Ein ruhiger Abend, die Sportschau läuft im TV und man genießt den gewohnten Feierabendfrieden – dieses Szenario ist für viele von uns vermutlich alles andere als fremd. Doch für zwei Nachbarn entwickelte sich ein solcher Abend zu einem ungewollten Showdown, der mit Kreissäge, Holzknüppel und wüsten Drohungen eskalierte und schließlich vor Gericht landete. In diesem ungewöhnlichen Fall geht es um den Kläger, einen 88-jährigen ehemaligen Polizeibeamten, und seinen 71-jährigen Nachbarn – mit einem bemerkenswerten Ausgang.
Wenn Lärm auf die Nerven geht
Was war passiert? Gegen 18 Uhr an einem ganz gewöhnlichen Novemberabend werkelte der Kläger im Hof des Wohngebäudes mit einer Kreissäge. Für den Beklagten, der in seiner Wohnung bereits drei Bier genossen und sich auf die Sportschau gefreut hatte, wurde das Sägen zunehmend unerträglich. Nach mehreren vergeblichen Aufforderungen, die Arbeiten zu beenden, hielt er es nicht mehr aus: Er schritt zur Tat und betrat den Hof, der Wortwechsel erhitzte sich, und schließlich entglitt die Situation vollständig.
Der Streit gipfelte in einem handfesten Kampf. Der Beklagte, bewaffnet mit einem „Holzknüppel“ und vor Wut schäumend, schlug laut Kläger mehrfach zu, auch auf den Kopf. Ein herbeieilender Zeuge fand den Kläger schließlich über dem Beklagten kniend und rief die Polizei. Für den Kläger bedeutete die Auseinandersetzung Prellungen, Schürfwunden und vor allem: eine Rechnung für den Rettungswagen in Höhe von 795 € und ärztliche Behandlungskosten über knapp 140 €.
Schmerzensgeld und Schadensersatz
Das Gericht urteilte zugunsten des Klägers und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 938,12 Euro Schadensersatz und zusätzlich 800 Euro Schmerzensgeld. Es zeigte sich überzeugt, dass der Beklagte den Kläger durch die Angriffe erheblich verletzt hatte. Schmerzensgeld und Schadensersatz waren gerechtfertigt, denn die Kreissäge stellte laut Gericht keine Bedrohung dar, die körperliche Angriffe rechtfertigen würde.
Das Gericht wies auch die Einlassung des Beklagten, dass er nur „aus Genusstrinker-Laune“ gehandelt habe, als unzureichend ab. Eine Kreissäge im Hof mag nervig sein, aber sie rechtfertigt keine handfesten Angriffe. Mit seiner „Schutzbehauptung“, der Kläger habe den Kampf begonnen, konnte der Beklagte nicht überzeugen. Die Urteilsbegründung führte aus, dass der Beklagte vorsätzlich handelte und dass die Verletzungen des Klägers – Prellungen und Schürfwunden – sowie die folgende ärztliche Behandlung eindeutig auf die Angriffe des Beklagten zurückzuführen waren.
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.10.2021 – 32 C 105/21 (86)