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Rechtsprechungstelegramm 2021-01

1. Räumungspflicht als Insolvenzforderung

Nach teilweiser Räumung der vermieteten Gewerberäume durch den Insolvenzverwalter bleibt der Anspruch auf vollständige Räumung eine Insolvenz­forderung.

BGH, Urt. v. 17.9.2020 – IX ZR 62/19

2. Schriftformerfordernis durch Übersendung zur Unterzeichnung

Übersendet eine Partei der anderen einen unterzeichneten Vertragsentwurf zur Gegenzeichnung, begründet dies hinsichtlich der Annahmeerklärung ein Schriftformerfordernis. Die bloße Übergabe der Mieträume stellt dann keinen formwirksamen Vertragsschluss dar.

OLG Dresden, Beschl. v. 30.9.2020 – 5 U 1572/20

3. Herabsetzung der Miete wegen Corona

Der Umstand, dass ein Ladengeschäft aufgrund einer Allgemeinverfügung infolge der Corona-Krise geschlossen werden musste und daher keine Einnahmen generieren konnte, stellt einen Mangel der Mietsache dar.

LG München I, Urt. v. 22.9.2020 – 3 O 4495/20; anders zuletzt LG München II v. 6.10.2020 – 13 O 2044/20; AG Düsseldorf v. 10.11.2020 – 45 C 245/20; für Störung der Geschäftsgrundlage LG Mönchengladbach v. 2.11.2020 – 12 O 154/20

1. Rückwirkende Mieterhöhung bei Verfassungswidrigkeit des Berliner Mietendeckels

Eine einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichtes zwecks Aussetzung des Berliner Mietendeckels ist nicht aufgrund schwerer Nachteile für die betroffenen Vermieter geboten. Insbesondere könnten die Vermieter auch nach einer Entscheidung in der Hauptsache, die die Verfassungswidrigkeit des Mietendeckels bejaht, die mit dem Mieter vertraglich vereinbarten Erhöhungsbeträge rückwirkend verlangen.

BVerfG, Beschl. v. 28.10.2020 – 1 BvR 972/20

2. Wirkungslosigkeit verfrühter Modernisierungsankündigungen

Eine lange (hier 16 Monate) vor den geplanten Arbeiten zugehende Modernisierungsankündigung verstößt gegen Treu und Glauben und ist daher unwirksam.

LG Berlin, Beschl. v. 1.9.2020 – 67 S 108/20

3. Geschuldeter Zustand „kernsanierter“ Wohnung

Der (schlechte) Zustand einer Wohnung bei Anmietung ist ohne abweichende mietvertragliche Regelung deren geschuldete Beschaffenheit. Dies gilt auch dann, wenn sie im Mietvertrag als „kernsaniert“ bezeichnet wird.

LG Hanau, Beschl. v. 18.9.2020 – 2 S 84/20

4. Kosten der Baumfällung als Betriebskosten

Die Kosten der Fällung kranker oder bereits abgestorbener Bäume sind umlagefähige Betriebskosten.

LG München I, Urt. v. 19.11.2020 – 31 S 3302/20

5. Voraussetzungen einer Kündigung wegen Messie-Syndroms

Nicht jede Ansammlung von Papier, Textilien etc. in einer Mietwohnung berechtigt zur ordentlichen Kündigung, insbesondere dann nicht, wenn es noch nicht zu Schimmel – oder Ungezieferbefall gekommen ist. Eine beachtliche Gefährdung der Mietsache liegt erst dann vor, wenn die Mietsache bereits geschädigt ist oder die Gefahr eines Schadenseintritts wesentlich höher ist als bei vertragsgerechtem Verhalten.

LG Münster, Urt. v. 16.9.2020 – 1 S 53/20

1. Beschwer bei Untersagung der Wohnnutzung

Die Beschwer desjenigen, dem die Wohnnutzung einer Teileigentumseinheit untersagt wurde, kann geschätzt werden. Sie bemisst sich nach dem Nachteil, der dem Verurteilten aus der Unterlassung gegenüber einer zulässigen Nutzung erwächst.

BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – V ZR 48/20

2. Beschwer bei Abweisung einer Klage auf Rückbau

Die Beschwer desjenigen, dessen Klage auf Rückbau einer baulichen Veränderung (bzw. auf Ersetzung eines diesbezüglichen Beschlusses) abgewiesen wurde, bemisst sich nicht nach den Kosten des Rückbaus. Maßgeblich ist vielmehr sein Interesse am Rückbau.

BGH, Beschl. v. 26.11.2020 – V ZR 21/20

3. Realteilung eines in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks

Die Realteilung eines in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks setzt nicht die vorherige Aufteilung der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern nur die Aufteilung des Grundstücks in zwei neue und den „Tausch“ der Miteigentumsanteile am jeweils anderen Grundstück voraus.

OLG Hamburg, Beschl. v. 22.10.2020 –1 3 W 142/20

4. Einstweilige Aussetzung nichtiger Beschlüsse

Bei offenkundig nichtigen Beschlüssen (hier über die Verhängung von Vertragsstrafen) besteht grundsätzlich kein Interesse an einer einstweiligen Aussetzung. Anderes gilt dann, wenn spürbare Sanktionen beschlossen werden und zu befürchten ist, dass die Gemeinschaft versucht, den Beschluss durchzuführen.

LG Frankfurt/M., Beschl. v. 1.10.2020 – 2-13 T 64/20

5. Keine Erstattung von Inkassokosten bei vorangegangener Erfüllungsverweigerung

Die Kosten für die Einschaltung eines Inkassodienstleisters sind wegen Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht nicht zu erstatten, wenn sowohl der Mieter als auch der Mieterverein zuvor vergeblich die Absenkung nach den Vorschriften der §§ 556d ff. BGB verlangt haben.

LG Berlin, Beschl. v. 22.10.2020 – 67 S 266/19

6. Unbestimmte Verurteilung zum Rückbau

Die Verurteilung, einen „Anbau/Überbau im Bereich des Gemeinschaftseigentums … zu beseitigen/zurückzubauen und den früheren Zustand wiederherzustellen,“ ist nicht hinreichend bestimmt und daher nicht vollstreckungsfähig.

LG Frankfurt/M., Beschl. v. 4.11.2020 – 2-13 T 73/20

7. Schlichtungsverfahren in wohnungseigentumsrechtlichen Streitigkeiten

In wohnungseigentumsrechtlichen Streitigkeiten ist die Anrufung der Gerichte ohne Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zulässig.

LG München I, Urt. v. 11.12.2019 – 1 S 11509/19

8. Beschlusskompetenz über Teilnahme Dritter

Der Eigentümerversammlung kommt die Kompetenz zu, die Teilnahme von Nicht-Wohnungseigentümern zuzulassen.

LG Itzehoe, Urt. v. 7.8.2020 – 11 S 43/17

9. Umdeutung unwirksamer Zuweisung von Sondereigentum in Kostentragungsregelung

Die unwirksame Zuweisung von Balkonen in Sondereigentum kann in eine Kostentragungsregelung umgedeutet werden, wenn sich dann eine eindeutige und klare Regelung ergibt. Dies ist nicht der Fall, wenn offen bleibt, wer die Kosten im Übergangsbereich von Balkonen und Fassade zu tragen hat.

AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 11.9.2020 – 980a C 7/20 WEG

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