Die Sprache ist das Werkzeug des Juristen. Für Anwältinnen und Anwälte gibt es viele Situationen, in denen rhetorische Fähigkeiten gefragt sind. Ob im Umgang mit Mandanten, Mitarbeitern oder Vorgesetzten, bei Präsentationen, Verhandlungen, vor Gericht oder auf Konferenzen – neben der juristisch einwandfreien Argumentation zählen auch kommunikatives Geschick und die Fähigkeit, sich dem jeweiligen Gegenüber anzupassen. Der empathische Rhetoriker bezieht den individuellen Wissenshorizont und die Stimmung des Empfängers sowie das gesamte setting– den Rahmen der Kommunikationssituation – mit ein. Dem jungen Praktikanten wird man die Lösung einer komplexen Rechtsfrage anders vermitteln als einer erfahrenen Richterin.
Rhetorik in drei Worten: Inhalt, Stil und Stimme
Wer zu anderen Menschen spricht oder mit ihnen diskutiert, dem hilft es, Folgendes zu beherzigen:
- Inhalt: Die Argumentation sollte glasklar und einfach nachvollziehbar sein. Bestenfalls brauchen Sie während des Sprechens nicht noch nachzudenken und kommen so auch nicht ins lästige Stocken. – Können Sie einem Laien juristische Sachverhalte gänzlich ohne Fachtermini vermitteln? Keine Angst, Sie wirken trotzdem kompetent. Vielleicht auch gerade deshalb. Pointierter Kommentar von Einstein: „Wenn Du es nicht einfach erklären kannst, hast Du es nicht verstanden.“
- Stil: Bilden Sie kurze Sätze. Vermeiden Sie Nebensätze, Einschübe oder Verschachtelungen. Präzision ist gut. Dass Sie im Gespräch oder Vortrag druckreif formulieren müssen, wird jedoch eher seltener der Fall sein. Auch wichtig: Humor und Lebendigkeit! Lachen Sie, seien Sie witzig und schlagfertig, schildern Sie Sachverhalte bildhaft und in lebendiger Sprache. Ihr Publikum wird es Ihnen danken!
- Stimme: Sprechen Sie langsam und flüssig. Vermeiden Sie einen monotonen Vortrag. Wechseln Sie die Lautstärke. Betonen Sie Wichtiges. Tragen Sie Emotionales nicht zu sachlich vor.
Mimik, Gestik, Körpersprache – Der Redner als Gesamtkunstwerk
Authentizität verleiht Souveränität. Situative Unsicherheit ist kein Beinbruch und ihr offenes Eingeständnis weckt sogar vereinzelt Sympathien. Aufgesetztes oder gestelztes Verhalten hingegen ist unattraktiv und wird nicht selten direkt durchschaut. Authentizität siegt.
Ihr Auftreten ist als Ganzes zu sehen. Das Gesamtkunstwerk von Mimik, Gestik und Körpersprache wirkt auf Ihr Gegenüber im Gespräch oder beim Vortrag mindestens ebenso, wie die Inhalte. Mehr noch: Es bestimmt den ersten Eindruck. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie betreten festen Schrittes einen Vortragssaal. Ihr Gang ist aufrecht. Auf Ihrem Weg zum Podium lassen Sie Ihren Blick offen in die Zuschauermenge wandern. Einige Gesichter kommen Ihnen bekannt vor. Sie winken kurz und lächeln. Dieses Verhalten – das man im Übrigen vereinzelt auch bei US-Präsidenten beobachten kann – wirkt souverän und nimmt dadurch einige Zuhörer schon für Sie ein, bevor Sie ein erstes Wort gesprochen haben.
Famous last words
Was man im Schriftlichen nochmal nachlesen kann, muss im Mündlichen direkt verstanden werden. Formulieren Sie also einfach, kurz und pointiert. Rhetorische Verve und Empathie sind dann das Sahnehäubchen. Schließlich ist nicht jedes Gegenüber schnell oder gar geübt im Verarbeiten komplexer Informationen. Schon der Physiker Ernest Rutherford wusste: „Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.“