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Gewohnheiten etablieren – Fährt Ihr Autopilot Sie gut durch den Tag?

Morgens immer als allererstes einen Kaffee trinken, schwierige Akten erstmal eine Woche auf die Fensterbank legen, jeden Tag einen Apfel essen oder auf unliebsame Beschlüsse mit Gebrüll reagieren – wir alle haben Gewohnheiten, die unseren Alltag prägen. Manche machen ihn leichter, mit anderen machen wir uns das Leben auch mal selbst ein bisschen schwerer, als es sein müsste. Und die meisten sind uns gar nicht so richtig bewusst. Dabei machen sie einen guten Teil unseres täglichen Daseins aus – Grund genug, sie einmal genau anzusehen und den Autopiloten gegebenenfalls ein bisschen nachzujustieren.

 

Für ein besseres Gefühl im Alltag

Nicht, um uns auch noch bis ins kleinste Detail unseres Lebens durchzuoptimieren. Aber um die Chance zu nutzen, uns quasi automatisch noch ein bisschen besser zu fühlen und eine gute Grundlage zu haben für das, was uns in unserem Alltag begegnet. Unser Gehirn freut sich über alles, was es in das Unterbewusstsein ablegen kann und so haben wir dort dann auch Kapazitäten frei für andere Themen. Und die kommen ja sowieso. Welche kleine Gewohnheit könnte Ihrer Gesundheit nützen, Ihrer Laune oder auch Ihrer inneren Ruhe?

 

Wo fährt Ihr Autopilot denn eigentlich?

Wie immer: erstmal beobachten. Wenn Sie zum Beispiel das Gefühl haben, zu viel Zeit in der Kanzleiküche zu verquatschen: In welchen Situationen gehen Sie in die Küche? Sind das bestimmte Uhrzeiten, weil Sie nunmal – wenn kein Gerichtstermin dazwischen kommt – gern um 13.00 h etwas essen? Oder schauen Sie immer dann nach, ob zufällig gerade noch jemand vor der Kaffeemaschine steht, wenn Sie im Schriftsatz nicht weiterkommen? Oder nach jedem Besprechungstermin? Bringen Sie die Gespräche auf neue Ideen oder sind wertvoll für die Beziehung zum Rest des Teams? Dann könnte es sich um eine nützliche Gewohnheit handeln. Ist es eine reine Vermeidungstaktik und die Gespräche oft eher Zeitfresser, unterstützt Sie die Gewohnheit eher nicht.

 

Vom Beispiel zu Ihrem Leben

Fragen Sie sich:

  • Welche Gewohnheiten haben Sie?
  • Welche hätten Sie gern?
  • Welche Gewohnheiten unterstützen Sie?
  • Welche machen keinen Sinn, kleben aber irgendwie trotzdem an Ihnen?

 

Eine neue Gewohnheit etablieren

Wenn wir irgendeine Sache zur Gewohnheit machen möchten, hilft die direkte Verbindung mit etwas, das wir ohnehin machen. Mir tut es gut, auf Wasser zu schauen und einfach nur ein bisschen zu atmen. Es hilft mir, innerlich etwas zur Ruhe zu kommen. Ich wohne in der Nähe von einem Teich in einem Park. Aber ich erinnere mich aus den letzten ungefähr 2 Jahren genau an ein Mal, an dem ich extra dort hingegangen bin, nur um auf das Wasser zu schauen. Ich mache das nicht, obwohl es mit guttut, weil mir andere Dinge oftmals gerade wichtiger erscheinen. Ich laufe aber regelmäßig um den Teich. Also habe ich mir angewöhnt, immer wenn ich an einem bestimmten Holzsteg vorbeikomme, kurz anzuhalten und einfach auf das Wasser zu schauen. Ein bisschen zu atmen. Dadurch mache ich es inzwischen regelmäßig.

Ich habe die gewünschte Gewohnheit – ein wenig zur Ruhe kommen durch das auf das Wasser Schauen – an eine bestehende Gewohnheit angedockt, meine regelmäßigen Joggingrunden. Wenn ich jetzt den Steg sehe, laufe ich hin. Genauso habe ich mir das Glas Wasser angewöhnt, das ich morgens trinke, während ich den Kaffee koche.

Es funktioniert auch mit anderen Dingen in anderen Lebensbereichen. Schauen Sie, welche Tätigkeiten in Ihrem Tag auf jeden Fall vorkommen. Wenn Sie üben möchten, öfter mal die Perspektive zu wechseln, könnten Sie bei jedem Absenden einer Mail die Nachricht noch einmal aus der Sicht des Empfängers lesen. Wenn Sie mehr Wasser trinken möchten, könnten Sie jedes Mal, wenn Sie im Laufe des Tages ihr Büro betreten und sich wieder an den Schreibtisch setzen, ein paar Schlucke nehmen. Oder nach jedem Telefonat. Sie können an jedem Morgen eine Akte von der Fensterbank nehmen und vor allem anderen bearbeiten oder immer, wenn Sie telefoniert haben, sofort eine Notiz machen.

Ähnlich können Sie vorgehen, wenn Sie eine Gewohnheit, die ihnen nicht nützlich ist, ablegen möchten. Beobachten Sie, womit die Gewohnheit zusammenhängt. In welchen Situationen tritt sie auf? Suchen Sie sich etwas, das die ungewünschte Reaktion ersetzt.

 

Von heute auf morgen

Denken Sie daran, dass es eine Weile dauert, bis uns eine neue Gewohnheit so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass wir sie ganz selbstverständlich immer wiederholen. Bis es so weit ist, können wir uns Erinnerungen einbauen, zum Beispiel einen Klebezettel am Bildschirm oder einen täglichen Reminder im Handy. Oft wird gesagt, dass es in 21 Tagen zu schaffen ist, eine neue Gewohnheit anzunehmen oder eine alte abzulegen bzw. zu ersetzen. Das geht offenbar allerdings auf ein Gerücht zurück oder auf eine nicht ganz korrekte Weiterverbreitung einer Erkenntnis. Der amerikanische Schönheitchirurg Maxwell Maltz (er lebte von 1899 bis 1975) hat seine Patientinnen und Patienten nach seinen Operationen beobachtet und dabei festgestellt, dass die durchschnittlich mindestens 21 Tage brauchten, um sich an ihr neues Aussehen zu gewöhnen. Das „mindestens“ ist in den Jahren danach offenbar verloren gegangen, es ist aber wichtig. Denn es kann auch länger dauern – also nicht frühzeitig aufgeben!

Aus der Juristerei kennen wir es, oft kommt es auch bei der Einstellung des eigenen Autopiloten auf den Einzelfall an. Auf Ihre Situation, Ihr Umfeld und Ihre Lebensumstände. Neuere Studien haben herausgefunden, dass es ganz unterschiedlich lang dauern kann, eine neue Gewohnheit zu etablieren, die Probanden von Phillippa Lally benötigten zwischen 18 und 254 Tage, durchschnittlich waren es 66 Tage (Phillippa Lally, How habits are formed, 2009).

Das Gute ist: anfangen können Sie jederzeit. Und ihren Autopiloten so trainieren, dass er sie sicher durch ihren trubeligen Alltag führt.

 

 

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