1. Überblick
Neben der Anhebung der Gebührenbeträge hat der Gesetzgeber auch strukturelle Änderungen eingeführt, die zu weiteren Gebührensteigerungen führen sollen.
2. Zusätzliche Anhebung von PKH/VKH-Gebühren
Die Wertgebühren, die ein beigeordneter Rechtsanwalt aus der Staatskasse erhält, waren bisher nach § 49 RVG dergestalt begrenzt, dass bei einem Gegenstandswert von über 50.000,00 EUR (entspricht der Wahlanwaltsstufe bis 65.000,00 EUR) keine weitere Gebührensteigerung mehr eintritt. Diese Kappungsgrenze ist auf „über 80.000,00 EUR“ angehoben worden. Das entspricht der Wahlanwaltsstufe „bis 95.000,00 EUR“.
Zudem ist in der untersten Wertstufe (Wertstufe von 4.000,01 EUR bis 5.000,00 EUR), in der ein PKH/VKH-Anwalt niedrigere Gebühren als der Wahlanwalt erhält, der Abschlag gegenüber dem Wahlanwaltsgebührenbetrag von 15 % auf 10 % verringert worden.
3. Erweiterung der fiktiven Terminsgebühr in Familiensachen
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber für die Anwaltschaft erfreulicherweise in der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG klargestellt, dass die fiktive Terminsgebühr auch in Kindschaftssachen nach § 155 Abs. 1 FamFG anfallen kann, wenn das Gericht ohne die vorgeschriebene Erörterung entscheidet oder eine Einigung der Beteiligten ohne vorherige Erörterung getroffen wird.
4. Neue Gebührenrahmen in Bußgeldsachen
Nachteilig wirkt sich allerdings die Anpassung der Gebühren in Bußgeldsachen an die geänderte Bußgeldkatalog-Verordnung aus. Während bislang die untersten Gebührenstufen in Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und in erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren für Bußgelder bis 60,00 EUR galten, gelten diese Gebührenstufen jetzt für Bußgelder bis 80,00 EUR, was zwar sachgerecht ist, für die Anwaltschaft allerdings zu erheblichen Gebühreneinbußen führen wird.
5. Anhebung von Regelverfahrenswerten in Familiensachen
Eine weitere Erhöhung der anwaltlichen Vergütung – dies hebt der Gesetzgeber ausdrücklich hervor – soll durch die Anhebung verschiedener Regelverfahrenswerte bewirkt werden. Das hat allerdings mit dem RVG unmittelbar nichts zu tun und führt zwangsläufig auch zu höheren Gerichtsgebühren.
Erhöht worden sind die Verfahrensregelwerte
- in Kindschaftssachen von 4.000,00 EUR auf 5.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 FamGKG)
- in Abstammungssachen nach § 169 Nr. 1 und 4 FamFG von 2.000,00 EUR auf 3.000,00 EUR (§ 47 Abs. 1 FamGKG);
- in Ehewohnungssachen für die Zeit der Trennung (§ 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), also in Ehewohnungssachen nach § 1361b BGB, von bisher 3.000,00 EUR auf nunmehr 4.000,00 EUR und in Ehewohnungssachen für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung (§ 200 Abs. 1 Nr. 2 FamFG), also in Verfahren nach § 1568a BGB, von bisher 4.000,00 EUR auf nunmehr 5.000,00 EUR;
- in Gewaltschutzsachen für Ansprüche nach § 1 GewSchG von bisher 2.000,00 EUR auf 3.000,00 EUR und für Ansprüche nach § 2 GewSchG von 3.000,00 EUR auf 4.000,00 EUR.
Zudem ist der Höchstwert für Kindschaftssachen als Folgesache in Anlehnung zu § 45 Abs. 1 FamGKG ebenfalls auf 5.000,00 EUR angehoben worden (§ 44 Abs. 2 Satz 1 FamGKG).
6. Reduzierung des Streitwerts für Klagen auf Feststellung der höchst zulässigen Miete
In dem Zusammenhang mit dem Verweis auf höhere Gebühren durch Anhebung einzelner Regelverfahrenswerte in Familiensachen verschweigt der Gesetzgeber allerdings, dass er in Mietsachen eine empfindliche Streitwertreduzierung eingeführt hat. Bislang war im Gesetz (§ 41 Abs. 5 GKG) keine Streitwertreduzierung für Klagen auf Feststellung der höchst zulässigen Miete (§§ 556d bis 556g BGB) vorgesehen. Der BGH hatte eine solche Streitwertreduzierung in analoger Anwendung des § 41 Abs. 5 GKG ausdrücklich abgelehnt und ist gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO vom dreieinhalbfachen Jahreswert ausgegangen. Der Gesetzgeber begrenzt jetzt diesen Wert auf den Jahreswert.
Ein Auszug aus dem Buch Norbert Schneider, Das neue Gebührenrecht 2025 (KostBRÄG 2025), 1. Auflage, 2025, S. 36-38.
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