Mitte Mai haben Bundesinnenminister Dobrindt und der Präsident des Bundeskriminalamts Münch die neuesten Fallzahlen zur politisch motivierten Kriminalität vorgestellt. Danach ist die Zahl der Straftaten mit politischem Hintergrund im Jahr 2024 um 40,2 % gegenüber dem Vorjahr angestiegen und hat damit einen neuen Höchststand erreicht. Insgesamt wurden 84.172 einschlägige Straftaten erfasst, so viele wie nie zuvor seit Einführung der Statistik im Jahr 2001. Nach Auffassung von BMI und BKA belegen diese Zahlen deutlich, dass politisch motivierte Straftaten eine zunehmende Herausforderung für die Innere Sicherheit darstellen.
Wie das Bundeskriminalamt in seinem Bericht erläutert, dokumentieren die Zahlen eine wachsende Polarisierung und Radikalisierung innerhalb der Gesellschaft. Soziale Medien spielten dabei aufgrund der rasant angestiegenen Verbreitung von Hass, Hetze, Desinformation und Propaganda eine entscheidende Rolle. Globale Krisen und Konflikte wie der Nahost-Konflikt und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, gepaart mit wirtschaftlicher und sozialer Unsicherheit sowie gesellschaftlichen Veränderungen – auch als Spätfolge der Corona-Pandemie – hätten zur Verunsicherung in der Bevölkerung geführt. Sie seien ein Nährboden für Spannungen und Radikalisierungen, die sich zunehmend auf das Protestgeschehen auf deutschen Straßen und das gesellschaftliche Klima auswirkten. Phänomene wie hybride Bedrohungen – also der kombinierte Einsatz verschiedener illegitimer Instrumente durch ausländische Mächte, wie etwa Desinformationskampagnen und Cybersabotage – sowie ideologisch aufgeladene Proteste zeigten hierbei, dass eine Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit kaum noch möglich sei.
Überblicksartig hat das BKA u.a. folgende wichtige Trends aufgezeigt:
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Innerhalb der letzten zehn Jahre haben sich die Fallzahlen bei politisch motivierten Straftaten mit einem Anstieg von 115,9 % mehr als verdoppelt.
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Auch politisch motivierte Gewalttaten erreichen mit 4.107 Fällen einen neuen Höchststand seit 2016.
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Propagandadelikte, Sachbeschädigungen, Beleidigungen, Volksverhetzungen, Nötigungen und Bedrohungen sowie Verstöße gegen das Versammlungsgesetz umfassen in der Summe etwa 86,8 % aller gemeldeten Straftaten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität.
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Rechtsmotivierte Straftaten nahmen mit einer Steigerung von 47,8 % am deutlichsten zu und machen mehr als die Hälfte aller polizeilich registrierten Taten aus. Der deutliche Anstieg ist insb. auf die Vielzahl der gemeldeten rechtsmotivierten Propagandadelikte zurückzuführen. Aber auch die rechtsmotivierten Gewaltstraftaten stiegen im Jahr 2024 deutlich um 17,2 % – ein Beleg für die hohe und weiterhin zunehmende Gewaltbereitschaft.
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Auch die linksmotivierten Straftaten (+28 %) bleiben wegen der Gewalttendenzen und Sachschäden in Millionenhöhe eine Herausforderung für die Sicherheitsbehörden.
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Innerhalb der Hasskriminalität sind auch die antisemitischen Straftaten erneut angestiegen (+20,8 %) und erreichen mit 6.236 Fällen einen neuen Höchststand.
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Amts- und Mandatsträger sowie Parteirepräsentanten und -mitglieder stehen – trotz eines Rückgangs der Fallzahlen in diesem Bereich (–8,3 %) – nach wie vor als Angriffsziel deutlich im Fokus von Straftaten.
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Die Gefahren durch Spionage mit Cyberspionage, Cybersabotage und transnationale Repression mit Staatsterrorismus sind real und gewinnen in der polizeilichen Arbeit zunehmend an Bedeutung.
Der BKA-Präsident kommentierte diese Entwicklungen bei Vorstellung seines Berichts wie folgt: „Die politisch motivierte Kriminalität ist so hoch wie nie zuvor. Wenn politische Straftaten und Gewalt zunehmen, ist das nicht nur ein statistisches Phänomen – es ist ein Spiegel unserer gesellschaftlichen Polarisierung und wachsender Radikalisierung und zeigt einmal mehr: Unsere Demokratie steht unter Druck. Die Bedrohung kommt dabei sowohl von innen als auch von außen. Wir sehen, dass internationale Krisen und geopolitische Konflikte zunehmend auch Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland haben. Innere und äußere Sicherheit müssen daher zusammen gedacht werden (…).“
[Quellen: BMI/BKA]