Eine interessante Klarstellung in der andauernden Prozesswelle rund um den Dieselskandal hat kürzlich der BGH vorgenommen. Er äußerte sich zu dem sog. Thermofenster, also einer Abschalteinrichtung in der Abgasreinigung eines Dieselfahrzeugs. Hierzu entschieden die Karlsruher Richter, dass selbst dann, wenn der Hersteller eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut haben sollte, dies allein nicht für die Annahme einer sittenwidrigen Handlung des Herstellers ausreicht (BGH, Beschl. v. 29.9.2021 – VII ZR 223/20).
Der VII. Zivilsenat widersprach in seiner Entscheidung sowohl dem LG Stuttgart, das der Klage des Fahrzeugkäufers stattgegeben hatte, als auch dem OLG Stuttgart, das die Klage zwar abgewiesen, die Rechtsfrage des „Thermofensters“ aber für höchstrichterlich noch nicht geklärt hielt und deshalb die Revision zugelassen hatte. Die durch die Abschalteinrichtung aufgeworfenen Rechtsfragen seien sämtlich schon geklärt, belehrten die Karlsruher Richter ihre vorinstanzlichen Kollegen. Denn selbst wenn es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung handeln sollte, sei der darin liegende Gesetzesverstoß nicht geeignet, den Einsatz der Steuerungssoftware als besonders verwerflich erscheinen zu lassen, wie es § 826 BGB erfordere.
Vielmehr wären dafür Anhaltspunkte für wissentlich unterbliebene oder unrichtige Angaben des Herstellers im Typgenehmigungsverfahren erforderlich, die noch dazu auf ein heimliches und manipulatives Vorgehen oder eine Überlistung des Kraftfahrtbundesamtes und damit auf einen bewussten Gesetzesverstoß hindeuten würden. In den Entscheidungsgründen deuteten die Richter an, dass sie dies bei einer sog. Prüfstandserkennungssoftware durchaus in Betracht ziehen würden. Im vorliegenden Fall sei für ein solches manipulatives Vorgehen des Fahrzeugherstellers jedoch nichts vorgetragen worden. Allein aus dem Vorhandensein eines – unterstellt – nicht rechtskonformen Thermofensters lasse sich aber eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nicht herleiten. Die Zulassung der Revision habe daher eine nicht entscheidungserhebliche Frage betroffen.
[Quelle: BGH]
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