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Reformen im Familien- und Erbrecht angemahnt

Erst vor einigen Wochen hatte der Deutsche Juristinnenbund gefordert, dass die in der vergangenen Legislaturperiode geleisteten Vorarbeiten im Familienrecht jetzt nicht ad acta gelegt werden dürften (vgl. dazu ZAP 2025, 317). Dem hat sich nun die Bundesrechtsanwaltskammer angeschlossen. Es bestehe dringender Reformbedarf im Familien- und auch im Erbrecht. Teilweise lägen die Gesetzentwürfe dafür schon fertig auf dem Tisch, erinnerte die BRAK im März. Sie bot an, die Expertise der Anwaltschaft in die Reformarbeiten einzubringen. Dies seien gute Voraussetzungen dafür, moderne und seit Jahren angemahnte Lösungen auf den beiden Rechtsgebieten jetzt umzusetzen. Einen besonders dringenden Reformbedarf sieht die Kammer in den folgenden fünf Bereichen:

  • Abstammungsrecht: Auf dem Gebiet des Abstammungsrechts klafften die derzeitige Rechtslage und die gesellschaftliche Realität besonders stark auseinander, betont die BRAK. Die Folgen der Nutzbarmachung moderner Reproduktionsmedizin und die Diversität gelebter Familienmodelle seien gesetzlich nicht mehr vollständig erfasst, abstammungsrechtliche Zuordnungen würden zunehmend – auch durch die Internationalisierung der Familien – in Frage gestellt. Ein unerfüllter Kinderwunsch führe häufig zur Flucht ins Ausland, um sich medizinischer Möglichkeiten zu bedienen. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, durch hohe medizinische und rechtliche Standards Maßstäbe zu setzen und Rechtssicherheit zu schaffen, nicht zuletzt zum Schutz von Eltern und Kindern. Es sei notwendig, eine abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes, das aus Samenspenden, Eizellspenden oder Leihmutterschaft hervorgegangen sei, rechtssicher und praxistauglich vorzunehmen.

  • Unterhaltsrecht: Die bereits ausgearbeiteten Neuerungen zum Kindesunterhalt im sog. asymmetrischen bzw. im paritätischen Wechselmodell sowie die Angleichung des Betreuungsunterhalts nichtverheirateter und geschiedener Elternteile sollten nun zeitnah eingeführt werden, mahnt die BRAK. Mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des BVerwG, die beim Unterhaltsvorschuss im Falle einer Mitbetreuung darauf abstellt, ob der Betreuungsanteil 40 % erreicht, fordert sie, dass bei einer Neuregelung ein Gleichlauf von Unterhaltsrecht und Unterhaltsvorschussrecht hergestellt wird. Ebenso müsse auf eine Abstimmung mit dem Sozial- und dem Steuerrecht geachtet werden; zu letzterem weist die BRAK auch auf die seit Jahren gestellte Forderung nach Einführung eines „Familiensplittings“ hin.

  • Kindschaftsrecht: Im Kindschaftsrecht schlägt die Bundesrechtsanwaltskammer vor, die bisherige Differenzierung zwischen Umgangs- und Sorgerechtsverfahren aufzuheben. Sie sei für die Bürger unverständlich und stoße auch im europäischen Kontext auf Anwendungsschwierigkeiten. Stattdessen solle es den Beteiligten in Zukunft auf Antrag ermöglicht werden, im Rahmen eines gewillkürten Verbundes Entscheidungen zur elterlichen Sorge mit der Regelung der Kinderbetreuung zu verbinden. Die Familiengerichte, so die BRAK, praktizierten dies i.d.R. jetzt schon, indem sie beide Verfahren gleichzeitig terminierten und die Anhörungsvermerke zu beiden gesonderten Verfahren fertigten.

  • Pflichtteilsrecht: Für Erbfälle wird eine Erweiterung der wechselseitigen Auskunftsrechte im Pflichtteilsrecht vorgeschlagen. Dies diene einem fairen Verfahren, so die BRAK. Im Wesentlichen solle entsprechend § 1379 Abs. 1 S. 2 BGB eine Belegvorlagepflicht für Erben eingeführt werden. Zudem solle ein materiell-rechtlicher Auskunftsanspruch des Erben gegen den Pflichtteilsberechtigten bzw. gegen Beschenkte geschaffen werden, wonach diese Auskünfte über erhaltene Schenkungen zu erteilen hätten.

  • Betreuungsrecht: Auf dem Gebiet des Betreuungsrechts stört sich die BRAK daran, dass das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts die Beglaubigungskompetenz der Betreuungsbehörden für Vorsorgevollmachten eingeschränkt hat. Vor 2023 habe die Beglaubigung hier auch über den Tod hinaus Wirkung entfaltet und nach höchstrichterlicher Rechtsprechung den Anforderungen des Grundbuchrechts genügt. Nach dem aktuellen § 7 Abs. 1 S. 2 Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) ende nun die Wirkung der Beglaubigung mit dem Tod des Vollmachtgebers, nicht hingegen die erteilte Vollmacht bzw. Vertretungsmacht selbst, die im Regelfall über den Tod hinaus wirke. Diese Regelung schaffe Rechtsunsicherheit und solle wieder rückgängig gemacht werden, fordert die BRAK.

Auch die neuen Vorgaben des BtOG für Rechtsanwälte stoßen auf Kritik der Kammer. Sie bezeichnet die Registrierungsvoraussetzungen als „Härten“ für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. So seien etwa der geforderte Abschluss eines gesonderten Versicherungsvertrages, die Vorlage eines persönlichen Führungszeugnisses und einer Auskunft aus dem zentralen Schuldenregister durch Angehörige der Anwaltschaft überzogen; Gleiches gelte für den Nachweis von Fortbildungen. Rechtsanwälte und -anwältinnen unterlägen ohnehin ihrer Berufsaufsicht und müssten eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung unterhalten. Eine Nachbesserung des Gesetzes, um die für die Anwaltschaft durch das BtOG entstandenen Härten zu beseitigen, sei deshalb dringend angezeigt.

[Quelle: BRAK]

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