Anfang April hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz Ulrich Mäurer und dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes Holger Münch die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2024 vorgestellt. Danach ist die erfasste Kriminalität – nach den teils deutlichen Anstiegen der polizeilich registrierten Straftaten in den vergangenen zwei Jahren – 2024 erstmals wieder leicht gesunken. Als Hauptgrund dafür wird die Cannabis-Teillegalisierung mit ihren Auswirkungen auf die Statistik gesehen. Ohne diesen Effekt wäre es im Fünfjahresvergleich zu einem leichten Anstieg gekommen. Insgesamt registrierten die Statistiker bundesweit 5.837.445 Straftaten, was einem Rückgang um 1,7 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Einer der bei der Präsentation besonders hervorgehobenen Aspekte an der jüngsten Erhebung ist, dass die von der Polizei registrierte Gewaltkriminalität erneut zugenommen hat; dies betrifft insb. Kinder – also unter 14-Jährige –, nichtdeutsche Tatverdächtige und Sexualdelikte. Bei Letzteren muss laut BKA allerdings genauer hingesehen werden: So könnte für die Zunahme der Sexualdelikte um 9,3 % nach Auffassung der Ermittler auch eine erhöhte Anzeigenbereitschaft aufgrund gestiegener Sensibilisierung eine Rolle für den statistischen Anstieg spielen. Diesbezüglich könnten Einflüsse aus der „Me-Too“-Bewegung, die Gesetzesänderung zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung im Jahr 2016 sowie aktuelle Berichterstattungen eine Rolle spielen, so der Bericht.
Bei der Kinder- (+ 11,3 %) und der Jugendkriminalität (+ 3,8 %) verweist das BKA auf besondere Risikofaktoren: Es gebe Hinweise darauf, dass psychische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen seit einigen Jahren vermehrt aufträten. Psychische Belastungen seien zwar keine direkte Ursache für kriminelles Verhalten, aber im Zusammenwirken mit anderen ungünstigen Faktoren könnten sie die Wahrscheinlichkeit der Begehung von (Gewalt-)Straftaten erhöhen. Als Risikofaktoren sehen die Ermittler insb. folgende Aspekte: Wirtschaftliche Sorgen und fehlende Teilhabemöglichkeiten in vielen Familien, gewaltakzeptierende Einstellungen und mit Gewaltverhalten gekoppelte Männlichkeitsnormen, psychische Belastungen beispielsweise aufgrund von Zukunftssorgen im Zusammenhang mit multiplen gesellschaftlichen Krisen sowie häusliche Gewalt oder eine geringe Involviertheit der Eltern in das Leben ihrer Kinder.
Ausdrücklich weisen die Statistiker aber auch darauf hin, dass die präsentierten Zahlen lediglich das sog. Hellfeld des Kriminalitätsgeschehens abbilden, also die der Polizei bekannt gewordene Kriminalität. Wie groß das jeweilige Hell- und das Dunkelfeld seien, hänge beispielsweise davon ab, wie häufig Delikte angezeigt würden oder welche Schwerpunkte die Polizei bei der Verfolgung von Straftaten setze. Darauf weisen seit Jahren auch Kriminologen hin, die die Aussagekraft polizeilicher Statistiken relativieren. Aussagen zur Kriminalitätswirklichkeit oder deren Entwicklung könne man daraus nur mit größter Vorsicht ableiten, so die Wissenschaftler. Beim Hellfeld handele es sich nur um einen kleinen und verzerrten Ausschnitt des Kriminalitätsgeschehens in Deutschland. Dessen Zusammensetzung sei im Wesentlichen durch das Anzeigeverhalten der Bevölkerung bestimmt. Allerdings sind sich die meisten Forscher auch darin einig, dass Deutschland derzeit eines der sichersten Länder der Welt ist.
Die aktuelle Kriminalstatistik kann auf der Webseite des BMI unter https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/sicherheit/BMI25028_pks-2024.pdf abgerufen werden.
[Quellen: BMI/BKA]