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Meine beA-chtlichen Erfahrungen

Als wären nicht schon alle Gemüter erhitzt genug, kommt jetzt auch noch die Justiz daher und meint, dass für sie natürlich ganz andere Spielregeln gelten – erst ab 1.1.2026 sollen alle Gerichte mit der elektronischen Akte arbeiten. Ist doch ein Träumchen, oder? Denn wer liebt nicht den sog. Medienbruch, den ich gern einmal anhand eines Beispiels verdeutliche.

Für mein Verständnis ist beA nur dann sinnvoll, wenn es alle Beteiligten gleich nutzen. Leider sind viele Gerichte noch nicht so weit. Es geschieht also folgendes Schauspiel: Man bekommt eine Verfügung mit Stellungnahmefrist vom Gericht samt Schriftsatz der Gegenseite in Papierform, samt Empfangsbekenntnis in Papierform. Hier stellt sich schon die erste Frage – „Wie sende ich das übersandte Empfangsbekenntnis denn nun zurück?“– in der Anfangszeit ein Riesendrama!

Nachdem man diese Frage abgeklärt hat, fertigt der Anwalt seine Stellungnahme innerhalb der Frist an. Aber halt: Gibt es nicht eine beA-Pflicht? Genauso ist es. Also muss der Frist- Schriftsatz nun auch per beA versandt werden. Gesagt getan, Frist gewahrt. Wirklich? Auch da gab es in der Anfangszeit sehr große Unsicherheit. Um dem Ganzen dann noch die Krone aufzusetzen, druckt das Gericht in der Poststelle nun unseren eingereichten Schriftsatz aus, vorausgesetzt, dass der Poststellen-Drucker überhaupt noch bei dieser ganzen Ausdruckerei mitmacht. Denn auch das ist bei den Gerichten ein Riesenproblem. Es wird also fleißig bei Gericht ausgedruckt und vorgelegt, damit es dann der Gegenseite zur Stellungnahme erneut per Post zugestellt wird, welche dann wieder alles per beA einreichen wird – Medienbruch at its finest.

Die Poststellen der Gerichte sind überlastet, da größtenteils alles noch ausgedruckt und vorgelegt werden muss. Nach einem Telefonat mit der Poststelle eines größeren Landgerichts wurde mir von der Mitarbeiterin mitgeteilt, dass man heute etwas „unpässlich“ sei, da der Drucker der Poststelle ausgefallen ist und der gesamte beA-Eingang des halben Tages (es war kurz nach Mittag) – über 1.000 beA-Eingänge (!) – nicht gedruckt werden konnte. Man lasse sich die Zahl mal auf der Zunge zergehen, an den enormen Papierverbrauch darf man gar nicht erst denken! Natürlich bringt es nun nichts, auf die Gerichtsmitarbeiter zu schimpfen und sich bei denen zu beschweren, denn auch diese hätten es sicher gern leichter und würden auch lieber digitaler arbeiten.

Nun hilft natürlich alles Jammern nichts, da wir nun mit beA leben müssen und eigentlich ist es ja auch kein Hexenwerk. beA kann vieles erleichtern, sofern man gewillt ist, sich mit der digitalen Welt anzufreunden und sich darauf einzulassen.

Natürlich sollte man weiterhin ein „Was wäre, wenn?“ im Hinterkopf haben, denn die Abhängigkeit von funktionierender Technik ist auf jeden Fall da. Mit Stromausfällen, Funktionsstörungen oder auch der technischen Ausstattung der eigenen Kanzlei sollte man sich (und damit meine ich alle Mitarbeitenden einer Kanzlei) auf jeden Fall einmal beschäftigen. Auch darf man gern einmal auf die eigenen Azubis hören, denn diese haben sehr brauchbare Ideen zur Digitalisierung einer Kanzlei. Sie gehören schließlich zu der Generation, die den Umgang mit der digitalen Welt quasi mit dem ersten Atemzug inhaliert hat!

 

 

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