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Rechtspolitische Forderungen der Anwaltsverbände

Angesichts der bevorstehenden vorgezogenen Neuwahlen in Deutschland haben der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsanwaltskammer an die Parteien appelliert, wichtige rechtspolitische Reformprojekte im Auge zu behalten. Die zu erwartenden neuen Koalitionsverhandlungen nach der nächsten Bundestagswahl dürften nicht dazu führen, dass wichtige Vorhaben vergessen oder bereits erreichte Fortschritte „auf Null gesetzt“ werden, formulierte etwa BRAK-Präsident Wessels in einem Schreiben an Bundespolitiker. Es dürfe trotz des vorzeitigen Endes der laufenden Legislaturperiode kein „Zurück auf Los“ geben.

Am ausführlichsten formulierte der DAV seine Forderungen an die nächste Regierungskoalition. In einem 21-seitigen Eckpunktepapier erhebt der Verein mehr als ein Dutzend Forderungen, in denen sich die wichtigsten Anliegen der Anwaltschaft für die nächste Legislaturperiode widerspiegeln. Diese reichen von der Bewahrung des Rechtsstaats in unruhigen Zeiten über den Zustand der Justiz bis hin zu den spezifischen Bedürfnissen der Rechtsanwaltschaft. Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch extremistische politische Kräfte sieht der DAV u.a. die Notwendigkeit, die rechtsstaatlichen Institutionen über die bereits kürzlich erreichte bessere Resilienz des Bundesverfassungsgerichts (s. dazu auch ZAP 2025, 61 f.) hinaus weiter zu stärken; hierfür bedürfe es etwa auch einer besseren Absicherung der Landesverfassungsgerichte. Auch die Gewährleistung des Zugangs der Bürger zum Recht sieht der Verein als eine seiner wichtigsten Forderungen. Diese falle unter die vom Grundgesetz und von der Grundrechtecharta garantierte Daseinsvorsorge, die auch in der Fläche sichergestellt werden müsse, wofür es wiederum einer hinreichenden Finanzierung der staatlichen Prozesskostenhilfe bedürfe.

Um den Rechtsstandort Deutschland zukunftsfähig zu machen, fordern sowohl der DAV als auch die BRAK ein weiteres Vorantreiben der Digitalisierung in Verwaltung und Justiz. Behörden und Gerichte müssten technisch wie auch personell so ausgestattet werden, dass sie den Anforderungen eines modernen Rechtsstaates gerecht würden. Die aus dem Digitalpakt zugesagten und bislang noch nicht abgerufenen Mittel müssten hierfür auch in der nächsten Legislaturperiode zur Verfügung stehen und entsperrt werden. Rückschritte beim elektronischen Rechtsverkehr, wie sie zuletzt für die Kommunikation mit der Finanzverwaltung beschlossen worden seien (Stichwort: beA-Verbot, s. dazu auch ZAP 2024, 1166), seien in Zukunft zu vermeiden.

Was die spezifischen Anliegen der Anwaltschaft betrifft, so stehen bei beiden Anwaltsorganisationen der Schutz des Mandatsgeheimnisses und die regelmäßige Anpassung der Anwaltsvergütung ganz oben auf der Forderungsliste. Der Schutz des anwaltlichen Berufsgeheimnisses müsse unter allen Umständen geschützt und dürfe keinen weiteren Angriffen ausgesetzt werden, fordert die BRAK. Zuletzt hätten solche Angriffe, etwa bei den geplanten Meldepflichten bei nationaler Steuergestaltung, gerade noch verhindert werden können. Es müsse jetzt sichergestellt werden, dass keine weiteren Übergriffe auf die Kernwerte der Anwaltschaft folgten. Auch der DAV spricht in seinem Eckpunktepapier von „inakzeptablen Angriffen“ der Politik auf das Berufsgeheimnis. Dieses sei kein Privileg der Anwaltschaft, sondern eine Pflicht, die in erster Linie dem Schutz der Mandantschaft diene. Der Verein fordert aus diesem Grund die Etablierung eines einheitlichen Schutzniveaus des Mandatsgeheimnisses im Gefahrenabwehr-, im Strafrecht und auch im Steuerrecht.

Auch eine künftig regelmäßige Anpassung der Anwaltsgebühren wird als wichtiges weiteres Anliegen der Anwaltschaft genannt; die Arbeit von Anwältinnen und Anwälten, die auch eng mit dem bereits erwähnten Zugang der Bürger zum Recht verknüpft sei, müsse auskömmlich sein, fordert etwa die BRAK. Gerade im ländlichen Bereich und bei der Beratung und Vertretung von Verbrauchern bedürfe es einer angemessenen gesetzlichen Vergütung. Der Verweis auf den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen sei hier keine Alternative, erläutert der DAV in seinem Papier.

Weitere rechtspolitische Anliegen der Anwaltsverbände sind insbesondere der Erhalt der Sammelanderkonten, deren Aus ohne weitere gesetzgeberische Maßnahmen ansonsten Ende des laufenden Jahres droht (s. dazu auch ZAP 2025, 61 f.) sowie die Beibehaltung des Fremdbesitzverbots, das im Interesse der Unabhängigkeit der Anwaltschaft als unabdingbar erachtet wird. Besondere Erwähnung findet auch die bereits lange geforderte Dokumentation der strafrechtlichen Hauptverhandlung. Dafür habe man sich „mit langem Atem und viel Vehemenz“ eingesetzt und sei nicht bereit, das Thema nun zu den Akten zu legen, schreibt die BRAK. Der diesbezügliche Diskurs müsse trotz vorgezogener Wahlen fortgesetzt und endlich der dringend benötigte Fortschritt erzielt werden, den ein moderner Rechtsstaat im Interesse der Beschuldigtenrechte und für mehr Rechtssicherheit benötige.

[Quellen: DAV/BRAK]

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