Der Reno-Fuchs hat eine Umfrage gestartet: Was wünschen sich Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte von ihren ArbeitgeberInnen für eine bessere Vereinbarung von Familie und Beruf? Die Ergebnisse der Umfrage liefern tolle Impulse für Kanzleien, die sich als innovative und attraktive Arbeitgeber profilieren wollen. Nutzen Sie diese Zeit, die ohnehin von so vielen Änderungen, Neuerungen und Gelegenheit zur Reflexion geprägt ist, für ein paar Schritte in genau diese Richtung. Die Wünsche der MitarbeiterInnen in den Kanzleien geben wertvolle Hinweise dazu, an welchen Punkten ein genauerer Blick lohnt. Was kann passender gemacht werden? Tipps für ein noch zufriedeneres und motiviertes Kanzlei-Team, mit dem Sie nicht nur sicher durch die Pandemie steuern, sondern auch weit darüber hinaus.
Die Umfrage
Auf www.alles-fuer-renos.de wurden für die Frage „Was wünscht ihr euch von euren Arbeitgebern?“ 18 Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Es konnten so viele Antworten angeklickt werden wie gewünscht. Diese 5 Wünsche wurden am häufigsten angeklickt:
- Flexible Arbeitszeiten
- Telearbeit/Homeoffice
- Offenes Ohr für Arbeitszeitwünsche
- Überstunden und Mehrarbeit vermeiden
- Freie Bonustage
.Was ist Ihr erster Gedanke zu diesen Punkten? Der Kanzleialltag ist herausfordernd und vermutlich sind Sie froh, wenn alles so organisiert ist, dass all die Anforderungen der MandantInnen, GegnerInnen und Gerichte bewältigt werden. Der Aufwand für organisatorische Veränderungen scheint oft so hoch, dass er unseren Blick auf den Benefit dahinter versperrt. Deshalb alles beim Alten zu lassen hilft nur scheinbar und kurzfristig weiter. Wenn Sie über die nächsten Fristabläufe und Gerichtstermine hinausdenken, wird sich die Flexibilität durch Verbesserungen des Workflows und der Motivation sehr schnell auszahlen.
Was Sie aus den Ergebnissen machen können
1. Flexible Arbeitszeiten
Der Mandantschaft unterstellen wir gern, dass sie eine ständige Erreichbarkeit von AnwältInnen erwartet und oft wird das durch mit äußerster Dringlichkeit vorgetragene Anfragen ja auch bestätigt. Auf den ersten Blick scheint das zu flexiblen Arbeitszeiten nicht recht zu passen. In Ihrer Kanzlei machen Sie die Regeln selbst und legen fest, welchen Service Sie in dieser Hinsicht bieten möchten. Innerhalb dieses Rahmens aber können Sie sehr konkret schauen, welche Flexibilität für Sie und Ihr Team möglich ist.
- Welche Aufgaben sind wirklich zeitlich gebunden?
- Welche Kommunikationskanäle sollen zu welchen Zeiten verlässlich besetzt sein?
- Welche Arbeiten können auch zu frei wählbaren Zeiten erledigt werden?
Möglicherweise ist es sinnvoll, eine Mischung aus festen und frei wählbaren Zeiten zu kombinieren, mit denen alle notwendigen Eckpunkte der Erreichbarkeit und Aufgabenerledigung gesichert sind und Ihre MitarbeiterInnen trotzdem alle möglichen Freiräume nutzen können.
2. Telearbeit/Homeoffice
In den letzten Monaten ist in vielen Kanzleien die Arbeit von zu Hause aus möglich gemacht und eingeführt worden. Sehr unterschiedlich werden die Vor- und Nachteile wahrgenommen. Diese Art der Arbeit wird uns zumindest in einem kombinierten Modell mit der Arbeit vor Ort auch in Zukunft erhalten bleiben. Wurde sie jetzt aus arbeitsschutzgründen notwendig, kann sie zukünftig Hebel für Flexibilität und die Berücksichtigung unterschiedlichster Bedürfnisse der MitarbeiterInnen in ihren Lebenssituationen sein. Was ist in Ihrer Kanzlei möglich, was von den MitarbeiterInnen gewünscht?
- Prüfen Sie genau, welche Arbeiten tatsächlich zwingend vor Ort in der Kanzlei durchgeführt werden müssen.
- Sind alle technischen Voraussetzungen vorhanden, ggf. ein Zugriff auf den Server der Kanzlei, die Möglichkeiten der Umleitung von Telefonanrufen?
- Sind die arbeitsschutzrechtlichen Voraussetzungen an einen Telearbeitsplatz zu Hause gewahrt?
Der Rest ist Vertrauen und das Schaffen von Strukturen, die einen Austausch im Team auch von unterschiedlichen Plätzen aus ermöglichen.
3. Offenes Ohr für Arbeitszeitwünsche
MitarbeiterInnen sind unterschiedlich und haben nicht immer die gleichen Bedürfnisse im Hinblick auf Struktur und Flexibilität. Es kann für ein Teammitglied perfekt sein, ganz regelmäßige und planbare Arbeitszeiten zu haben, für ein anderes kommt eher ein Gleitzeitmodell in Betracht. Für manche MitarbeiterInnen passt ein Arbeitszeitkonto, mit dem auf Spitzen in der Arbeitsbelastung der Kanzlei genauso reagiert werden kann wie auf besondere private Situationen.
Das gewünschte „offene Ohr“ wird manchmal lieber geschlossen gehalten, weil wir einen zu großen Aufwand befürchten, wenn es um Änderungen geht und sie als eher lästig empfinden. Seien Sie mutig und hören Sie in Ruhe zu – in den meisten Fällen werden Ihre MitarbeiterInnen bei geäußerten Wünschen auch schon einen konstruktiven Vorschlag parat haben, wie die Umsetzung funktionieren kann. Nur im Gespräch können Sie dann auch etwaige Bedenken äußern und schließlich eine Lösung finden.
4. Überstunden und Mehrarbeit vermeiden
Die Vorstellungen von Flexibilität sind manchmal sehr einseitig. Das führt langfristig zu Unzufriedenheit im Team, besonders wenn ein Ausgleich nicht wirklich möglich ist. Dazu kommt die Planbarkeit der eigenen Arbeitseinsätze als wichtiges Kriterium für eine Zufriedenheit im Job. Prüfen Sie doch einmal, ob Sie besondere Spitzenzeiten auch anders abfangen können als mit Überstunden und Mehrarbeit.
- Haben Sie MitarbeiterInnen, die gern mit unterschiedlicher Wochenstundenzahl im Rahmen eines Arbeitszeitkontos arbeiten würden? Wenn es jemanden in Ihrem Team gibt, der in Spitzenzeiten gern auch mehr arbeitet und sonst und zum Ausgleich dann Phasen mit mehr Freizeit für sich nutzt, kann eine entsprechende Vertragsgestaltung für beide Seiten ein Gewinn sein.
- Schauen Sie sich mal bei den Virtuellen Assistenzen um – es gibt viele Fachangestellte, die auf selbständiger Basis Kanzleien in Phasen mit besonderem Arbeitsanfall unterstützen. Das kann gerade in kleinen und mittleren Kanzleien eine gute Lösung sein, damit durch krankheitsbedingte Ausfälle, Urlaub oder ein plötzliches Riesenmandat nicht gleich der Rest des Teams überbelastet ist.
- MitarbeiterInnen in Elternzeit sind häufig bereit, auch stundenweise zu unterstützen und Sie haben damit gleich einen doppelten Gewinn. Neben der erledigten Arbeit ist die Bindung an die Kanzlei und das Team gleich mit verbessert.
5. Freie Bonustage
Manchmal sind es Kleinigkeiten, die Wertschätzung vermitteln und dadurch motivieren. Verschenken Sie doch mal einen freien Tag zum Geburtstag, nach besonders arbeitsintensiven Zeiten oder wenn ein besonderes Ereignis in der Familie der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters gefeiert wird.
Nachfragen
Wahrscheinlich waren es gar nicht Ihre MitarbeiterInnen, die bei der Umfrage mitgemacht haben. Wenn Sie in Ihrer Kanzlei die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern und sich in Zeiten des Fachkräftemangels ein motiviertes Team bei der Stange halten wollen, kann deshalb der nützlichste allererste Schritt sein: Fragen Sie Ihr Team. Vielleicht sind gerade bei Ihnen in der Kanzlei die Wünsche sehr präsent, die in der Umfrage auf den hinteren Plätzen gelandet sind. Bevor Sie am Bedarf vorbeiplanen, ist das Gespräch mit den Betroffenen immer das zielführendste.
Dranbleiben
Die Welt, Ihre Kanzlei und Ihre MitarbeiterInnen, sogar Sie selbst werden sich weiter verändern. Sehen Sie die Regelungen, die Sie finden, nicht als in Stein gemeißelt an. Guter Trick: Planen Sie feste Zeiten für Austausch im Team ein, damit alle im Boot bleiben.
Bleiben Sie flexibel. Äußere Bedingungen ändern sich, wir erleben es gerade alle zusammen während der Corona-Pandemie. Aber auch die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen verändern sich in den verschiedenen Lebensphasen immer wieder, genau wie Ihre eigenen. Wenn Sie auf solche Änderungen flexibel reagieren, wird auch die Umsetzung nach und nach immer leichter. Sie trainieren damit Ihren Veränderungsmuskel und werden bald Veränderungen gar nicht mehr als so lästig ansehen – und mit einem motivierten Team an Board Ihre Kanzlei gut durch alle Stürme steuern können.