgeber auf Nummer sichergehen will, sollte gleichwohl der Rechtsauffassung der Bundesagentur für Arbeit folgen und bei der Berechnung des Soll-Entgelts und des Ist-Entgelts auf die ursprünglich im jeweiligen Monat abgerechneten und ausgezahlten Beträge abstellen. Um das für den Arbeitnehmer missliche Ergebnis zu vermeiden, dass mit Zeitverzug abgerechnete Provisionen das Kurzarbeitergeld mindern, können die Arbeitsvertragsparteien auch den Abrechnungsmodus umstellen, so dass bereits verdiente Provisionen möglichst vor Beginn der Kurzarbeit abgerechnet werden (ggf. ein Vorschuss gewährt wird). Zweifelhaft dürfte es hingegen sein, die Provision auf die Zeit nach Ende der Kurzarbeit zu schieben, da §§ 87c, 65 HGB die Streckung des Abrechnungszeitraums auf maximal drei Monate zulassen.

Sonderzahlungen

Als Sonderzahlungen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne zählen insbesondere Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und andere Leistungen, die als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt i.S.v. § 23a SGB IV gelten (z.B. 13. Monatsgehalt, Tantiemen usw.). Diese Leistungen sind für das Kurzarbeitergeld „neutral“, fließen also weder in die Berechnung des Soll-Entgelts noch des Ist-Entgelts ein (§ 106 Abs. 1 S. 4 SGB III).

Überstunden

Überstunden sind selbstverständlich auch während einer Kurzarbeit möglich. Hierbei sind jedoch einige Besonderheiten zu beachten.

Arbeitet ein Arbeitnehmer in einem Monat mehr Stunden, als er aufgrund der Anordnung der Kurzarbeit eigentlich müsste, bedeutet dies zunächst nur, dass der Arbeitsausfall nicht im prognostizierten Umfang eingetreten ist. Bei der Abrechnung des Kurzarbeitergeldes sind die tatsächlich in diesem Monat geleisteten Stunden maßgeblich und nicht der Umfang der angeordneten Kurzarbeit. Dies ist aus sozialrechtlicher Sicht völlig unproblematisch. Nicht zulässig ist es hingegen, während der Kurzarbeit geleistete Überstunden auf ein Arbeitszeitkonto zu buchen.

Anders verhält es sich, wenn einzelne Mitarbeiter Mehrarbeit leisten, die über ihre reguläre (Voll-)Arbeitszeit hinausgeht, während andere vergleichbare Arbeitnehmer sich in Kurzarbeit befinden. Gemäß § 96 Abs. 4 SGB III hat der Arbeitgeber alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Hierzu zählt naturgemäß auch, die vorhandene Arbeit so zu verteilen, dass möglichst wenig Arbeitsausfall eintritt.

Urlaub

Die Gewährung von Urlaub ist grundsätzlich eine Möglichkeit, Kurzarbeit – vorübergehend – zu vermeiden. Diese sozialrechtliche Regelung zum Kurzarbeitergeld verdrängt jedoch nicht die arbeitsrechtlichen Regelungen zur Inanspruchnahme des Urlaubs. Es bleibt daher dabei, dass die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer grundsätzlich vorrangig sind. In der Praxis beschränkt sich daher die Prüfung der Bundesagentur für Arbeit darauf, ob der Arbeitgeber überhaupt eine Bestimmung über den Antritt des Urlaubs zur Vermeidung der Kurzarbeit hätte treffen können (Fachliche Weisungen Kurzarbeitergeld, S. 24). Soweit der gesamte Urlaub der betroffenen Arbeitnehmer bereits verplant ist bzw. sämtliche Mitarbeiter entsprechende Urlaubswünsche geäußert habe, besteht in diesem Sinne kein zur Vermeidung der Kurzarbeit einsetzbarer Urlaub mehr.

Daneben ist zu beachten, dass sich „Kurzarbeit Null“ und Urlaub ausschließen. Während des Urlaubs steht den Arbeitnehmern daher das ungekürzte Urlaubsentgelt zu (§ 11 Abs. 1 S. 3 BUrlG). Bei Betriebsvereinbarungen über die Einführung von Kurzarbeit sollte darauf geachtet werden, in Urlaub befindliche Arbeitnehmer von der Kurzarbeit ausdrücklich auszunehmen. Geschieht dies nicht und sieht die Betriebsvereinbarung „Kurzarbeit Null“ vor, fällt die Arbeit bereits wegen der normativen Wirkung der Betriebsvereinbarung aus. Die Urlaubsgewährung geht dann ins Leere (BAG, Urt. v. 16.12.2008 – 9 AZR 893/07, NZA 2009, 689).

Ulrich Kortmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Köln

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