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Die Zahlungsvereinbarung im Lichte der Rechtsprechung und aktuellen Gesetzgebung

Die Ratenzahlungsvereinbarung gehört zum Tagesgeschäft im Forderungseinzugsmandat. In der Praxis kommt es nach erwirktem Titel und außergerichtlicher Androhung der Zwangsvollstreckung häufig zu einer Ratenzahlungsvereinbarung.

Gebührenrechtlich löst dieser Ratenzahlungsvergleich eine Einigungsgebühr nach Anmerkung Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zu Ziffer 1000 VV RVG aus. Gemäß § 31b RVG beträgt der Gegenstandswert derzeit 20 % der Forderungen einschließlich der Kosten und Zinsen gemäß § 25 Abs. 1 RVG.

Durch das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht treten im Bereich der Zahlungsvereinbarung zum 1.10.2021 zahlreiche Änderungen in Kraft. Dazu im Einzelnen:

Gegenstandswert und Satzrahmen der Einigungsgebühr

Der soeben angesprochene Gegenstandswert bei der Zahlungsvereinbarung wird auf 50 % (anstatt bisher 20 %) der Forderung angehoben. Im Gegenzug wird allerdings der Satzrahmen der Einigungsgebühr auf 0,7 (anstatt bisher 1,5 bzw. 1,0) gesenkt. Im Ergebnis bedeutet das freilich erhebliche Gebühreneinbußen. Es darf mit aller Deutlichkeit angezweifelt werden, dass die Überlegungen des Gesetzgebers aufgehen und die Gläubiger ihren Schuldnern großzügige Ratenzahlungen gewähren.

Der Gesetzgeber gibt sich offenbar immer noch der praxisfernen Illusion hin, dass der Abschluss einer Zahlungsvereinbarung mit keinerlei Aufwand verbunden ist. Weiterhin geht er offenbar – ebenfalls völlig praxisfern – davon aus, dass sich Schuldner Monat für Monat tatsächlich auch an die Zahlungsvereinbarung halten. Jeder Praktiker im Forderungseinzugsmandat weiß, dass Ratenzahlungen nicht, nur teilweise oder nur mit erheblichem Aufwand (telefonische Erinnerungen, schriftliche Mahnungen, Fortsetzung der Zwangsvollstreckung, Ratenzahlungsvereinbarungen werden nicht unterschrieben zurückgeschickt) funktionieren.

In Anbetracht der erheblichen Gebührenreduktion wird sich ein Gläubiger bzw. Gläubigervertreter tatsächlich zweimal überlegen, ob er den Aufwand und die Risiken einer Zahlungsvereinbarung auf sich nimmt oder nicht lieber konsequent die Zwangsvollstreckung betreibt. Das wäre dann genau das, was der Gesetzgeber beim Verbraucherschutz vermeiden wollte. Eine Entlastung der Gerichtsvollzieher und Gerichte wird so ebenfalls nicht vermieden.

Beispiel 1:

Forderung mit Kosten und Zinsen 480,00 EUR; Vollstreckungsandrohung im Anschluss Zahlungsvereinbarung

Gebühren bei einer Zahlungsvereinbarung bis zum 30.9.2021:

Bezeichnung Betrag
0,30 Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV, § 13 RVG

(Streitwert: 480,00 EUR)
15,00 EUR
1,50 Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV, § 13 RVG

(Streitwert: 96,00 EUR) = 20 % aus 480,00 EUR
73,50 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV 17,70 EUR
Zwischensumme 106,20 EUR
19,00 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 20,18 EUR
Endsumme 126,38 EUR

Gebühren für eine Zahlungsvereinbarung ab 1.10.2021:

Bezeichnung Betrag
0,30 Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV, § 13 RVG

(Streitwert: 480,00 EUR)
15,00 EUR
0,70 Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV, § 13 RVG

(Streitwert: 240,00 EUR) = 50 % aus 480,00 EUR
34,30 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV 9,86 EUR
Zwischensumme 59,16 EUR
19,00 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 11,24 EUR
Endsumme 70,40 EUR

Beispiel 2:

Forderung mit Kosten und Zinsen: 16.890,00 EUR; Vollstreckungsandrohung im Anschluss Zahlungsvereinbarung

Gebühren bei einer Zahlungsvereinbarung bis zum 30.9.2021:

Bezeichnung Betrag
0,30 Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV, § 13 RVG

(Streitwert: 16.890,00 EUR)
231,00 EUR
1,50 Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV, § 13 RVG

(Streitwert: 3.378,00 EUR) = 20 % aus 16.890,00 EUR
417,00 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Zwischensumme 668,00 EUR
19,00 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 126,92 EUR
Endsumme 794,92 EUR

Gebühren für eine Zahlungsvereinbarung ab 1.10.2021:

Bezeichnung Betrag
0,30 Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV, § 13 RVG

(Streitwert: 16.890,00 EUR)
231,00 EUR
0,70 Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV, § 13 RVG

(Streitwert: 8.445,00 EUR) = 50 % aus 16.890,00 EUR
390,60 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Zwischensumme 621,60 EUR
19,00 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 118,10 EUR
Endsumme 739,70 EUR

Die Vergleichsrechnungen zeigen, dass sich die Gebührenreduzierung am stärksten im Bereich der Klein- und Kleinstforderungen auswirken und bei den höheren Forderungen durch Streitwerterhöhung einigermaßen amortisiert.

Hinweispflichten

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber ab 1.10.2021 zahlreiche Hinweispflichten vorsieht.

Für Inkassodienstleister normiert § 13a Abs. 3 RDG und für Rechtsanwälte § 43d Abs. 3 BRAO, dass vor Abschluss einer Zahlungsvereinbarung mit einer Privatperson (Verbraucher) in Textform auf die durch die Zahlungsvereinbarung entstehenden Kosten hinzuweisen ist.

Neben dieser nunmehr vom Gesetzgeber eindeutigen Regelung bezüglich der Hinweispflicht auf die Kosten bedarf es bereits heute nach der Rechtsprechung einer ausdrücklichen Kostenübernahme durch den Schuldner. Fehlt eine solche ausdrückliche Kostenübernahme, gelten nach § 98 ZPO die Kosten als gegeneinander aufgehoben. Der Gläubiger muss dann die bei seinem Anwalt angefallene Einigungsgebühr selbst tragen (BGH NJW 2006, 1598 = AGS 2006, 214). Deshalb muss die Kostenübernahme durch den Schuldner unbedingt in die Vereinbarung mit aufgenommen werden.

In der Praxis stellt sich allerdings ein weiteres Problem: Schuldner schicken eine schriftlich unterbreitete Ratenzahlungsvereinbarung oftmals nicht unterzeichnet zurück. Besteht der Gläubiger darauf, dass der Schuldner eine schriftliche Ratenzahlungsvereinbarung unterschrieben zurückschickt und dies nicht erfolgt, gilt eine Kostenübernahme als nicht vereinbart. Dies ist selbst dann der Fall, wenn der Schuldner konform der Ratenzahlungsvereinbarung mit der Ratenzahlung beginnt (AG Osterode, DGVZ 2021, 178). Vor diesem Hintergrund ist es wenig sinnvoll, dass ein Gläubiger auf die Unterschrift des Schuldners und Zurücksendung der Zahlungsvereinbarung besteht.

Praxistipp:

Es bietet sich an, dem Schuldner die Zahlungsvereinbarung nebst dem genannten Kostenhinweis sowie die Verpflichtung zur Kostenübernahme schriftlich anzubieten und aufzunehmen, dass man mit Zahlung der ersten Rate das Angebot auf Ratenzahlung und Übernahme der Kosten für die Zahlungsvereinbarung als angenommen betrachtet.

Wird dann die erste Rate fristgerecht und vollständig gezahlt, hat der Schuldner das Ratenzahlungsangebot einschließlich der Kostenübernahme ausdrücklich – zumindest jedoch konkludent – angenommen (so auch AG Heidelberg, AGS 2016, 331; DGVZ 2016, 113).

Problematisch ist es allerdings, wenn der Rechtsdienstleister die Zahlungsvereinbarung bereits telefonisch vollständig bestätigt. Damit ist die Ratenzahlungsvereinbarung mündlich zustande gekommen. Im Hinblick auf die Kostenübernahme kann dann die Hinweispflicht vor Abschluss der Zahlungsvereinbarung in Textform nicht eingehalten werden, mit der Folge, dass dem Schuldner diese Kosten nicht auferlegt werden können.

Praxistipp:

Hier empfiehlt es sich, lediglich den Ratenzahlungswunsch und die Konditionen aufzunehmen und ein tatsächliches Angebot zur Ratenzahlung – wie oben skizziert – schriftlich zu unterbreiten. Der Rechtsdienstleister kann sich im Rahmen des Telefongesprächs immer darauf zurückziehen, dass er schließlich erst Rücksprache mit dem Mandanten halten muss und daher keine verbindlichen Zusagen telefonisch treffen kann.

Und schließlich kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass die in der Ratenzahlungsvereinbarung festgesetzten Zahlungen nicht pünktlich erfolgen oder gänzlich ausgesetzt werden. Der Gläubiger unternimmt dann regelmäßig weitere Vollstreckungsandrohungen gegenüber dem Schuldner. Diese weiteren Vollstreckungsandrohungen lösen dann aber keine neue Angelegenheit aus (AG Nordhausen DGVZ 2021, 177), weil bereits mit der ersten Vollstreckungsandrohung die jeweilige Verfahrensgebühr entstanden ist. Vielmehr gilt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, dass insoweit nur eine einzige Vollstreckungsangelegenheit vorliegt. Auch die auf die erste Vollstreckungsandrohung erfolgte Zahlungsvereinbarung ändert hieran nichts. Sie führt lediglich dazu, dass die Vollstreckung bzw. die angedachte Vollstreckung unterbrochen wird, solange die Raten pünktlich gezahlt werden.

Wenn der Schuldner seine Ratenzahlung gänzlich einstellt und der Gläubiger nachfolgend tatsächlich vollstreckt, liegt ebenfalls noch keine neue Angelegenheit vor. Die Vollstreckungsandrohung und die Durchführung der ersten Vollstreckung sind auch insoweit eine einzige Angelegenheit. Die zwischenzeitlich entstandene Einigungsgebühr für die Zahlungsvereinbarung ist allerdings als notwendige Vollstreckungskosten mit zu berücksichtigen. Sie gerät weder im Nachhinein in Wegfall, noch ist sie davon abhängig, dass der Teilzahlungsvergleich auch tatsächlich vollständig erfüllt wird.

Regelmäßig werden Ratenzahlungsvereinbarungen mit einem schriftlichen Schuldanerkenntnis kombiniert. Auch hier sieht das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht für Inkassodienstleister in § 13a RDG und für Rechtsanwälte in § 43d BRAO ab 1.10.2021 weitere Hinweispflichten vor.

Fordert der Inkassodienstleistungen erbringende Rechtsanwalt oder Inkassodienstleister eine Privatperson zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses auf, muss er sie nach § 43d Abs. 4 BRAO bzw. § 13a Abs. 4 RDG mit der Aufforderung in Textform darauf hinweisen, dass sie durch das Schuldanerkenntnis in der Regel die Möglichkeit verliert, solche Einwendungen und Einreden gegen die anerkannte Forderung geltend zu machen, die zum Zeitpunkt der Abgabe des Schuldanerkenntnisses begründet waren.

Der Hinweis muss

  • deutlich machen, welche Teile der Forderung vom Schuldanerkenntnis erfasst werden,
  • typische Beispiele von Einwendungen und Einreden benennen, die nicht mehr geltend gemacht werden können, wie das Nichtbestehen, die Erfüllung oder die Verjährung der anerkannten Forderung, und
  • die Auswirkungen des Schuldanerkenntnisses auf die Verjährung der Forderung erläutern.

Diese Regelung des Gesetzgebers kann nur als misslungen gelten, da sie letztlich aus Sicht des Gläubigervertreters einem Parteiverrat gleicht. Der Gesetzgeber hatte offenbar verkannt, dass Rechtsdienstleister die Interessen ihres Auftraggebers/Mandanten wahrzunehmen haben und nicht wie Notare agieren, die letztlich alle Beteiligten über Rechte und Pflichten aufzuklären haben. Jedem Schuldner steht es frei, sich vor Abschluss einer Vereinbarung anwaltlichen Rat einzuholen, notfalls im Wege der Beratungshilfe. Der Gesetzgeber sollte daher ggf. etwas mehr Vertrauen in bereits seit Jahren bestehende und vor allem funktionierende gesetzliche Regelungen haben, anstatt sich immer mehr zu verstricken.

Praxistipp:

Und wieder einmal nach gesetzlichen Neuerungen gilt: Die Rechtsdienstleister tun gut daran, sich rechtzeitig auf die Veränderungen zum 1.10.2021 einzustellen und auch ihre Textbausteine und Vereinbarungen entsprechend anzupassen.

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