Ersatzfähige Schäden bei einer vom Vermieter verschuldeten Kündigung
BGH, Urt. v. 9.12.2020 – VIII ZR 371/18
I. Der Fall
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen der pflichtwidrig vom Vermieter verursachten Kündigung. Der Mieter einer Wohnung kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 2.8.2013, weil der Vermieter bzw. sein Handwerker gegen den ausdrücklich geäußerten Willen des Mieters den Balkon zur Durchführung von Arbeiten betreten hatte. Der Mieter verlangt nunmehr im Wege der Widerklage u.a. den Ersatz der Maklercourtage für den Erwerb einer Wohnimmobilie, der Kosten für eine Zwischenunterkunft für Einlagerungs- und Umzugskosten und für eine Anpassung seiner Einbauküche in der neuen Wohnung. Seine Widerklage hatte erstinstanzlich hinsichtlich der Maklercourtage in Höhe der Maklerprovision für die Vermittlung einer Mietwohnung und hinsichtlich der Einlagerungs- und Umzugskosten in der Höhe Erfolg, wie sie bei Anmietung einer Wohnung in der Nähe der alten angefallen wären. Auf die Berufung des Vermieters wurde die Widerklage auch hinsichtlich der fiktiven Maklerprovision für die Vermittlung einer Mietwohnung und hinsichtlich der Umzugskosten abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Mieters.
II. Die Entscheidung
Das Rechtsmittel hatte einstweilen Erfolg.
Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass das Betreten des Balkons gegen den ausdrücklich geäußerten Willen des Mieters eine Pflichtverletzung des Vermieters darstellt, die ersteren zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB berechtigt. Jedenfalls im Ergebnis zutreffend ist ferner seine Annahme, dass die Maklercourtage für den Kauf einer Wohnimmobilie nicht erstattungsfähig ist. Sie resultiert zwar – wohl entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes – noch als adäquat kausaler Schaden aus der Pflichtverletzung des Vermieters, da es nicht außerhalb des zu erwartenden Geschehensablaufs liegt, dass der Mieter die Kündigung zum Anlass nimmt, seinen Wohnbedarf künftig durch ein Eigenheim zu decken.
Die Maklerkosten werden aber nicht mehr vom Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht erfasst. Die Schadensersatzpflicht wegen einer pflichtwidrig durch den Vermieter verursachten Kündigung soll den Verlust des Gebrauchsrechtes durch den Mieter ausgleichen. Der Schaden muss also in einem inneren Zusammenhang mit dem Gebrauch der Mietsache stehen. Daran fehlt es bei den Maklerkosten. Denn diese gleichen nicht den Besitzverlust aus, sondern führen zu einer im Vergleich zur Miete besseren Stellung des früheren Mieters. Denn sein Besitzrecht wird hierdurch zu einem originären, das zudem nicht mehr zeitlich begrenzt ist. Die Kosten hierfür sind auch nicht in der Höhe (fiktiver) Maklerkosten für die Anmietung einer Ersatzwohnung auszugleichen. Denn ein nicht zurechenbarer Schaden kann nicht durch einen anderen, zwar abstrakt zurechenbaren, aber nicht eingetretenen Schaden ersetzt werden. Hingegen besteht der innere Zusammenhang zur Vertragspflichtverletzung bei den Kosten für den Umzug, die Einlagerung, den Umbau der Küche und der Miete für die Zwischenunterkunft. Diese dienen, anders als die Maklerprovision, der konkreten Umsetzung der Wohnbedürfnisse. Ihre Erforderlichkeit kann auch nicht deswegen pauschal mit der Begründung verneint werden, dass der Mieter in eine 250 km entfernte Stadt gezogen ist. Dies ist vielmehr anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen, wobei insbesondere Grund und Zeitpunkt des Umzugswunsches von Bedeutung sein können.
III. Der Praxistipp
Die Entscheidung schafft hinsichtlich der Maklerkosten endgültige Klarheit. Nicht ganz so eindeutig ist sie hinsichtlich der sonstigen Kosten, wenn der BGH den Zeitpunkt des Umzugswunsches bei der Erforderlichkeit geprüft sehen will. Bestand der Umzugswunsch schon vor der Pflichtverletzung, dürfte es vielmehr bereits an ihrer Kausalität für den Schaden fehlen.