Die erfolgreiche Gestaltung der kanzleieigenen Ausbildung ist nicht nur davon abhängig, die Inhalte der ReNoPatAusbV zu kennen und gekonnt in den Kanzleialltag zu integrieren. Der Erfolg der Ausbildung bzw. der Auszubildenden stellt sich vor allem dann ein, wenn viele Faktoren zusammentreffen. So kann die präzise geplante Umsetzung der Ausbildungsinhalte immer noch daran scheitern, dass es zwischenmenschlich einfach „hakt“ oder z. B. Kompetenzträger aus der Kanzlei ausscheiden, die ihr Fachwissen als Ausbilder mitnehmen und sowohl Kanzlei als auch Auszubildende dann zunächst allein gelassen sind.
Die gute Ausbildung ist nicht statisch verankert. Sie ist immer individuellen Veränderungen unterworfen. Mal gibt es hervorragende Auszubildende, mal ist der Bedarf an intensiver fachlicher und kollegialer Betreuung besonders hoch. Egal, welche Ausprägung gerade vorherrscht: Besonders wertvoll ist es, wenn die Ausbildung in der Kanzlei von allen Mitgliedern gewollt und unterstützt wird. So ist die aktive Gestaltung einfacher und jede Veränderung oder Anpassung leichter umsetzbar – weil sie generell gutgeheißen wird.
Hat sich die Kanzlei vielleicht sogar als eines ihrer Ziele die Förderung von beruflichem Nachwuchs auf die Fahnen geschrieben, kann es Sinn machen, in die Ausbildung weiter zu investieren und die Mitarbeiter z. B. für die besonderen Aufgaben in der Ausbildung zu qualifizieren. Dies ist möglich durch die Erlangung eines sog. Ausbildereignungsscheins nach AEVO. Die Ausbildereignungsprüfung kann bei den IHKs nach vorbereitenden Kursen abgelegt werden. Einen besonderen Vorteil haben hier die in der Kanzlei bereits tätigen Rechts- oder Notarfachwirte: Sie sind vom schriftlichen Teil dieser Abschlussprüfung befreit.
Auch sehr gute ausbildende Mitarbeiter verlieren nach Jahren der Tätigkeit durch die Ausbildungsroutine manchmal den Blick für die eigentlichen Sorgen und Nöte von Auszubildenden und nehmen diese dann nicht mehr ernst genug. Es hilft, wenn man regelmäßig einen Blickwechsel vornimmt und in die Situation der Auszubildenden hineinversetzt.
Kommunikationskultur
Schaffen Sie eine offene Kommunikationskultur in der Kanzlei, so dass über oben beschriebene Probleme in der Ausbildung gesprochen werden kann. Entweder anlassbezogen oder im Rahmen von regelmäßig stattfindenden Feedbackgesprächen, z. B. quartalsweise. Bei konkreten Anlässen muss verbindlich regelt sein, wer verantwortlicher Ansprechpartner ist. Es empfiehlt sich, hier zum einen eine Person aus dem Kreise der Berufsträger zu benennen und jemanden aus dem Mitarbeiterbereich. Kleinere „Wehwehchen“ oder die üblichen Fragen und Wünsche sollten durch Ausbildungspaten oder zugewiesene Ansprechpartner geklärt werden. Erst wenn es nicht mehr möglich oder zielführend scheint, sollte eine Besprechung in größerem Kreis erfolgen und/oder der bei der regionalen Kammer benannte Ausbildungsberater hinzugezogen werden.
Qualitätssicherung
In jedem Falle sollte auch die kanzleieigene Ausbildung der Qualitätssicherung unterworfen sein. Das bedeutet, dass nicht nur die Erfolge der Auszubildenden betrachtet werden, sondern die Kanzlei selbst prüft, ob ggfs. Anpassungen im Ausbildungsplan notwendig sind oder möglicherweise ausbildende Mitarbeiter von ihren üblichen Aufgaben (teilweise) entbunden werden, um die fachliche Ausbildung mit größeren Zeitressourcen zu bewältigen. Die Feedbackgespräche mit den Auszubildenden sind auch Gradmesser dafür, ob die Ausbildung „gut ankommt“. Eine weitere wichtige Möglichkeit ist der enge Dialog mit der Berufsschule. Wird hier beiderseitig die Ausbildung ernst genommen und können beide Seiten voneinander profitieren, ist dies ein idealer Zustand.
So wie für Ausbildung aufgrund des dualen Systems sowohl die Berufsschule als auch die Kanzlei verantwortlich ist, so sollte innerhalb der Kanzlei die Ausbildung neben den Fachangestellten auch mit Beteiligung der Berufsträger vorgenommen werden. Hier bietet sich für die Berufsträger an, den Kanzleiunterricht durchzuführen. Davon profitieren nicht nur die Auszubildenden, sondern die Berufsträger verlieren nicht den Kontakt zu den Auszubildenden und können sie so besser einschätzen und einsetzen. Vonseiten der Auszubildenden bedeutet die besondere Zuwendung eine große Wertschätzung und sie erleben ihre Vorgesetzten als Teil des Kanzleiteams.
Fazit
Sie sehen, Ausbildung ist kein Selbstgänger und davon abhängig, dass viele Menschen sich ihr voll und ganz widmen. Kanzleien, die hierfür einen guten Rahmen bieten, werden belohnt, dass sie Auszubildende gut in den Start in die Berufswelt begleiten und als qualifizierte Fachangestellte an sich binden können. Und das ist in Zeiten des Fachkräftemangels ein wertvoller Wettbewerbsvorteil!
Ein Auszug aus dem Ausbilder-Leitfaden, 1. Auflage, S. 79-81. Eine weitere kostenlose Leseprobe finden Sie in unserer Onlinebibliothek Anwaltspraxis Wissen