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BVerwG kippt Vorratsdatenspeicherung endgültig

Die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist unvereinbar mit der EU-Datenschutzrichtlinie und darf daher nicht mehr angewendet werden. Dies hat jetzt das BVerwG entschieden (BVerwG, Urt. v. 14.8.2023 – 6 C 6.22 [s. BVerwG PM Nr. 66/2023]). Zuvor hatten die Berliner Richter den EuGH angerufen und von ihm entscheidungserhebliche EU-rechtliche Fragestellungen klären lassen (vgl. dazu ZAP 2022, 1142).

Dem EuGH folgend entschied das BVerwG jetzt, dass die in § 175 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 176 TKG (§ 113a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 113b TKG a.F.) geregelte Verpflichtung der Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste zur Speicherung der dort genannten Telekommunikations-Verkehrsdaten in vollem Umfang mit Art. 15 Abs. 1 der EU-Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (Richtlinie 2002/58/EG) unvereinbar ist. Damit gaben die Richter zwei Telekommunikationsunternehmen Recht, die sich gegen die ihnen zuerst durch § 113a Abs. 1 i.V.m. § 113b TKG in der Fassung des Gesetzes vom 10.10.2015 auferlegte und nunmehr inhaltlich weitestgehend unverändert in § 175 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 176 TKG geregelte Verpflichtung gewandt hatten, Telekommunikationsverkehrsdaten ihrer Kunden auf Vorrat zu speichern. Die für eine Dauer von zehn Wochen zu speichernden Daten umfassten u.a. die Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Beginn und Ende der Verbindung oder der Internetnutzung bzw. die Zeitpunkte der Versendung und des Empfangs einer Kurznachricht, zugewiesene Internetprotokoll-Adressen und Benutzerkennungen sowie Kennungen der Anschlüsse und Endgeräte. Für eine Dauer von vier Wochen zu speichern waren zudem Standortdaten, d.h. im Wesentlichen die Bezeichnungen der bei Beginn der Verbindung genutzten Funkzellen.

Diese Vorgaben für die Telekommunikationsunternehmen deutete das BVerwG so, dass sie eine anlasslose, flächendeckende und personell, zeitlich und geografisch undifferenzierte Vorratsspeicherung eines Großteils der Verkehrs- und Standortdaten vorschreiben. Dies genüge schon deshalb nicht den unionsrechtlichen Anforderungen, weil keine objektiven Kriterien bestimmt würden, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellten. Da die Vorratsspeicherung der genannten Daten und der Zugang zu ihnen unterschiedliche Eingriffe in die betroffenen Grundrechte darstellten, die eine gesonderte Rechtfertigung erforderten, sei die Begrenzung der Verwendungszwecke in § 177 Abs. 1 TKG (§ 113c Abs. 1 TKG a.F.) von vornherein nicht geeignet, die unionsrechtliche Anforderung klarer und präziser Regeln für die vorgelagerte Maßnahme der Speicherung der Daten zu erfüllen. Zudem fehle es in der deutschen Umsetzung der EU-Richtlinie an der vom EuGH geforderten strikten Begrenzung der allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten auf die Zwecke des Schutzes der nationalen Sicherheit, der Bekämpfung schwerer Kriminalität oder der Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit. Entsprechende Beschränkungen der Speicherungszwecke seien im TKG nicht vorgesehen, und zwar weder in der alten noch in der derzeit geltenden Fassung.

Da eine unionsrechtskonforme Auslegung wegen des vom EuGH hervorgehobenen Grundsatzes der Bestimmtheit und Normenklarheit nicht in Betracht kam, entschied das BVerwG, dass die Regelung im Telekommunikationsgesetz nicht mehr angewendet werden darf.

[Quelle: BVerwG]

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