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Elektronische Fußfessel für familiäre Gewalttäter

Häusliche Gewalt ist eine der häufigsten Formen von Gewalt in Deutschland. Sie trifft besonders Frauen – laut den polizeilichen Kriminalstatistiken der letzten Jahre wird hierzulande alle drei Tage eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Insgesamt sollen, so die Statistiken, pro Jahr sogar mehr als 250.000 Menschen Opfer von innerfamiliärer Gewalt werden. Die Dunkelziffer dürfte Experten zufolge sogar noch höher liegen, da vermutlich viele Fälle nicht zur Anzeige gebracht werden. Bereits die Ampel-Koalition hatte deshalb geplant, das Gewaltschutzgesetz zu verschärfen, das Vorhaben fiel aber dem Ende der Legislaturperiode zum Opfer. Die neue Regierungskoalition macht nun – gestützt auf die Abrede im Koalitionsvertrag, Frauen und Kinder besser vor Gewalt zu schützen (s. ZAP 2025, 420) – einen neuen Anlauf: Im August stellte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz vor.

Darin schlägt das BMJV mehrere Gesetzesänderungen vor. Insbesondere sollen Familiengerichte Gewalttäter künftig zum Tragen von elektronischen Fußfesseln und zur Teilnahme an Anti-Gewalt-Trainings verpflichten können. Nicht zuletzt sollen Verstöße gegen Gewaltschutzanordnungen von Familiengerichten schärfer geahndet werden können. Konkret sieht der Gesetzentwurf folgende Neuerungen vor:

  • Elektronische FußfesselZur Durchsetzung von Annäherungsverboten sollen Familiengerichte künftig Gewalttäter in Hochrisikofällen zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verpflichten können. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich ein Gewalttäter der von ihm bedrohten Person nicht unbemerkt annähern kann. Nähert sich der Gewalttäter verbotenerweise einer bedrohten Person, soll diese unmittelbar davon erfahren können. Dazu soll ihr auf Wunsch ein GPS-Gerät zur Verfügung gestellt werden, das bei einer Annäherung des Täters eine Warnmeldung abgibt (sog. spanisches Modell des Gewaltschutzes).

  • Anti-Gewalt-TrainingFamiliengerichte sollen die Möglichkeit bekommen, Gewalttäter zur Teilnahme an Anti-Gewalt-Trainings, sog. sozialen Trainingskursen, zu verpflichten. Den Tätern sollen Lösungswege aufgezeigt werden, Konflikte künftig gewaltfrei zu lösen.

  • Höhere StrafenVerstöße gegen Gewaltschutzanordnungen – insb. Annäherungsverbote – sollen schärfer geahndet werden können. Das Höchstmaß der möglichen Freiheitsstrafe soll von zwei auf drei Jahre angehoben werden.

  • Auskünfte aus dem WaffenregisterFamiliengerichte sollen künftig Auskünfte aus dem Waffenregister einholen dürfen. Dies soll der verbesserten Gefährdungsanalyse in Gewaltschutz- und Kindschaftssachen dienen.

Das Ministerium verweist in der Gesetzesbegründung auf Erfahrungen im Ausland, insb. in Spanien. Dort ist seit Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Jahr 2009 kein Opfer mehr getötet worden, wenn im konkreten Fall eine solche Maßnahme eingesetzt wurde. Auch Frankreich und die Schweiz sind inzwischen dem spanischen Beispiel gefolgt. Bei der elektronischen Fußfessel handelt es sich um ein Gerät, das elektronisch den Aufenthaltsort einer Person überwacht. Das Gerät wird am Bein einer Person zwischen dem Knöchel und der Wade mit einem Befestigungsband angebracht, das verschlossen wird. Es kann nicht ohne Zerstörung des Bandes abgenommen werden. Im Fall einer Zerstörung wird ein Alarm bei der betreibenden Stelle ausgelöst. Die elektronische Fußfessel soll allerdings nur in sog. Hochrisikofällen eingesetzt werden können. Das ist der Fall, wenn der Einsatz unerlässlich ist, weil aufgrund bestimmter Tatsachen ein Verstoß des Täters gegen die Gewaltschutzanordnung zu erwarten ist und hieraus eine konkrete Gefahr für Leben, Körper, Freiheit oder sexuelle Selbstbestimmung der verletzten und bedrohten Person besteht.

Wie das Ministerium weiter schreibt, steht zu erwarten, dass Familiengerichte elektronische Fußfesseln vor allem zur Verhinderung von Partnerschaftsgewalt einsetzen werden. Ihr Einsatz soll allerdings in allen Fällen möglich sein, in denen eine Person von Gewalt oder Androhung betroffen ist, unabhängig vom Verhältnis zwischen Täter und Opfer. Ein Einsatz soll also auch bei drohender Gewalt im Eltern-Kind-Verhältnis oder außerhalb enger Beziehungen möglich sein, beispielsweise bei Stalking oder Nachbarschaftskonflikten.

Der Gesetzentwurf ist Ende August an die Länder und Verbände zur Stellungnahme versandt worden.

[Quelle: BMJV]

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