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Einsatz vollmachtloser Vertreter im Notariat

Ein Notar, der auf Wunsch einer Kommune bei Beurkundungen vollmachtlose Vertreter für sie einsetzt, verstößt nicht schon dadurch gegen seine Amtspflichten. Eine gegenteilige Richtlinie der Notarkammer reicht als Grundlage für einen Disziplinarverstoß nicht aus. Das entschied kürzlich der Notarsenat des BGH (Beschl. v. 8.7.2024 – NotSt (Brfg) 3/23).

Der Fall: Die Stadt Rheine ließ von einer ortsansässigen Notarin mehrere Grundstückskaufverträge beurkunden. Dabei trat auf Bitten der Stadt für sie jeweils eine Notariatsmitarbeiterin als vollmachtlose Vertreterin auf. In allen Fällen lagen zuvor bereits fertige Vertragsentwürfe vor. Von dieser Verfahrensweise erhielt die Westfälische Notarkammer Kenntnis und verhängte ein Bußgeld gegen die Notarin. Die Kammer begründete dies damit, die Juristin habe gegen Kammerrichtlinien verstoßen, die einen systematischen Einsatz vollmachtloser Vertreter bei Beurkundungen untersagen. Deshalb habe sie gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Gestaltung des Beurkundungsverfahrens nach § 17 Abs. 1 BeurkG i.V.m. § 14 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 BNotO verstoßen.

Das sah der BGH – wie schon zuvor das OLG – allerdings anders. Das in den Kammerrichtlinien weit formulierte Verbot könne nicht als ein über die gesetzliche Regelung hinausgehendes Verbot verstanden werden, so der Senat. Diese gesetzliche Bestimmung (§ 17 Abs. 2a BeurkG) verbiete es allerdings nur, Verbraucher durch einen vollmachtlosen Vertreter, der keine Vertrauensperson sei, vertreten zu lassen. Der Schutzzweck der Norm, alle an einer Beurkundung Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts aufzuklären und dafür zu sorgen, dass Irrtümer und Zweifel tunlichst vermieden würden, sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte vor Benachteiligungen zu schützen, greife daher nicht bei geschäftserfahrenen Beteiligten, die nicht belehrungsbedürftig seien.

Im vorliegenden Fall müsse deshalb berücksichtigt werden, dass bei den Beurkundungen eine Stadt, also eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, beteiligt gewesen sei. Diese habe ihre vollmachtlose Vertretung durch eine Mitarbeiterin der Notarin sogar selbst beantragt und im Vorfeld des Beurkundungstermins jeweils einen Vertragsentwurf zur Prüfung erhalten. Im Unterschied zu schutzbedürftigen Verbrauchern i.S.d. § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG sei sie deshalb als geschäftserfahrene Beteiligte i.d.R. nicht belehrungsbedürftig.

[Quelle: BGH]

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