Unvergessen ist mir der Kollege in der ersten Reihe, Partner einer erfolgreichen mittelständischen Kanzlei, der sich in einer Veranstaltung zu Mitarbeiterführung und Kommunikation meldete und mit fast schon etwas schüchternem Blick sagte: „Ich wüsste manchmal zu gern, was meine Mitarbeiterinnen über mich denken.“ Ob ich (Rechtsanwältin und Business Coach) da einen Tipp hätte.
Die einfachen Fragen sind manchmal die schwierigsten und die Umsetzung der einfachsten Antworten erfordert Mut. Den braucht es auch hier, wenn es darum geht „einfach mal nachzufragen“. Mut oder aber eine solide Feedbackkultur in der Kanzlei, die solche Fragen leicht macht. Denn wenn Sie allein drüber grübeln werden Sie nicht rausfinden, ob das Ergebnis richtig ist. Und mit einem „Ich frage für einen Freund“ kommen Sie in der eigenen Kanzlei auch nicht recht weiter.
Weder im Studium noch im Referendariat haben wir allerdings irgendetwas über Mitarbeiterführung oder Unternehmertum gelernt und finden uns trotzdem nicht selten als Kanzleiinhaber und Partner in genau der Situation wieder, die auf diesen Gebieten einige Skills erfordert. Das mag die schlechte Nachricht sein. Natürlich gibt es eine ganze Reihe von Menschen, die auf diesem Gebiet intuitiv sehr viel richtig machen, die ein wunderbares Betriebsklima schaffen, mit allen Teammitgliedern in einer guten Verbindung sind und die positives wie negatives Feedback ganz natürlich verteilen. Für alle anderen gilt die gute Nachricht: auch auf diesem Gebiet können wir einiges lernen und es bringt sogar Spaß!
Fangen sie einfach einmal an, Feedback bewusst zu nutzen, um die Zusammenarbeit in der Kanzlei und damit auch den Erfolg zu verbessern. Hier kommen 4 Schritte, an denen Sie sich entlanghangeln können. Vorab: denken Sie daran, dass unsere Mitmenschen häufig erst einmal irritiert sind, wenn wir unser Verhalten in irgendwelchen Punkten ändern. Bleiben Sie dran! Total verschrecken müssen Sie Ihre Mitarbeiter*innen ja trotzdem nicht gleich und Achtung, das kann auch bei positivem Feedback einmal der Fall sein. Wenn wir bisher mit der Devise „Wenn ich nichts sage ist das Lob genug“ unterwegs waren und plötzlich eines morgens einen Rundumschlag in Sachen Lob veranstalten, kommt die gut gemeinte Veränderung womöglich nicht so gut an. Weil sie etwas gewollt und aufgesetzt wirken kann. Aber wir können aufmerksam sein und unsere Mitarbeiter*innen im richtigen Moment erwischen, nämlich wenn sie gerade etwas besonders gut gemacht haben. Und es dann sagen.
Für die meisten von uns der schwierigere Part: Kritik konstruktiv anbringen. Gerade dann, wenn wir innerlich vielleicht gerade platzen und denken, dass unser Gegenüber doch wohl hätte wissen müssen, wie irgendeine Sache richtig zu laufen hat. Weil wir es schon tausendfach gesagt haben oder weil es doch einfach sonnenklar ist.
Diese 4 Schritte machen es leichter:
1. Sagen, was Sache ist. Sachlich.
„Gestern ging mal wieder alles drunter und drüber“ mag stimmen, ist aber wenig konkret. Bei einem „Gestern haben Sie mich kurz vor Feierabend auf die Frist in der Sache Müller aufmerksam gemacht und ich musste mein Abendessen mit Freunden absagen, um den Schriftsatz noch auf den Weg zu bringen“ weiß jeder, worum genau es geht.
2. Verraten, wie es Ihnen dabei geht.
Legen Sie ruhig mal auf den Tisch, wie es Ihnen mit der Beobachtung geht. Denn natürlich dürfen Sie wütend sein, enttäuscht oder genervt, wenn die Dinge nicht so laufen wie sie sollen. Denken Sie dabei an die gute alte „Ich-Botschaft“. Denn es geht bei diesem Punkt um Sie. „Ich bin darüber richtig enttäuscht, nachdem wir diesen Punkt schon so oft besprochen haben“, gern in ihren eigenen Worten, gern aber auch ruhig vorgetragen. Wenn wir gerade sowieso explodieren, ist es nicht der richtige Moment für eine solche Rückmeldung.
3. Klare Ansage, was Sie erwarten.
Natürlich wissen Ihre Mitarbeiter*innen grundsätzlich, was zu tun ist, was davon wichtig ist und was eilig und vor allem auch, was davon Sie ganz besonders nervt. Hellseher*innen sind es trotzdem nicht. Wir alle tappen schnell einmal in die Falle, dass irgendein Punkt im Ablauf uns selbstverständlich erscheint und wir ihn deshalb tatsächlich gar nicht erwähnen. Ein „Das Diktat in der Sache Schneider bitte als erstes bearbeiten und das Schreiben auch direkt versenden“ führt viel sicherer zum gewünschten Ergebnis als das nur gedachte: „So, die Schneider-Sache bin ich erstmal los, hoffentlich geht es raus bevor der Mandant schon wieder anruft“. Denken Sie daran, dass unsere Gehirne positive Formulierungen besser verarbeiten können und dass deshalb ein „Ich erwarte, dass Sie ab morgen immer pünktlich um 8.30 Uhr am Arbeitsplatz sind“ ganz anders wirkt als ein „Ich akzeptiere nicht, dass Sie immer so unpünktlich sind.“ Denken Sie jetzt mal nicht an einen rosa Elefanten. Merken Sie selbst, oder?
4. Wertschätzende Basis
Dieser letzte Punkt ist der wichtigste und es lohnt sich, wenn wir uns immer mal selbst überprüfen und schauen, ober er wirklich gegeben ist. Können wir die Sache von der Person trennen? Menschen sind unterschiedlich. Wir haben unterschiedliche Kompetenzen, unterschiedliche Vorlieben, unterschiedliche wichtigste Werte. Wir reagieren unterschiedlich auf Veränderungen oder Herausforderungen und das auch noch abhängig von unserer Tagesform. Dies anzuerkennen und jedes Teammitglied und übrigens auch die eigenen Kolleg*innen in ihrer eigenen Art und Weise wertzuschätzen, macht das Leben auf jeden Fall leichter. Wichtig dabei: es genau so zu meinen. Wenn das schwerfällt lohnt es sich, diesen Punkt genauer anzusehen.
Und wenn die da ist, die wertschätzende Basis und wenn es auf dieser Basis ganz selbstverständlich geworden ist, sich gegenseitig Rückmeldungen zu geben und sie auch einzuholen, dann müssen Sie sich auch nicht auf irgendwelche Glaskugeln verlassen, die Ihre Mitarbeiter*innen nun mal höchstwahrscheinlich nicht haben. Dann können Sie auch nachfragen und sich wertvolle Rückmeldungen einholen zu Ihrer Organisation, der Kommunikation oder dazu, wie Sie als Führungskraft wahrgenommen werden. Sich das Arbeitsleben leichter machen und weiter wachsen.