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Taugliches Tatobjekt bei der Geldwäsche

Durch Steuerhinterziehung ersparte Aufwendungen sind kein taugliches Tatobjekt i.S.d. § 261 Abs. 1 StGB i.d.F. des Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9.3.2021.

(Leitsatz des Gerichts)

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.5.2021 – 4 Ws 53/21

I. Sachverhalt

Gegen den Beschuldigten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche geführt. In dem hat das AG am 21.12.2020 gemäß §§ 111e Abs. 1, 111j Abs. 1 StPO zur Sicherung der Vollstreckung des staatlichen Anspruchs auf Einziehung des Wertes von Taterträgen einen Vermögensarrest in Höhe von 485.000 EUR in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beschuldigten und der D Immobilien GmbH, S, als Gesamtschuldner angeordnet. Zur Begründung des Verdachts der Geldwäsche ist ausgeführt, dass der Beschuldigte verdächtig sei, im Zeitraum von 2012 bis 2020 Geldbeträge aus Steuerhinterziehungen über sein Firmenkonsortium mit Firmen in der Schweiz in andere, bereits gelöschte Unternehmen verschoben zu haben, um diese Geldbeträge scheinbar zu legalisieren und die inkriminierten Vermögenswerte vor den Behörden zu verbergen, indem er Gewinne seines Unternehmens „J Grundstücksverwaltungs GmbH & Co. KG“ dadurch reduzierte, dass er Aufwendungen in Bezug auf Verbindlichkeiten zu seinem Unternehmen „T AG“ in der Schweiz zum Schein generierte und damit seine Steuerpflicht verkürzte, sodann Geldbeträge aus der Steuerhinterziehung auf Konten der „T AG“ und der ebenfalls von ihm beherrschten „S AG“ − bei beiden Gesellschaften soll es sich um sog. Domizilgesellschaften handeln − transferierte und am 16.6.2020 einen Betrag von 485.000 EUR von der zu diesem Zeitpunkt bereits liquidierten „S AG“ an die ebenfalls bereits liquidierte „D Immobilien GmbH“, deren alleiniger Gesellschafter und Liquidator er war, überwies.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde des Beschuldigten hat das LG als unbegründet verworfen. Hiergegen wendet sich der Beschuldigte mit seiner weiteren Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat. Die weitere Beschwerde hatte beim OLG Erfolg.

II. Entscheidung

Das OLG hat den Arrestbeschluss aufgehoben, da die Voraussetzungen für die Anordnung eines Vermögensarrestes gemäß § 111e Abs. 1 StPO nicht (mehr) vorliegen. Nach § 111e Abs. 1 S. 1 StPO könne zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden, wenn die Annahme begründet sei, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen. Die Anordnung des Vermögensarrestes setze danach – neben einem erforderlichen Sicherungsbedürfnis (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 111e Rn 5) – voraus, dass bestimmte Tatsachen die Annahme (im Sinne einer gewissen Wahrscheinlichkeit) begründen, dass die Voraussetzungen für eine spätere gerichtliche Anordnung der Wertersatzeinziehung vorliegen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 111e Rn 4), mithin, dass ein einfacher Tatverdacht der Begehung einer Straftat besteht und Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Einziehung von Wertersatz in dem Urteil wegen der Tat oder im selbstständigen Einziehungsverfahren (§ 76a StGB, §§ 435, 436 StPO) angeordnet werden wird (KG, Beschl. v. 2.6.2020 – 4 Ws 21/20; OLG Hamburg, Beschl. v. 26.10.2018 – 2 Ws 183/18).

Vorliegend bestehe – anders als zum Zeitpunkt der Anordnung des Vermögensarrestes durch das AG – der Verdacht eines Vergehens der Geldwäsche gemäß § 261 StGB nicht mehr. Das dem Beschuldigten in dem Vermögensarrest vorgeworfene Verhalten rechtfertige nach der Neufassung des § 261 StGB durch das am 18.3.2021 in Kraft getretene „Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche“ vom 9.3.2021 (BGBl I, S. 327 ff.) nicht mehr die Annahme, dass sich der Beschuldigte wegen Geldwäsche strafbar gemacht habe. Denn nach § 261 Abs. 1 StGB in der seit dem 18.3.2021 geltenden Fassung handele es sich bei dem Betrag von 485.000 EUR nicht (mehr) um einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Vortat herrühre. Mache der Vortäter – wie es hier dem Beschuldigten vorgeworfen werde – gegenüber der Finanzbehörde falsche Angaben und erreiche hierdurch, dass gegen ihn ein zu niedriger Steuerbetrag festgesetzt werde, handele es sich bei den insoweit ersparten Aufwendungen in Höhe des Verkürzungsbetrags nicht um „illegal erworbene“ Vermögenswerte, sondern lediglich um einen rechnerischen Vorteil im Gesamtvermögen, der zwar konkret bezifferbar sei, sich aber nicht in einem bestimmten, von diesem abtrennbaren Vermögensbestandteil niederschlage (amtl. Begründung BT-Drucks 19/24180, S. 17 und 14/7471, S. 9; Fischer, StGB, 68. Aufl., § 261 Rn 11 m.w.N.). Um solche Vermögenswerte im Rahmen des Geldwäschetatbestands zu erfassen, habe § 261 Abs. 1 S. 3 StGB in der bis zum 17.3.2021 gültigen Fassung für bestimmte Delikte eine Erweiterung des Kreises der Tatobjekte gegenüber § 261 Abs. 1 S. 1 StGB vorgesehen und habe ihn bei gewerbsmäßiger oder bandenmäßiger Steuerhinterziehung nach § 370 AO auch auf die durch die Steuerhinterziehung ersparten Aufwendungen erstreckt. Diese Regelung sei in der seit dem 18.3.2021 gültigen Neufassung des § 261 StGB weggefallen. In der Gesetzesbegründung sei insoweit ausgeführt, dass wegen der mit dem Wegfall eines selektiven Vortatenkatalogs verbundenen erheblichen Ausweitung der Geldwäschestrafbarkeit an den bisher in § 261 Abs. 1 S. 3 StGB für bestimmte Steuerdelikte vorgesehenen Erweiterungen des Tatobjektsbegriffs nicht festgehalten werden solle (BT-Drucks 19/24180, S. 17). Der Wegfall des bisherigen § 261 Abs. 1 S. 3 StGB widerspreche auch nicht Art. 2 Nr. 1 Buchstabe q der Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche (ABl L 284 vom 12.11.2018), wonach Steuerstraftaten im Zusammenhang mit direkten und indirekten Steuern Vortat der Geldwäsche sein sollen, da es sich bei den durch die Steuerhinterziehung ersparten Aufwendungen gerade nicht um Fälle von Geldwäsche nach den Vorgaben der Richtlinie oder der Financial Action Task Force (FATF) handele. Als geldwäscherelevant würden sowohl nach der Richtlinie als auch nach der Empfehlung 3 der FATF Vermögensgegenstände bezeichnet, die aus einer kriminellen Tätigkeit stammen bzw. Erträge aus Straftaten sind. Ersparten Aufwendungen fehle aber genau dieser kriminelle Ursprung, denn es handele sich regelmäßig um legal erworbenes Vermögen, das wegen der Tat nur weiterhin in der Vermögensgesamtheit des Täters als rechnerischer Vorteil verbleibe. Damit werde er aber nicht zu einem tauglichen Geldwäscheobjekt (BT-Drucks 19/24180, S. 18).

Werden danach durch eine Steuerhinterziehung ersparte Aufwendungen durch § 261 StGB in der seit dem 18.3.2021 gültigen Fassung nicht mehr erfasst, führe dies vorliegend dazu, dass der Beschuldigte sich nach diesem Gesetz, das vorliegend gemäß § 2 Abs. 3 StGB als das mildeste Gesetz – hierunter ist auch ein Gesetz zu verstehen, nach dem die Tat straflos ist (vgl. BGHSt 20, 119; Fischer, a.a.O., § 2 Rn 10) – anwendbar sei, nicht wegen Geldwäsche strafbar gemacht habe.

III. Bedeutung für die Praxis

Soweit ersichtlich handelt es sich bei der Entscheidung um eine der ersten zum neuen Geldwäscherecht. Das ist durch das „Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche“ vom 9.3.2021 (BGBl I, S. 327) mit Wirkung ab 18.3.2021 verschärft worden (dazu u.a. Gazeas, NJW 2021, 1041, 1043 ff.; Travers/Michaelis, NZWiSt 2021, 125; Gercke/Jahn/Köln, StV 2021, 330; Böhme/Busch, wistra 2021, 169). Für Strafverteidiger ergeben sich daraus in ihrer Praxis jedoch keine Änderung der Rechtslage (Gazeas, NJW 2021, 1041, 1045 f.).

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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