Schadensersatzpflicht des Untermieters trotz Räumungsfrist
BGH, Urt. v. 11.12.2020 – V ZR 26/20
I. Der Fall
Die Parteien streiten um Nutzungsentschädigung. Der Hauptmieter einer 106,55 qm großen Wohnung vermietete eine 7 qm große Kammer an den Beklagten unter. Nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses forderte der Vermieter den Untermieter erfolglos zur Räumung auf. Mit der Verurteilung zur Räumung wurde ihm eine Räumungsfrist bis zum 30.9.2016 gesetzt. Der Vermieter fordert nunmehr noch eine Nutzungsentschädigung für die gesamte Wohnung von März bis September 2016. Die Klage hatte in den Tatsacheninstanzen Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.
II. Die Entscheidung
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Der Vermieter hat aus § 990 Abs. 2 i.V.m. § 280 Abs. 1 u. 2; §§ 286, 249, 252 BGB Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch Vorenthaltung der ganzen Wohnung entstand. Die Vorschriften der §§ 987 ff. BGB finden auf den Besitzer nach Wegfall seines Besitzrechtes und somit auch auf den nicht mehr zum Besitz berechtigten Untermieter Anwendung. Der Untermieter haftet im Fall des Verzugs aus § 990 Abs. 2 i.V.m. § 280 Abs. 1 u. 2; §§ 280 Abs. 1, 286 BGB auch auf Ersatz des durch die Verzögerung der Herausgabe entstandenen Schadens, da er den Mangel im Besitzrecht nachträglich erfahren hat. Denn dieses endet mit Beendigung des Hauptmietverhältnisses. Die Räumungsfrist des § 721 ZPO ändert hieran nichts, da sie rein verfahrensrechtlicher Natur ist und keine materielle Bedeutung hat. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Untermieter nur Besitz an der 7 qm großen Kammer hatte. Denn die Vermietung nur einzelner Teile der Wohnung ist in der Regel nicht möglich und zumutbar, so dass ein Mietausfallschaden an der ganzen Wohnung entsteht.
Die Geltendmachung des Schadens ist nicht nach § 571 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Zwar beschränkt diese Vorschrift die Ansprüche des Vermieters für die Zeit einer Räumungsfrist nach §§ 721, 794a ZPO auf die Nutzungsentschädigung. Diese Vorschrift ist hier aber weder direkt noch analog anwendbar. Eine unmittelbare Anwendung scheitert schon daran, dass sie nicht das Verhältnis zwischen Vermieter und Untermieter regelt. Ob sie analog in diesem Verhältnis anwendbar ist, wofür einiges spricht, kann hier dahinstehen. Denn es wäre dem Vermieter jedenfalls nicht zuzumuten, trotz Vorenthaltung der ganzen Wohnung eine Nutzungsentschädigung nur für den untervermieteten Teil zu erhalten. Dann stünde er schlechter als bei direkter Anwendung der Vorschrift im Verhältnis zum Hauptmieter.
III. Der Praxistipp
Die nicht von dem für Wohnraummietsachen zuständigen VIII. Zivilsenat erlassene Entscheidung schafft Klarheit für die Beziehungen zwischen Vermieter und Untermieter bei Gewährung von Räumungsfristen. Vorsicht ist bei Schadensersatzansprüchen geboten, die über die Nutzungsentschädigung hinausgehen, da der V. Zivilsenat erkennbar mit einer analogen Anwendung von § 571 Abs. 2 BGB sympathisiert. Angesichts der traditionell engen Abstimmung zwischen V. und VIII. Zivilsenat ist mit einer Übernahme dieser Auffassung durch den zuständigen Senat für Wohnraummietsachen zu rechnen.