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BGH erlaubt Sammelklagen-Inkasso

BGH erlaubt Sammelklagen-Inkasso

Der Bundesgerichtshof hat das sog. Sammelklage-Inkasso für zulässig erklärt. Mit Urt. v. 13.7.2021 (II’ZR 24/20 [vorinstanzlich: KG, Urt. v. 3.4.2020 – 14 U 156/19]) entschied der BGH im Verfahren eines Inkassodienstleisters gegen Air Berlin, dass die zugrundeliegenden Abtretungen rechtswirksam sind und kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vorliege.

Der Fall: Die Klägerin, eine GmbH, ist als Rechtsdienstleisterin für Inkassodienstleistungen (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG) registriert. Auf einer von ihr betriebenen website warb sie dafür, Ansprüche gegen die zwischenzeitlich insolvente Air Berlin auf Rückzahlung des Flugpreises gesammelt über sie geltend zu machen. Den Kunden sollten keine Kosten entstehen, die Klägerin im Erfolgsfall 35 % der Nettoerlöse aus dem Forderungseinzug erhalten. Aus abgetretenem Recht hat die Klägerin Schadensersatzansprüche von insgesamt sieben Kunden gegen den ehemaligen Geschäftsleiter der Air Berlin eingeklagt, da er verspätet Insolvenzantrag gestellt habe. Die Kunden haben zwischen Mai und Juli 2017 Flüge bei Air Berlin gebucht und bezahlt, die aufgrund der Insolvenz nicht mehr durchgeführt wurden. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben, vor dem BGH bekam die Rechtsdienstleisterin jetzt jedoch Recht.

Der BGH entschied, dass die hier zu beurteilende Tätigkeit der Klägerin von ihrer Befugnis gedeckt ist, Inkassodienstleistungen zu erbringen. Vom Inkassobegriff der § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 S. 1 RDG seien Geschäftsmodelle miterfasst, die ausschließlich oder vorrangig auf eine gerichtliche Einziehung der Forderung abzielen. Dies gelte auch für das sog. Sammelklage-Inkasso, bei dem mehrere Forderungen gesammelt und gebündelt gerichtlich geltend gemacht werden. Weder dem Wortlaut noch der Systematik der § 1 Abs. 1 S. 1, § 3 RDG lasse sich entnehmen, dass solche Inkassoformen keine zulässigen Rechtsdienstleistungen seien.

Bei einer am Schutzzweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes – die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen – orientierten Würdigung erfasse der Begriff der Inkassodienstleistung unter Berücksichtigung der Berufsausübungsfreiheit des Inkassodienstleisters (Art. 12 Abs. 1 GG) auch Inkassomodelle, bei denen eine Vielzahl von Einzelforderungen gebündelt werden. Auch andere Gründe stünden der Zulässigkeit nicht entgegen: So sei einem Rechtsdienstleister die Tätigkeit zwar bei einer Unvereinbarkeit mit einer anderen Leistungspflicht nach § 4 RDG verboten. Ein solcher Interessenkonflikt, der eine entsprechende Anwendung des § 4 RDG auf den vorliegenden Fall rechtfertigen könnte, sei hier aber nicht zu erkennen.

[Quelle: BGH]

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