1. Zur Bestimmung des unterhaltsrelevanten Einkommens einer Pflegeperson, die ihren Lebensunterhalt durch die Aufnahme von Pflegekindern bestreitet.
2. Die Pflegegeldeinnahmen sind um die für die angemessene Versorgung der Pflegekinder anfallenden und um betriebliche Aufwendungen zu bereinigen, soweit diese nicht bereits mit den für die Pflegekinder gewährten Sachleistungen einschließlich Mietanteil abgegolten sind.
3. Allein die Anerkennung bestimmter Aufwendungen durch die Finanzverwaltung im Rahmen der Veranlagung der Unterhalt begehrenden Person zur Einkommensteuer rechtfertigt es nicht, diese Positionen im selben Umfang unterhaltsrechtlich einkommensmindernd abzuziehen.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.12.2020 – II-3 UF 100/19
I. Der Fall
Die seit 1987 verheirateten Beteiligten leben seit spätestens Anfang 2016 getrennt. Die im vorliegenden Verfahren Trennungsunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt begehrende Antragstellerin verblieb im ehelichen Anwesen. Das Scheidungsverfahren ist seit dem 8.8.2016 rechtshängig. Der Antragsgegner ist Beamter, die Antragstellerin selbstständige Fachkraft in einer sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft, die sie in den ehelichen Anwesen betreibt.
II. Die Entscheidung
Das OLG Düsseldorf hält das zulässige Rechtsmittel für unbegründet. Es führt folgendes aus:
Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab 02/2016 aus § 1361 Abs. 1 BGB keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt, weil sich nicht feststellen lässt, dass die Antragstellerin über geringere unterhaltsrechtlich relevante Einkünfte verfügte als der Antragsgegner.
Die maßgeblichen Einkommensverhältnisse stellen sich wie folgt dar:
[Darstellung der Einkünfte des Antragsgegners als auch der Antragstellerin nebst Abzugspositionen]
Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
1. Einkommen des Antragsgegners
Einkommen des Antragsgegners a) Die Höhe der Nettobesoldung des Antragsgegners ergibt sich aus den jeweiligen Dezember-Bezügemitteilungen, und zwar aus der Bezügemitteilung 12/2016 in Höhe von monatlich 3.340,56 EUR abzüglich des unter dem Gesichtspunkt zulässiger zusätzlicher Altersvorsorge zu berücksichtigenden VL-Beitrags von 40 EUR = 3.300,56 EUR, aus der Bezügemitteilung 12/2017 in Höhe von monatlich 3.273,53 EUR abzüglich 40 EUR VL-Beitrag = 3.233,53 EUR und aus der Bezügemitteilung 12/2018 in Höhe von monatlich 3.402,37 EUR abzüglich 40 EUR VL-Beitrag = 3.362,37 EUR. Ab 1/2019 ist auf der Grundlage der Bezügemitteilung 12/2019 unter Berücksichtigung der Angaben des Antragsgegners in der Beschwerdeerwiderung, aus der sich höhere Einkünfte ergeben, von einer Nettobesoldung von monatlich 3.449,35 EUR auszugehen abzüglich 40 EUR VL-Beitrag = 3.409,35 EUR. Dieses Einkommen ist für die Folgezeit fortzuschreiben.
b) Die Nettobezüge sind zunächst um die Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung zu bereinigen, und zwar für 2016 in Höhe von monatlich (29,75 EUR + 11,45 EUR =) 41,20 EUR und für 2017 in Höhe von monatlich (36,40 EUR + 11,45 EUR =) 47,85 EUR. Diese Vorsorgeaufwendungen sind mangels aktuellerer Prämiennachweise mit dem Amtsgericht für die Folgezeit fortzuschreiben.
c) Steuererstattungen vereinnahmte der Antragsgegner im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab Februar 2016 wie folgt: in 2017 gemäß Steuerbescheid vom 14.11.2017 für 2016 in Höhe von insgesamt 1.609,08 EUR = monatsdurchschnittlich 134,09 EUR und in 2019 gemäß den Steuerbescheiden vom 3.5.2019 für 2017 in Höhe von 928,38 EUR und für 2018 in Höhe von 581,66 EUR, mithin insgesamt in Höhe von 1.510,04 EUR = monatsdurchschnittlich 125,84 EUR. Die in 2019 für das Vorjahr vereinnahmte Steuererstattung ist ab 1/2020 fortzuschreiben, mithin in Höhe von 581,66 EUR = monatsdurchschnittlich 48,47 EUR.
d) An Steuernachzahlungen ist im Jahr 2017 die mit Bescheid vom 13.2.2017 festgesetzte Nachzahlung für 2015 in Höhe von 4.218,70 EUR = monatsdurchschnittlich 351,56 EUR abzusetzen.
e) Das sich hieraus errechnende Nettoerwerbseinkommen ist um pauschale berufsbedingte Aufwendungen von 5 %, maximal 150 EUR monatlich zu bereinigen.
f) Zulässige Aufwendungen des Antragsgegners für die zusätzliche Altersvorsorge sind wie folgt zu berücksichtigen:
Zunächst sind die Zahlungen auf die bei der A…. bestehende Lebensversicherung in Höhe monatlicher 97,10 EUR abzuziehen.
Darüber hinaus sind die den Wohnwert übersteigenden Aufwendungen des Antragsgegners für die Finanzierung der mit seiner Lebensgefährtin zu je hälftigem Miteigentum erworbenen Immobilie Vogteistraße 3 in Geldern bis zur zulässigen Zusatzvorsorgegrenze von 4 % des Bruttoeinkommens abzusetzen.
Soweit die Finanzierungsaufwendungen den Wohnwert nicht übersteigen, sind sie von vornherein – ohne Rückgriff auf die Zubilligung ergänzender Altersvorsorge – abzugsfähig (vgl. BGH FamRZ 2018, 1505, Rn 31). Bei einem objektiven Mietwert des Hauses in der von der Beschwerde vorgetragenen Höhe von insgesamt monatlich 796,69 EUR und Finanzierungsaufwendungen von insgesamt monatlich 895,84 EUR errechnet sich eine den Mietwert um insgesamt monatlich 99,15 EUR übersteigende Belastung, wovon ½ = 49,58 EUR auf den Antragsgegner entfallen. Für eine Begrenzung des Abzugs dieser Belastung wegen übersetzter Tilgung fehlt eine sachliche Rechtfertigung. Es liegt in der wirtschaftlichen Disposition des Unterhaltspflichtigen, einen bestimmten, auch überdurchschnittlich hohen Tilgungsanteil zu vereinbaren. Unter Einbeziehung der Immobilien-Finanzierungslast ergeben sich in Ansehung der VL-Zahlungen von monatlich 40 EUR und der Lebensversicherungsprämie von monatlich 97,10 EUR insgesamt Aufwendungen für die zusätzliche Altersvorsorge von monatlich 186,68 EUR. Die insoweit maßgeblichen 4 %-Grenzbeträge stellen sich wie folgt dar: für 2016 bei einem Jahresbruttoeinkommen von 56.027,36 EUR monatsdurchschnittlich 186,76 EUR, für 2017 bei einem Jahresbruttoeinkommen von 54.294,81 EUR monatsdurchschnittlich 180,98 EUR, für 2018 bei einem Jahresbruttoeinkommen von 56.932,05 EUR monatsdurchschnittlich 189,77 EUR und ab 2019 bei einem Jahresbruttoeinkommen von 56.497,32 EUR monatsdurchschnittlich 188,32 EUR.
Damit sind die Vorsorgeaufwendungen, einschließlich den Wohnwert übersteigender Finanzierungsaufwendungen, für die Jahre 2016 und ab 2018 in voller Höhe zu berücksichtigen, wohingegen der Abzug für die Immobilienbelastung für 2017 um (186,68 EUR – 180,98 EUR =) 5,70 EUR auf (49,58 EUR – 5,70 EUR =) 43,88 EUR zu reduzieren ist.
g) Ferner abzusetzen sind die vom Antragsgegner geleisteten Prämien auf eine Unfallversicherung in der vom Amtsgericht zugrunde gelegten Höhe von monatlich 19,68 EUR.
h) Weiterhin zu berücksichtigen sind die zumindest bis Ende 2018 erbrachten Zahlungen des Antragsgegners auf den für die Finanzierung der ehelichen Immobilie aufgenommenen Kredit in Höhe von monatsdurchschnittlich 130 EUR. Soweit die Zahlungen in Höhe von monatlich insgesamt 260 EUR von dem gemeinsamen Konto der Beteiligten abgebucht wurden, sind sie dem Antragsgegner hälftig zuzuordnen. Die nachgewiesenen Nachzahlungen des Antragsgegners sind auf die Monate 8/2017 bis 3/2018, in denen zunächst seitens des Antragsgegners keine Ratenzahlungen zu verzeichnen waren, umzulegen, da die fraglichen Zeiträume insgesamt verfahrensgegenständlich sind, so dass es im Rahmen der gebotenen Berechnung nach Jahreswerten angemessen ist, die Abzahlung mit monatlichen Durchschnittswerten zu berücksichtigen.
i) Barzahlungen des Antragsgegners auf den Kindesunterhalt – nicht auf das dem Antragsgegner nicht zustehende Kindergeld – sind für die Zeit von Februar bis Dezember 2016 für Lars in Höhe von 2 x 125 EUR = 250 EUR und für Jan in Höhe von 380 EUR + 9 x 350 EUR = 3.530 EUR zu berücksichtigen, mithin insgesamt in Höhe von insgesamt p.a. 3.780 EUR = monatsdurchschnittlich 315 EUR. Auf weitergehende Kindesunterhaltszahlungen kommt es angesichts der sich im Übrigen ergebenden Werte nicht an.
2. Anrechenbare Einkünfte der Antragstellerin
a) Auf Seiten der Antragstellerin sind zunächst auf der Grundlage der Entgeltabrechnung 12/2016 für die Zeit bis Juli 2020 unstreitige Nettoeinkünfte aus geringfügiger Beschäftigung in Höhe monatlicher 386,83 EUR in Ansatz zu bringen, mithin nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen in Höhe der Mindestpauschale von 25 EUR = bereinigt 361,83 EUR. Da diese Nebenbeschäftigung ab August 2020 entfallen ist, sind diese Einkünfte für die Zeit nach Juli 2020 nicht mehr zu berücksichtigen.
b) Die unterhaltsrechtlich relevanten Pflegegeldeinnahmen der Antragstellerin stellen sich vor Steuern und Vorsorgeaufwendungen wie folgt dar:
[Darstellung der Pflegegeldeinnahmen in den Jahren 2016, 2017, 2018 und ab 2019, mit Abzugspositionen ungedeckte Aufwendungen:
- Unfallversicherung
- Kosten RA/StB
- Kfz-Kosten
- Fortbildung
- Betriebsabnahme/Betriebssicherheit]
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
aa) Ausgangspunkt der Bemessung der Einkünfte der Antragstellerin aus der von ihr betriebenen sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft sind die in den mit Schriftsatz vom 10.2.2020 vorgelegten Honorarabrechnungen ausgewiesenen Pflegegeldbeträge unter Außerachtlassung sämtlicher übriger seitens des Hilfeträgers gewährten Leistungen. Die Pflegegeldeinnahmen sind um die für die angemessene Versorgung der Pflegekinder anfallenden und um betriebliche Aufwendungen zu bereinigen, soweit diese nicht bereits mit den für die Pflegekinder gewährten Sachleistungen einschließlich Mietanteil abgegolten sind.
(1) Von den Einkünften einer Pflegeperson ist nur der Erziehungsbeitrag als Entgelt zu werten. Dieser erstreckt sich nicht auf die für den Sachaufwand der Pflegekinder gewährten Beträge, mit denen der Bar- und Betreuungsbedarf, mithin der Lebensunterhalt der Pflegekinder gedeckt wird (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2010, 1361; Götsche, FamRB 2010, 3, 4; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Auflage, § 1 Rn 691). Zum Teil wird dieser Erziehungsbeitrag durch den Hilfeträger besonders gekennzeichnet. Unterhaltsrechtlich wird der Pflegeperson derjenige Teil der für die Pflege vereinnahmten Leistungen, der durch die angemessene Versorgung der Pflegekinder nicht verbraucht wird, als eigenes Einkommen zugerechnet (vgl. BGH, FamRZ 1984, 769).
(2) Nach diesem Maßstab ist das in § 2 des von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 8.1.2020 vorgelegten Honorarvertrags vereinbarte Honorar als Entgelt der Antragstellerin zu qualifizieren. Demgegenüber sind die Zahlungen für Sachkosten, Mietanteil, Taschengeld pp. kein von der Antragstellerin zu beanspruchendes Entgelt. Diese Leistungen sind daher bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlichen Einkommens der Antragstellerin von vornherein unbeachtlich, ohne dass es darauf ankommt, inwieweit diesen weiteren Zahlungen tatsächliche konkrete Aufwendungen gegenüberstehen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die Sachkosten gemäß § 3 des Honorarvertrags ausdrücklich ausschließlich für das jeweilige Pflegekind verwendet werden dürfen, diese Leistungen also streng zweckgebunden gewährt werden.
(3) Wie sich aus den vorgelegten Honorarabrechnungen ergibt, vereinnahmte die Antragstellerin folgende als Entgelt zu qualifizierende Pflegegeldleistungen: in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt 12 x (3.000 EUR + 2.190 EUR) = 62.280 EUR, im Jahr 2018 4 x (3.000 EUR + 2.190 EUR) + 8 x (3.000 EUR + 3.000 EUR) = 68.760 EUR und ab 2019 insgesamt 12 (3.250 EUR + 3.250 EUR) = 78.000 EUR.
(4) Um nicht mit den vorbezeichneten Sachleistungen abgegoltene Aufwendungen, um die die Einkünfte zu bereinigen sind, handelt es sich bei den von der Antragstellerin in ihren Kostenauflistungen aufgeführten Zahlungen für die Unfallversicherung, für Rechtsanwalts-/Steuerberater-Honorare, für die Kfz-Nutzung, für Fortbildung und für Betriebsabnahme/Betriebssicherheit, die mit den von der Antragstellerin bezifferten Aufwänden berücksichtigt sind. Ob etwa beim Kfz-Kostenansatz eine hinreichend trennscharfe Abgrenzung des privaten vom berufsbedingten Fahrtaufwand erfolgt ist, kann dahinstehen, weil sich selbst bei Berücksichtigung dieser Abzüge kein Trennungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin ergibt.
(5) Die unterhaltsrechtliche Rechtfertigung weiterer Abzüge ist nicht festzustellen.
(a) Dies gilt zunächst für die angeführten Hauskosten. Denn die Kosten für die Unterkunft der Kinder sind durch die gewährten Mietanteilszahlungen hinreichend gedeckt, und zwar zumindest dann, wenn man – wie hier zugrunde gelegt – den Wohnwert des Hauses hälftig den Pflegekindern zuordnet und damit nur zur Hälfte zu Lasten der Antragstellerin anrechnet. Noch höhere regelmäßig anfallende Unterkunftskosten sind – jedenfalls bei durch die nur anteilige Wohnwertzurechnung sichergestellter Deckung des Grundmietbedarfs – nicht festzustellen und wären auch nicht mehr angemessen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der in Höhe von monatlich 500 EUR geltend gemachten Hauspauschale tatsächlich konkrete Kosten gegenüberstehen. Ob wegen tatsächlich geringerer Unterkunftskosten eine höhere Wohnwertanrechnung zu Lasten der Antragstellerin geboten ist, kann dahinstehen, weil sich selbst bei lediglich hälftiger Wohnwertzurechnung kein Trennungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin errechnet.
(b) Auch im Übrigen sind höhere angemessene Aufwendungen zur Deckung des Bedarfs der Pflegekinder nicht tragfähig festzustellen. Dies hat der Senat bereits im Beschl. v. 5.11.2020 im Einzelnen ausgeführt. Auch aus dem Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 18.11.2020 ergeben sich keine konkreten weitergehenden Aufwendungen.
Maßgeblich zu berücksichtigen ist, dass sich die kindbezogenen Zahlungen des Hilfeträgers an die Antragstellerin je Pflegekind auf monatlich (416 EUR + 250 EUR =) 666 EUR belaufen, was unter Hinzurechnung des – der Antragstellerin selbst nicht angerechneten – Wohnwertanteils je Pflegekind von 225 EUR zu einem Gesamtbetrag pflegekindbezogener Leistungen von (666 EUR + 225 EUR =) 891 EUR führt. Dieser liegt deutlich über dem Tabellen-Kindesunterhaltsbedarf nach der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Vor diesem Hintergrund bietet das Vorbringen der Antragstellerin keine hinreichend tragfähige Grundlage für die Annahme, dass die seitens des Hilfeträgers gezahlten pflegekindbezogenen Leistungen unter ergänzender Berücksichtigung des der Antragstellerin gutgebrachten Wohnwertanteils der Pflegekinder die zur angemessenen Deckung des Bedarfs der Pflegekinder nötigen Aufwendungen nicht umfassend abdeckten.
Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 18.11.2020 unter Abzug der von ihr geltend gemachten Abzugspositionen für 2018 einen Ertrag (vor Steuern und Vorsorgeaufwendungen) von monatlich 4.653,02 EUR ermittelt hat, gibt dies keinen Anlass zu einer entscheidungserheblich abweichenden Beurteilung ihrer Bedürftigkeit. Denn auch unter Berücksichtigung eines Pflegegeldes in dieser Höhe errechnet sich für den Bezugszeitraum unter Zugrundelegung der übrigen Parameter der einleitenden Tabelle zu den Einkommensverhältnissen der Beteiligten kein Trennungsunterhaltsanspruch. Den unterhaltsrechtlich relevanten Einkünften des Antragsgegners von monatlich 2.868,16 EUR stünden anrechenbare Einkünfte der Antragstellerin von 2.889,48 EUR gegenüber, woraus kein Einkommensgefälle zu Lasten der Antragstellerin folgt. Hinzu kommt, dass aus den dargelegten Gründen jedenfalls ein Abzug der geltend gemachten Hauspauschale von 500 EUR nicht gerechtfertigt ist, so dass das von der Antragstellerin ermittelte Einkommen von monatlich 4.653,02 EUR zumindest um diesen Posten zu erhöhen ist, was bereits zu einer nur geringen Abweichung von dem insoweit vom Senat angerechneten Pflegegeldeinkommen von 5.289,52 EUR führt. Dies gilt ebenso für den nachfolgenden Zeitraum, für den die Pflegegeldzahlungen des Hilfeträgers je Pflegekind auf 3.250 EUR erhöht worden sind.
Allein die Anerkennung bestimmter Aufwendungen durch die Finanzverwaltung im Rahmen der Veranlagung der Antragstellerin zur Einkommensteuer rechtfertigt es nicht, diese Positionen auch unterhaltsrechtlich in Abzug zu bringen. Dabei ist zunächst zu beachten, dass steuerlich ein höheres – nicht auf den eigentlichen Pflegegeldanteil beschränktes – Ausgangseinkommen zugrunde gelegt wird, die steuerliche Einkommensbemessung also von vornherein auf anderen Parametern beruht. Zudem lässt sich aus der Einordnung durch die Finanzverwaltung nicht herleiten, dass den anerkannten Absetzungsbeträgen tatsächliche Aufwendungen in entsprechender Höhe gegenüberstehen, weil das Steuerrecht von Pauschalierungen geprägt ist und sich die Besteuerungspraxis insbesondere bei sonst erforderlichen komplizierten Bewertungen durchaus auf pauschalierende Schätzungen stützt. Die mit der Finanzverwaltung abgesprochene Gewinnermittlung, auf die sich die Antragstellerin im Schriftsatz vom 18.11.2020 bezieht, erlaubt daher keine hinreichend tragfähigen Schlüsse auf tatsächliche weitergehende Aufwendungen der Antragstellerin zur Deckung des Bedarfs der Pflegekinder.
Diese Beurteilung führt aber andererseits nicht zum Abzug einer fiktiv erhöhten Steuerlast. Denn die von der steuerlichen Betrachtung abweichende unterhaltsrechtliche Einkommensabgrenzung ändert nichts an der tatsächlich zu gewärtigenden Besteuerung der erzielten Einnahmen. Von der insoweit möglichen günstigen steuerlichen Gestaltung ist im Rahmen der Obliegenheit, bestmögliche bedarfsdeckende Einkünfte zu generieren, Gebrauch zu machen.
bb) Die dargestellten Einkünfte der Antragstellerin sind in der in den jeweiligen Jahren erzielten Höhe zugrunde zu legen. Die Bildung eines Mehrjahresdurchschnitts ist nicht veranlasst, weil sich die maßgebliche Bemessungsgrundlage – Pflegehonorar für die Kinder – als ebenso wenig schwankend erweist wie die Auslastung (jeweils zwei Kinder). Allein Abweichungen in der Höhe einzelner Abzugspositionen und in der konkreten Steuerlast rechtfertigen keine Abweichung vom Grundsatz der jahresbezogenen Einkommensfeststellung. Abgesehen davon würde auch eine auf Basis eines Mehrjahresdurchschnitts vorgenommene Einkommensberechnung zu keinem Trennungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin führen.
cc) Die Einkünfte sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Überobligation nach Billigkeit teilweise anrechnungsfrei. Es lässt sich nämlich bereits nicht feststellen, dass die Antragstellerin in einem Umfang erwerbstätig ist, der das Volumen der ihr obliegenden Erwerbstätigkeit überschreitet. Da es im Rahmen der Obhut über Pflegekinder in größerem Umfang zu Fremdbetreuungszeiten kommt (Schulbesuch, ggf. Aktivitäten an den Nachmittagen) und – etwa im Rahmen der Einnahme von Mahlzeiten oder bei der Freizeitgestaltung – zu vielfachen Überschneidungen mit der privaten, nicht dem Erwerb zuzuordnenden Lebensführung der Antragstellerin, ist ein überobligatorisches Arbeitsvolumen nicht ersichtlich und wäre es keinesfalls angemessen und billig, eine Unterhaltspflicht des Antragsgegners im Wege der Anrechnungsfreistellung von Einkommensteilen der Antragstellerin zu begründen.
c) Dem Einkommen hinzuzurechnen sind die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von der Antragstellerin vereinnahmten Steuererstattungen. Diese beliefen sich im Jahr 2017 gemäß Steuerbescheiden vom 31.1.2017 und vom 6.4.2017 für 2015 auf insgesamt (4.463,79 EUR + 1.123,45 EUR =) 5.587,24 EUR und gemäß Steuerbescheid vom 17.11.2017 für 2016 auf 6.078,39 EUR, mithin in der Summe auf 11.665,63 EUR = monatsdurchschnittlich 972,14 EUR. Im Jahr 2018 vereinnahmte die Antragstellerin gemäß Steuerbescheid vom 9.7.2018 für 2017 eine Steuererstattung in Höhe von insgesamt 2.261,66 EUR = monatsdurchschnittlich 188,47 EUR und im Jahr 2019 gemäß Steuerbescheid vom 24.4.2019 für 2018 eine Erstattung von insgesamt 1.547,65 EUR = monatsdurchschnittlich 128,97 EUR. Dieser Betrag ist mangels aktuellerer Erkenntnisse für die Folgezeit fortzuschreiben.
d) Vom Einkommen abzusetzen sind die von der Antragstellerin geleisteten Steuervorauszahlungen. Diese beliefen sich im Jahr 2016 auf insgesamt 13.228 EUR = monatsdurchschnittlich 1.102,33 EUR, in 2017 auf insgesamt 7.337 EUR = monatsdurchschnittlich 611,42 EUR, in 2018 auf insgesamt 9.676 EUR = monatsdurchschnittlich 806,33 EUR, in 2019 auf insgesamt 8.128 EUR = monatsdurchschnittlich 677,33 EUR und ab 2020 auf insgesamt 7.980 EUR = monatsdurchschnittlich 665 EUR.
e) Weiterhin ist das Einkommen der Antragstellerin um die Aufwendungen für die freiwillige gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zu mindern, und zwar nach Maßgabe der vorgelegten Beitragsmitteilungen der AOK vom 17.1.2017, vom 15.3.2017 und vom 4.6.2018 für 2016 in Höhe monatlicher 745,50 EUR, für 2017 in Höhe von p.a. (2 x 753,90 EUR + 10 x 683,95 EUR =) 8.347,30 EUR = monatsdurchschnittlich 695,61 EUR und ab 2018 in Höhe monatlicher 644,32 EUR.
f) Unter dem Gesichtspunkt zulässiger Altersvorsorge sind zudem sämtliche Beitragszahlungen der Antragstellerin an die Deutsche Rentenversicherung Rheinland und die Einzahlungen der Antragstellerin auf ihrem Sparbuch in Abzug zu bringen. Die Beitragszahlungen an die Deutsche Rentenversicherung Rheinland beliefen sich gemäß den vorgelegten Beitragsbescheinigungen im Jahr 2016 auf insgesamt 3.259,44 EUR = monatsdurchschnittlich 271,62 EUR, in 2017 auf monatlich 278,16 EUR, in 2018 auf insgesamt 3.398,28 EUR = monatsdurchschnittlich 283,19 EUR, in 2019 auf insgesamt 3.476,40 EUR = monatsdurchschnittlich 289,70 EUR und ab 2020 auf monatlich 296,21 EUR. An Einzahlungen auf dem Sparbuch sind gemäß den vorgelegten Buchungsbelegen im Jahr 2016 Beträge von insgesamt 6.300 EUR = monatsdurchschnittlich 525 EUR zu verzeichnen und für die Zeit ab 1/2018 monatlich 900 EUR. Diese Altersvorsorgeaufwendungen überschreiten nicht die für nicht anderweitig für das Alter abgesicherte Personen einschlägige Grenze von 24 % des Gesamtbruttoeinkommens und sind damit insgesamt zulässig.
g) Hinzuzurechnen ist schließlich der Wohnwert für die Nutzung des früheren ehelichen Hauses unter Abzug der Zahlungen auf den Immobilienkredit gemäß den Bezifferungen in der Beschwerdebegründung, wobei ab dem Monat des Eintritts der Rechtshängigkeit der Scheidung, mithin ab 8/2016 der objektive Mietwert anzusetzen ist, allerdings wegen der teilweisen Objektnutzung für die von der Antragstellerin betriebene sozialpädagogische Lebensgemeinschaft nur hälftig. Damit errechnet sich ein um die Darlehenszahlungen bereinigter Wohnwert von (1/2 x 900 EUR =) 450 EUR – 130 EUR = 320 EUR.
III. Der Praxistipp
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf verdeutlicht – wieder einmal – dass es im Rahmen einer vorzunehmenden Unterhaltsberechnung nicht ausreichend ist, allein steuerliche Gesichtspunkte bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens heranzuziehen.
Das Gericht machte deutlich, dass „allein die Anerkennung bestimmter Aufwendungen durch die Finanzverwaltung im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer es nicht rechtfertigen, diese Positionen auch unterhaltsrechtlichen Abzug zu bringen“. Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich aus der Einordnung durch die Finanzverwaltung nicht herleiten lasse, dass den anerkannten Absetzungsbeträgen tatsächliche Aufwendungen in entsprechender Höhe gegenüberstünden, weil das Steuerrecht von Pauschalierungen geprägt ist und sich die Besteuerungspraxis insbesondere bei sonst erforderlichen komplizierten Bewertungen durchaus auf pauschalierende Schätzungen stützt. Daher erlaubt eine mit der Finanzverwaltung abgesprochene Gewinnermittlung keine hinreichend tragfähigen Schlüsse auf tatsächliche weitergehende Aufwendungen zur Deckung des Bedarfs.