Wegen der fast abgelaufenen Legislaturperiode und der damit verbundenen Zeitnot des Gesetzgebers hatte dieser in den letzten Sitzungswochen zu Jahresbeginn mehrfach von dem legislativen Kunstgriff Gebrauch gemacht, Vorhaben, die der sog. Diskontinuität zu unterfallen drohten, auf andere, bereits weiter vorangekommene Gesetzesprojekte „aufzusatteln“. Dies betrifft auch eine Änderung im Sozialversicherungsrecht, die an das eigentlich nicht sachverwandte Gesetzesvorhaben zur Verbesserung der SED-Opferentschädigung angehängt wurde.
Gegenstand dieser Regelung ist eine Änderung im Sozialgesetzbuch IV, die die Versicherungspflicht von Lehrkräften, insb. in der Erwachsenenbildung und an Musikschulen betrifft. Sie stellt eine Reaktion auf das sog. Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts v. 28.6.2022 (B 12 R 3/20 R) dar, das den Erwerbsstatus dieser Lehrkräfte betrifft. Das BSG hatte seinerzeit entschieden, dass eine als selbstständige Honorarkraft beschäftigte Lehrerin an einer Musikschule tatsächlich abhängig beschäftigt war und damit der Sozialversicherungspflicht unterlag. Das Gericht definierte eine Reihe von Kriterien, die ungeachtet der Absichten und der Einschätzung der Vertragsparteien über den wahren sozialrechtlichen Status des Beschäftigten entscheiden – mit weitreichenden Folgen für die Arbeitgeber, denn diese laufen bei falscher Einschätzung u.a. Gefahr, ggf. eine teure Nachversicherung vornehmen zu müssen.
Vor dem Hintergrund dieser Gerichtsentscheidung wollte der Gesetzgeber noch in der zu Ende gehenden Legislaturperiode eine Übergangsregelung schaffen, um den Bildungseinrichtungen und Lehrkräften ausreichend Zeit zu geben, die notwendigen Umstellungen in ihren Organisations- und Geschäftsmodellen vorzunehmen. Vorgesehen ist nun, dass im Falle einer Prüfung durch einen Versicherungsträger, die eine Versicherungspflicht der Lehrkraft zum Ergebnis hat, die Versicherungspflicht erst ab 1.1.2027 gilt. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass die Vertragsparteien bei Vertragsschluss übereinstimmend von einer Selbstständigkeit ausgegangen sind und die betroffene Lehrkraft zustimmt. Mit dieser Übergangsregelung soll sichergestellt werden, dass Lehrtätigkeiten auch unter den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen weiterhin sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch selbstständig ausgeübt werden können, heißt es dazu in der Gesetzesbegründung.
[Quelle: Bundestag]