Die Innenministerinnen und Innenminister der unionsgeführten Länder wollen die Bekämpfung der Clankriminalität intensivieren. In einem 17-Punkte-Positionspapier, das Ende August veröffentlicht wurde, legen sie ihre Pläne dar, mit denen sie diesen Teil der organisierten Kriminalität künftig stärker eindämmen wollen.
Clankriminalität habe sich in Teilen Deutschlands in den letzten Jahren verstärkt auch zu einem sichtbaren Phänomen der Kriminalität entwickelt, schreiben die Unions-Innenminister in ihrem Positionspapier. Dies gelte nicht mehr nur für großstädtische Bereiche, sondern sei mittlerweile vielerorts feststellbar. Das Kriminalitätsspektrum der als Clans bezeichneten großfamiliären Strukturen sei dabei breit gefächert und reiche von Bagatelldelikten bis hin zu schweren Verbrechen. Hinzu komme die generelle Missachtung elementarer Bestandteile des Rechtsstaats.
Zwar hätten mehrere Bundesländer der Clankriminalität bereits seit Jahren den Kampf angesagt. Durch eine Vielzahl von Kontrollaktionen, Durchsuchungen, Ingewahrsamnahmen, Strafanzeigen und Ordnungswidrigkeitenanzeigen hätten Polizei und Ordnungsbehörden in betroffenen Gegenden den Druck „auf der Straße“ entschlossen verstärkt. Zudem sei im Sommer 2019 das Kooperationsmodell „Bund-Länder-Initiative zur Bekämpfung der Clankriminalität“ (BLICK) eingerichtet worden. In dieser Initiative hätten die von Clankriminalität hauptsächlich betroffenen Länder sowie das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und das Zollkriminalamt ein arbeitsteiliges Vorgehen vereinbart, um durch eine engere Zusammenarbeit Clankriminalität in Deutschland wirksamer bekämpfen zu können. Mit Einrichtung des Kooperationsmodells habe sich ein auf Bund-Länder-Ebene konstant agierendes Expertennetzwerk zur Bekämpfung von Clankriminalität etabliert. Noch auf der Herbst-Innenministerkonferenz 2022 hätten die Länder beschlossen, die Zusammenarbeit weiter zu intensivieren.
Aus dem letztgenannten Beschluss seien aber bislang keine weiteren konkreten Schritte zur Bekämpfung der Clan-Problematik erwachsen. Aus diesem Grund haben sich die Unions-Innenminister jetzt auf 17 konkrete Vorschläge geeinigt, mit denen mehr Druck auf kriminelle Clans ausgeübt werden könnte. Diese reichen von präventiven Maßnahmen und der Stärkung der Polizeiarbeit bis hin zum Passentzug und dem Stopp von Sozialleistungen.
So soll mit einer konsequenten „Null-Toleranz-Linie“ der Kontroll- und Verfolgungsdruck auf kriminelle Mitglieder von Clans erhöht werden, um der Entstehung „rechtsfreier Räume“ vorzubeugen. Die sog. B-Länder verständigten sich hier auf einen neuen strategischen Austausch und ein gemeinsames koordiniertes Vorgehen, um länderübergreifende Ermittlungen und Auswertungen zu stärken. Im Rahmen eines ganzheitlichen, konzertierten und behördenübergreifenden Ansatzes wird darauf gedrungen, die Zusammenarbeit aller relevanten Akteure – Verfassungsschutz, Polizei, Justiz, Zoll, Ausländerbehörden, Sozial- und Jugendämter, Schulen, Steuerfahndung, Gewerbeaufsicht, Ordnungsbehörden und die Bundesagentur für Arbeit – noch stärker zu vertiefen. Gefordert wird des Weiteren, dass die Nachrichtendienste die Verkehrsdatenspeicherung durch die Schaffung von „funktionsadäquat ausgestalteten Eingriffsschwellen“ ebenfalls nutzen können. Betont wird die Bedeutung der Quellen-TKÜ zur Überwachung von Messenger-Kommunikation, in deren Kontext die Fähigkeiten der Behörden gestärkt und die rechtlichen Rahmenbedingungen erforderlichenfalls angepasst werden müssen.
Nach Möglichkeit soll die konsequente Durchsetzung von aufenthaltsbeendenden und aufenthaltsbeschränkenden Maßnahmen gegen Clankriminelle als Priorität definiert werden. Geprüft werden soll, ob Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit, die an Organisierter Kriminalität nachweisbar mitwirken, die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden kann. Die bereits bestehenden Möglichkeiten der Rückforderung von zu Unrecht ausgezahlten Sozialleistungen und unterschlagenen Steuern sowie zum Einfrieren von Sozialleistungen müssten effektiver genutzt werden, fordern die Minister.
Hessens Innenminister Peter Beuth erläuterte den Vorstoß der Unions-Innenminister wie folgt: „Wir leben in einem sehr sicheren Land. Die Aktivitäten krimineller Clanangehöriger haben sich in Teilen Deutschlands in den letzten Jahren allerdings verstärkt zu einem sichtbaren Phänomen in vielen Bereichen der Allgemeinkriminalität und der Organisierten Kriminalität entwickelt. Die Spannbreite der Taten reicht von Bagatelldelikten, spektakulären Raubzügen und Diebstählen bis hin zu gewaltsam ausgetragenen Konflikten zwischen kriminellen Mitgliedern verfeindeter Clans oder Akteuren der Organisierten Kriminalität auf offener Straße. Diese Taten und das Vorgehen krimineller Clanangehöriger erfordern konsequente Maßnahmen des Rechtsstaats auf allen Ebenen. […] Mit unserem Positionspapier zeigen wir auf, wie das mit einem umfassenden Ansatz aus richtigen Schwerpunkten, einer ‚Null-Toleranz-Linie‘, einem vertieften strategischen Austausch, Ausweisungen, präventiven Maßnahmen und entsprechend befähigten Polizei- und Sicherheitsbehörden gemeinsam gelingen kann“.
[Quelle: Hess. Innenministerium]