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Nutzungsausfall bei gewerblich genutzten Pkw vor dem Hintergrund der aktuellen BGH-Rechtsprechung

I. Einleitung

Der Nutzungsausfallschaden ist einer der Brennpunkte in der verkehrsrechtlichen Schadenregulierung. Während bei privat genutzten Kfz die juristischen Diskussionen primär beim „Wie (lange)“ anzusiedeln sind, geht es bei gewerblich genutzten Fahrzeugen bereits eine Stufe vorher um das „Ob“. Durch die neueste BGH-Rechtsprechung wird der Streit um den Nutzungsausfall bei gewerblich genutzten Fahrzeugen zwischen Kfz-Haftpflichtversicherern und Geschädigten, welche einen Fuhrpark unterhalten, erneut entfacht.

II. BGH-Rechtsprechung

Anlass dieses Artikels ist das Urteil des BGH vom 6.12.2018 (VRR 3/2019, 7), welches in der juristischen Fachliteratur unterschiedlich ausgelegt wird.

Beispielsweise heißt es in einem Artikel:

„Für gewerbliche Fahrzeuge scheidet ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung grundsätzlich aus. (…) Zusammenfassend kann also konstatiert werden, dass grundsätzlich nur noch Nutzungsausfall für das private Alltagsfahrzeug begehrt werden kann.“ (NJW-Spezial 2019, 393).

Diese Schlussfolgerung erachte ich für unzutreffend. Anhaltspunkte, dass Nutzungsausfall nur noch für „private Alltagsfahrzeuge“ begehrt werden kann, sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen.

Zunächst basiert das Urteil des BGH auf einem werkvertraglichen Fall. Der Kläger, welcher ein Beton- und Natursteinwerk betreibt, begehrt von der Beklagten, einer Nutzfahrzeugwerkstatt, aufgrund eines Werkvertrags Schadensersatz für die Folgen eines Motorschadens an seinem Kipplader mit Kran. Infolge des Motorschadens, der durch eine von der Beklagten mangelhaft durchgeführte Reparatur hervorgerufen wurde, konnte der Kläger das Fahrzeug für einen Zeitraum von 14 Monaten nicht nutzen.

Mithin geht es um eine einen Mangelfolgeschaden betreffende Schadensersatzforderung. Dies erinnert an die werkvertragsrechtliche Entscheidung des baurechtlichen Senates des BGH vom 22.2.2018 (NJW 2018, 1463), woraufhin das LG Darmstadt das Ende der fiktiven Abrechnung ausrief (Urt. v. 20.3.2019, MDR 2019, 1128) und durch das OLG Frankfurt am Main (Beschl. v. 18.6.2019, VRR 1/2020, 13 [in diesem Heft]) zur Räson gerufen wurde.

Werkvertragliche Überlegungen können nämlich gerade nicht 1:1 auf schadensersatzrechtliche Ansprüche aus unerlaubter Handlung, wie sie bei einem Verkehrsunfall geltend gemacht werden, übertragen werden.

Darüber hinaus betrifft die Entscheidung den Nutzungsausfall eines Kippladers mit Kran. Hierbei handelt es sich um ein Nutzfahrzeug mit Sonderausstattung mit ausschließlich gewerblicher Nutzung. Der 7. Zivilsenat betont in seinem Urteil, dass es einen pauschalisierten Nutzungsausfallschaden für die Nutzung von Sachen oder Gütern, die ausschließlich erwerbswirtschaftlich genutzt werden, nicht gibt. Dies ist die konsequente Weiterführung jahrzehntelanger Rechtsprechung. Zunächst sind reine Nutzfahrzeuge (Lkw) in der seit 1966 angewandten Berechnung auf Basis der Tabelle nachSanden/Danner/Küppersbuschgar nicht enthalten. Das selbst durch den BGH als geeignete Schätzgrundlage empfohlene Tabellenwerk (BGH NJW 2005, 277) beinhaltet die Kfz-Gruppen Pkw, Geländewagen, Transporter und Zweiräder. Das Pendant für Nutzfahrzeuge ist die seit 1978 erschienene „Schwacke-Liste Vorhalte- und Betriebskosten“ nachDanner/Echtler/Halm. Nutzfahrzeuge werden unmittelbar zur Erbringung gewerblich genutzter Leistungen eingesetzt, im Gegensatz zu Pkw, bei denen es auf den Einsatzzweck ankommt.

Insofern ist die Entscheidung des BGH inhaltlich keine Neuerung, sondern die strikte Weiterführung der bisherigen Rechtsprechung.

Ausweislich der Urteilsgründe kommt der Betriebsbereitschaft eines ausschließlich gewerblich genutzten Fahrzeugs, also seiner ständigen Verfügbarkeit und Einsatzfähigkeit, kein eigenständiger Vermögenswert zu, weshalb der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit als solcher kein Schaden ist. Der Geschädigte kann für die Gebrauchsentbehrung – unabhängig vom Eintritt eines Erwerbsschadens oder darüber hinaus – keine (abstrakte oder an den Vorhaltekosten orientierte) Nutzungsausfallentschädigung verlangen. In der darauf Bezug nehmenden Literatur wird gerade das Hauptaugenmerk, nämlich die ausschließliche gewerbliche Nutzung sowie die Tatsache, dass es sich um ein Spezial-Nutzfahrzeug handelt, beim Zitieren oftmals übergangen.

Der Nutzungsausfallschaden ist hinsichtlich der Art und Nutzung der Kfz also differenzierter zu betrachten. Es gilt nicht die pauschale ‚Grob‘-Unterteilung ‚privates Alltagsfahrzeug – gewerblich genutztes Fahrzeug‘. Vielmehr gilt einerseits die Unterteilung Nutzfahrzeug und Pkw. Im zweiten Schritt wiederum muss bei gewerblich genutzten Pkw auf die Art der Nutzung abgestellt werden.

III. Hintergrund des Nutzungsausfallschadens

Die Erstattungsfähigkeit eines abstrakten Nutzungsausfallschadens beruht auf dem Gedanken, dass der Benutzbarkeit einer Sache ein Vermögenswert zukommt, der durch das Unfallereignis gestört wurde. Der Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Kfz wird bereits seit Jahrzehnten als Vermögensschaden betrachtet (MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, BGB § 249).

Diese Einordnung des Gebrauchs von Kfz als wirtschaftliche Vermögensposten wird bei teilweise gewerblich genutzten Fahrzeugen oft kritisiert, da es sich nach einer Ansicht um eine unzulässige, da der gesetzgeberischen Wertung widersprechende Kommerzialisierung von rein immateriellen Vorteilen oder Annehmlichkeiten handeln würde. Gemeint ist damit § 253 Abs. 1 BGB, der willkürlich bemessenen Geldersatz in Bezug auf finanziell nicht fassbare Lebensgüter zu verhindern sucht (FielenbachNZV 2013, 265). Dies würde aber dazu führen, dass § 252 BGB als abschließend gewertet werden müsste, was bereits dem Wortlaut widerspräche („Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn“). Wird folglich auf ein Ersatzfahrzeug verzichtet oder etwa aus Kostengründen kein Reservefahrzeug vorgehalten, wäre andernfalls keine Grundlage für einen Schadensersatzanspruch vorhanden; dies kann denklogisch nicht die Absicht des Gesetzgebers sein.

IV. Konsequenz für Pkw

Beim Nutzungsausfall von gewerblich genutzten Pkw ist folglich eine differenzierte Betrachtung sachgerecht.

Versicherer verweisen bei Flotten regelmäßig darauf, den konkreten Gewinnentgang zu beziffern, da es einen pauschalen Nutzungsausfall nicht gebe. Dies wird mit dem oben zitierten BGH-Urteil nunmehr untermauert. Dies ist jedoch in dieser Pauschalität nicht korrekt. Die fehlende Nutzung muss nicht zwingend zu einem Einnahmeverlust oder einem bezifferbaren Verlust führen.

Diese pauschale These des „gewerblich genutzten Fahrzeuges“ bei Pkw ist schon deshalb zweifelhaft, weil die Bandbreite der gewerblichen Nutzung groß ist.

Im Rahmen des Gehaltsumwandlungsmodells hat eine Vielzahl an Angestellten Firmenfahrzeuge. Der Bogen fängt an bei einem auf die GmbH zugelassenen Cabrio für die mitarbeitende Ehefrau des Gesellschafters, das faktisch ähnlich einem Privatwagen im Einsatz ist, geht über die Vielfahrerlimousine des Inhabers und über den Gehalt ersetzenden Dienstwagen, umfasst auch die Kleintransporter und endet beim im Braunkohletagebau in kurzer Zeit herunter gerittenen Geländewagen. Selbstfahrervermietfahrzeuge, Mietwagen und Taxen gehören auch in diesen Reigen. Gerade in Zeiten, in denen die meisten Dienstwagen mehr Mitarbeitermotivation als tatsächlich Dienstzweck sind, liegt es auf der Hand, dass man nicht alle u.a. gewerblich genutzten Pkw über einen Kamm scheren kann.

Es ist abzugrenzen, ob das Fahrzeug unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen dient (z.B. Taxi, gewerbliches Mietfahrzeug, Fahrschulfahrzeug). Für diese Fälle ist trotz Ausfall ein Anspruch auf pauschalen Nutzungsausfallschaden nicht gegeben, es ist ein konkreter Gewinnentgang nachzuweisen. Bereits im Jahr 2007 hat der BGH klargestellt, dass bei gewerblichen Fahrzeugen, die unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistung eingesetzt werden, der Geschädigte den entgangenen Ertrag konkret beziffern und nachweisen muss (BGH, Urt. v. 4.12.2007, NJW 2008, 913).

Wird ein gewerblich genutztes Fahrzeug dagegen nicht unmittelbar zur Gewinnerzielung eingesetzt (Beispiel: Direktionswagen), muss ein Nutzungsausfall auch abstrakt bzw. pauschaliert geltend gemacht werden können (so auch OLG Schleswig, Urt. v. 7.7.2005, MDR 2006, 202). Als obiter dictum deutete der BGH bereits in seiner Entscheidung vom 4.12.2007 (NJW 2008, 913) an, dass er der Auffassung zuneigt, dass auch beim Ausfall gewerblich genutzter Fahrzeuge Nutzungsausfall gewährt werden müsse, wenn die übrigen Voraussetzungen (Nutzungsmöglichkeit und Nutzungswille) vorliegen. Ist ein konkreter Verdienstentgang mithin gerade nicht bezifferbar, was z.B. bei Dienstfahrzeugen, welche als Gehaltsumwandlungsmodell dienen, der Fall sein dürfte, steht dem Geschädigten ein pauschalierter Nutzungsausfallschaden im Rahmen des Schadensersatzes gem. § 249 BGB zu.

Ebenso wie bei der privaten Nutzung des Pkw ist beim typischen Dienstwagen, der nicht zur konkreten Gewinnerzielung beiträgt, trotz Nutzungsausfall kein Einnahmeverlust entstanden bzw. bezifferbar. Der wirtschaftliche Nutzen eines Geschäftsführer-/Mitarbeiterfahrzeuges ist nicht berechenbar. Dennoch verfolgen diese Fahrzeuge einen geschäftlichen Zweck, sodass die entzogene Nutzung des eingesetzten Kapitals „geldwert“ ist und ausgeglichen werden muss. Auch aus pragmatischen Gründen spricht vieles für den pauschalen Nutzungsausfallschaden anhand der einschlägigen Tabelle, da der Kostenaufwand für die Ermittlung eines Ausfallschadens durch aufwändige Tätigkeit des Steuerberaters oftmals in keinem Verhältnis steht.

Auf dem Verkehrsgerichtstag hat sich bereits im Jahre 1993 der Arbeitskreis VI (Ersatz bei Ausfall gewerblich genutzter Fahrzeuge) für die Erstattungsfähigkeit von Nutzungsausfall für gewerblich genutzte Fahrzeuge, die nicht der direkten Gewinnerzielung dienen, ausgesprochen.

V. Anspruchsberechtigt

Dem haltenden Eigentümer beziehungsweise dem Fahrzeughalter steht damit ein pauschaler Nutzungsausfallschaden zu. Anspruchsberechtigt für die Geltendmachung des Nutzungsausfallschadens ist rein dogmatisch insoweit die Firma, die das Fahrzeug unterhält und ihren Mitarbeitern überlässt. Halter ist nach herrschender Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 10.7.2007, NJW 2007, 3120) derjenige, der ein Fahrzeug für eigene Rechnung gebraucht und die Verfügungsgewalt darüber besitzt. Damit ist die Firma, die einen Fuhrpark unterhält, den sie einzelnen Arbeitnehmern dauerhaft oder punktuell zur Verfügung stellt, in der Rolle des Fahrzeughalters. Denn sie ist „tatsächlich und wirtschaftlich der eigentlich Verantwortliche für den Einsatz des Kraftfahrzeuges im Verkehr“ (BGH a.a.O).

Nach einer anderen Ansicht ist bei einer teilgewerblichen Nutzung nur derjenige anspruchsberechtigt, der zur privaten Nutzung berechtigt ist, nicht also der Inhaber eines Gewerbebetriebs, wenn das Recht zur privaten Nutzung einem dort beschäftigten Arbeitnehmer zusteht. In diesem Fall könne nur der Arbeitnehmer in anteiliger Höhe für den Nutzungsausfall Ersatz beanspruchen (MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, BGB § 249 Rn 68).

VI. Exkurs: Vorhalte- und Betriebskosten

Größere Betriebe gehen dazu über, von vornherein dadurch Vorsorge zu treffen, dass eigene Fahrzeuge als Ersatz vorgehalten werden. Hier entstehen sog. Vorhaltekosten (Kosten der Anschaffung, des Kapitaldienstes und der Unterhaltung). Auch diese sind in der Nutzungsausfallschadentabelle in einer eigenen Spalte hinterlegt. Gleiches gilt für den Fall, dass Poolfahrzeuge während der unfallbedingten Reparatur frei sind, welche vom Mitarbeiter als Ersatz genutzt werden können.

Da für Vermietfahrzeuge ein pauschaler Nutzungsausfallschaden nicht zu erstatten ist, hat der Geschädigte – wenn kein konkreter Gewinnentgang berechnet wird – ebenfalls einen Anspruch auf den sog. Vorhalteschaden. Die Vorhaltekosten für Mietfahrzeuge sind wegen der deutlich höheren Versicherungsprämien höher als bei sonstigen Fahrzeughaltern. Aus diesem Grunde wird die Schwacke-Liste „Automietwagenkosten, ersparte Eigenkosten und Mietwagen-Vorhaltekosten für Pkw“ nachDanner/Rädelals Berechnungsgrundlage von der Rechtsprechung anerkannt. Die Ausgabe enthält die Vorhaltekosten für Mietfahrzeuge. Bei den genannten Beträgen handelt es sich um die reinen Kfz-Kosten, zu denen noch die firmenspezifischen Kosten hinzugerechnet werden können.

Für Nutzfahrzeuge gab es ebenfalls eine eigene Vorhalte- und Betriebskosten-Tabelle nachDanner/Echtler/Halmfür Kfz im Güterkraftverkehr inklusive Anhänger und Aufbauten.

VII. Instanzenrechtsprechung

Es gibt eine Vielzahl an Urteilen, die einen pauschalen Nutzungsausfall nicht zusprechen. Diese werden oft und gerne von Versicherern zitiert. Liest man jedoch die Urteilsgründe durch, wird man feststellen, dass dies nicht im Widerspruch zu obigen Ausführungen steht, sondern sich im Gegenteil genau auf der Linie des BGH befindet, da diese Urteile rein gewerblich genutzte Kfz bzw. Nutzfahrzeuge betreffen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.6.1999, NZV 1999, 472: Sattelzugmaschine nebst Anhänger einer Spedition; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001, NJW 2002, 971: Mangelfolgeschaden als werkvertraglicher Anspruch, Pkw eines Kfz-Händlers mit rein gewerblicher Nutzung; OLG Hamm, Urt. v. 7.4.2000, NJW-RR 2001, 165: Lkw-Gespann Lkw einer Spedition

Liegt jedoch eine gemischt privat-gewerbliche Nutzung vor, wird in der Regel ein pauschalisierter Nutzungsausfallschaden zugesprochen.

Das OLG Stuttgart (Urt. v. 12.7.2006, NJW 2007, 1696) hat einen pauschalisierten Nutzungsausfallschaden für den Pkw eines selbstständigen Zahntechnikers, der das Fahrzeug für Fahrten zu Kunden genutzt hätte, zugesprochen: „Weil das Fahrzeug, anders als zum Beispiel ein Bus oder ein Taxi, nicht unmittelbar zur Gewinnerzielung eingesetzt wird, wäre dem Kläger der konkrete Nachweis, dass er gerade wegen der fehlenden Möglichkeit, einen Ort anzufahren, an dem er ein Geschäft abwickeln wollte, einen Schaden erlitt, auch unter Beachtung der Beweiserleichterung des § 252 S. 2 BGB kaum möglich. Als Selbstständiger mit einem kleinen Betrieb wäre es für ihn auch unangemessen, ein Ersatzfahrzeug vorzuhalten, weshalb die Abrechnung über Vorhaltekosten ausscheidet. Würde man die Nutzungsentschädigung ablehnen, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass der Selbstständige, der sich insoweit in einer absolut vergleichbaren Position mit einer Person befindet, die ihr Fahrzeug nur privat nutzt, dieser Person gegenüber benachteiligt und der Schädiger insoweit unbillig entlastet wäre. (…) Dieser Vermögensschaden betrifft den Kläger zumindest in gleicher Weise, wenn nicht als Freiberufler sogar in schwerwiegenderer Weise wie einen rein privaten Pkw-Nutzer.“

Auch weitere OLGs sprechen zweifelsfrei einen pauschalisierten Nutzungsausfallschaden für gewerblich genutzte Pkw zu (OLG Naumburg, Urt. v. 8.8.2013, SVR 2014, 222 für einen Ford Transit eines gemeinnützigen Vereins , wenn sich der Verzicht des ausgefallenen Fahrzeugs bei der Behörde als fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil auswirkt; OLG Düsseldorf, Urt. v. 2.7.2009, NJW-RR 2010, 687 für einen teilweise gewerblich, nämlich zu Repräsentationszwecken genutzten Ferrari eines Geschäftsführers, unabhängig von der konkreten Darlegung eines Ertragsentganges; OLG München, Urt. v. 17.4.2009, DAR 2009, 703 für einen Aston Martin Vantage V8 eines Geschäftsführers; OLG Schleswig, Urt. v. 7.7.2005, SVR 2006 Heft 6, 221 für einen Porsche, der gewerblich und privat genutzt wurde.

Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Nutzungsausfall bei einem gewerblich genutzten Pkw rechtlich anders zu behandeln sein soll als der Nutzungsausfall bei einem privat genutzten Pkw. In beiden Fällen ist der Eigentümer auf die ständige Verfügbarkeit des Pkw in gleicher Weise und vor allem auch in gleicher Intensität angewiesen. Mitunter könne die Abhängigkeit von der Verfügbarkeit eines Fahrzeugs bei einer gewerblichen Nutzung sogar erheblich intensiver sein (OLG Naumburg, Urt. v. 13.3.2008, NJW 2008, 2511).

Die OLGs in München und Stuttgart gehen jeweils noch einen Schritt weiter. Der Anspruch auf Nutzungsausfallschaden entsteht unabhängig von der Person des Geschädigten und der Zweckbestimmung des betreffenden Fahrzeuges, bei privaten und gewerblich genutzten Fahrzeugen, bei Behördenfahrzeugen und Fahrzeugen gemeinnütziger Einrichtungen. Dieser Anspruch besteht unabhängig von einem konkret bezifferbaren Schaden. Es reicht aus, wenn ein spürbarer wirtschaftlicher Nachteil entstanden ist. Eine Nutzungsentschädigung wird grundsätzlich dann gewährt, wenn die in dem Verzicht auf ein Ersatzfahrzeug liegende Entbehrung sich für den Geschädigten als fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil ausgewirkt hat und die weiteren unabdingbaren Voraussetzungen, nämlich Nutzungsmöglichkeit und Nutzungswille, gegeben sind. Eine berechenbare konkrete Vermögenseinbuße ist nicht erforderlich (OLG München, Urt. v. 25.1.1990, NZV 1990, 348). Auch das OLG Stuttgart spricht bei Behördenfahrzeugen einen Nutzungsausfallschaden unter der Voraussetzung zu, dass eine Nutzung sonst beabsichtigt und möglich gewesen wäre (OLG Stuttgart, Urt. v. 16.11.2004, NZV 2005, 309). Auch im Bereich des beamtenrechtlichen Haftungsrechts gibt es einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung wegen des Verlusts der Gebrauchsmöglichkeit eines Dienstfahrzeuges, solange ein „fühlbarer“ wirtschaftlicher Nachteil nachgewiesen wird, dies z.B. im Rahmen eines erheblichen Engpasses aufgrund des Fahrzeugausfalles (VGH Mannheim, Urt. v. 25.7.2000, NVwZ 2001, 344). Auf dieser Linie urteilt ebenso das LG Dessau-Roßlau bei behördlich genutzten Fahrzeugen (hier Notarzteinsatzfahrzeug), wenn der Eigentümer auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verzichtet, aber eine fühlbare wirtschaftliche Beeinträchtigung vorliegt (LG Dessau-Roßlau, Urt. v. 7.10.2011, NJW 2012, 1011).

Nach Ansicht des OLG Zweibrücken (Urt. v. 11.6.2014, r+s 2015, 158) scheidet eine Nutzungsausfallentschädigung nicht bereits deshalb aus, weil ein Unfallwagen gewerblich genutzt wurde und ohne den Unfall weiterhin gewerblich genutzt worden wäre, wenn der Unfallwagen nicht unmittelbar zur Gewinnerzielung, sondern als Verkehrsmittel eingesetzt wird, mit dessen Hilfe die Orte erreicht werden, an denen ein Gewinn erwirtschaftet werden soll. Bei dieser Sachlage ist ein Gewinnrückgang wegen des unfallbedingten Ausfalls des Verkehrsmittels „Firmen-Pkw“ mit hoher Wahrscheinlichkeit nur schwer zu beziffern. Das gilt umso mehr dann, wenn der Geschädigte den Nutzungsausfall durch zeitweisen Rückgriff auf das Kfz seiner Ehefrau oder den zeitweiligen Einsatz eines Firmen-Lkw als Ersatzfahrzeug ausgeglichen hat.

Gerade für Fälle, in denen gewerblich genutzte Pkw den Mitarbeitern auch zur privaten Nutzung zur Verfügung stehen, sprechen die Gerichte den Nutzungsausfallschaden zu (AG Schwäbisch Gmünd, Urt. v. 8.6.2016, Az. 2 C 1123/15). „Der Nutzungsausfallschaden ist trotz gewerblicher Nutzung des Pkw zu erstatten, da in dem Verlust der Nutzungsmöglichkeit ein normativer Schaden für die Halterin liegt“, so das AG Burg bei einem Dienstwagen eines Mitarbeiters, der auch zur privaten Nutzung überlassen ist (SVR 2019, 64). Vereinzelt wird zwischen dem privaten Anteil an der Nutzung mit abstrakter Entschädigung und dem gewerblichen Anteil differenziert (AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 13.4.2017, SVR 2018, 64).

VIII. Fazit

Wenn bei gewerblich genutzten Fahrzeugen, die nicht ausschließlich gewerblich genutzt werden, auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs verzichtet wird, darf dies keine Schlechterstellung gegenüber derjenigen Firma bewirken, die einen Mietwagen in Anspruch nimmt. Ein Nutzungsausfall gehört damit – auch nach der st. Rspr. des BGH – zum Umfang des Schadensersatzanspruches gem. § 249 BGB.

Dem steht nicht entgegen, dass das beschädigte Fahrzeug kein „privates Alltagsfahrzeug“ ist. Eine vollständige Nutzung zu privaten Zwecken ist auch vor dem Hintergrund des BGH-Urteils nicht Anspruchsvoraussetzung. Insb. fehlt es an einem sachlichen Grund, weshalb der Nutzungsausfall bei einem teils gewerblich genutzten Pkw anders zu behandeln sein soll als bei privat genutzten Pkw. In beiden Fällen ist der Halter auf die ständige Verfügbarkeit des Pkw in gleicher Weise und gleicher Intensität angewiesen. Die Abhängigkeit von der Verfügbarkeit bei einer gewerblichen Nutzung vermag sogar erheblich intensiver zu sein.

RAinInka Pichler-Gieser, Wiesbaden

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