Vor dem OLG Hamm ist Ende Mai ein bedeutender Prozess im Rahmen der aktuellen Klimawandel-Debatte zu Ende gegangen. Geklagt hatte ein peruanischer Landwirt, der das deutsche Energieunternehmen RWE anteilig für notwendige Schutzmaßnahmen gegen eine mögliche Gletscherflut, die auch sein Haus bedrohen könnte, zur Kasse bitten wollte. Nach seiner Auffassung hat RWE durch die von ihr verursachten CO2-Emissionen zu der Gefahrenlage beigetragen, das Unternehmen müsse daher zumindest anteilig für die Beseitigung haften. Diesen anteiligen Verursachungsbeitrag von RWE bezifferte der Kläger, gestützt auf vorliegende Statistiken, auf 0,38 % der globalen CO2-Emissionen; dies entspräche, gemessen an den gesamten notwendigen Schutzmaßnahmen in Millionenhöhe, einer Summe von 17.000 €. Nach intensiver Beweisaufnahme, die u.a. eine mehrtägige Ortsbesichtigung in Peru im Mai 2022 und eine zweitägige Anhörung von Sachverständigen in Hamm im März 2025 umfasste, hat das Gericht die Berufung des Klägers nunmehr zurückgewiesen; die Revision wurde nicht zugelassen (OLG Hamm, Urt. v. 28.5.2025 – 5 U 15/17).
Bemerkenswert an dem Verfahren ist allerdings nicht der Ausgang, dieser war überwiegend erwartet worden. In der Fachwelt diskutiert wird derzeit vielmehr die Begründung der Entscheidung: Anders als noch die Vorinstanz – das LG Essen – waren die Richter der Meinung, dass der – ausländische – Kläger durchaus einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB gegen das deutsche Energieunternehmen haben könnte. Falls eine Beeinträchtigung drohe, könne ein Verursacher von CO2-Emissionen verpflichtet sein, Maßnahmen zur Verhinderung zu ergreifen, so der Senat. Verweigere er dies endgültig, könne bereits vor dem Entstehen tatsächlicher Kosten festgestellt werden, dass er für diese entsprechend seinem Emissionsanteil aufkommen müsse – wie vom Kläger gefordert. Dass dieser sozusagen am anderen Ende der Welt wohne, spiele dabei keine Rolle.
Am Ende scheiterte die Klage nicht an einer grundsätzlichen Rechtsfrage, sondern daran, dass die Richter, gestützt auf ein Sachverständigengutachten, keine hinreichend große Gefahr für das Haus des Klägers in Peru feststellen konnten. Die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt Wasser des Gletschersees das Haus des Klägers innerhalb der nächsten 30 Jahre erreicht, sahen die Experten bei nur etwa einem Prozent – ein Wert, den das Gericht als zu gering bewertete, um eine Gefahrenlage zu bejahen.
Die sog. Klimaklage scheiterte damit – wie es in einem ersten Kommentar zu der Entscheidung hieß – nur an einem „winzigen Detail“: Hätte ein Nachbar des Peruaners geklagt, dessen Haus an einer etwas exponierteren Stelle liegt, wäre der Prozess womöglich anders ausgegangen. Möglicherweise ist deshalb in absehbarer Zeit mit einer erneuten Klage zu rechnen, denn die Klägerseite bejubelte trotz ihrer Niederlage das Urteil als Erfolg; in der Presse tauchte nachfolgend denn auch mehrfach das Bonmot eines „erfolgreichen Scheiterns“ auf. Die Anwälte des Klägers deuteten zudem an, derzeit Kontakt zu weiteren Klageinteressenten aus anderen Ländern zu haben. Da das OLG Hamm die Revision nicht zugelassen hat, wird es bis zu einer weiteren derartigen Klimaklage allerdings keine höchstrichterliche Klärung der Frage geben, ob Klimawandel-Betroffene aus beliebigen Ländern der Welt in Deutschland gerichtlich gegen ein hiesiges CO2-emittierendes Unternehmen vorgehen können, das sich bislang an die Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Immissionsschutzrechts gehalten hat.
[Quelle: OLG Hamm]